Kino

Star Wars? Spider-Man? "Chronicle": Plötzlich Superkräfte

Superkräfte sind wie ein Muskel: Sie müssen trainiert werden.

Superkräfte sind wie ein Muskel: Sie müssen trainiert werden.

(Foto: 20th Century Fox)

Stell dir vor, du bist ein Teenager und keiner kann dich leiden: In der Schule warten jeden Tag die Schläger, um dich herumzuschubsen. Zu Hause wartet dein Vater, der dich verprügeln will. Jeder sagt dir, dass du ein Versager bist, dass du nichts auf die Reihe kriegst. Aber dann hast du plötzlich Superkräfte. Was würdest du tun?

"Chronicle" ist bei 20th Century Fox erschienen.

"Chronicle" ist bei 20th Century Fox erschienen.

(Foto: 20th Century Fox)

"Zorn. Furcht. Aggressivität. Die dunklen Seiten der Macht sind sie. Besitz ergreifen sie leicht von dir." Yodas Warnung an Luke Skywalker in "Star Wars: Das Imperium schlägt zurück" stößt auf taube Ohren. Zorn trägt auch Andrew (Dane DeHaan) in sich: Auf sich, denn er ist ein Versager. Auf die Welt, denn sie hasst ihn. Auf seinen Vater, denn der arbeitslose Ex-Feuerwehrmann schlägt ihn. Furcht kennt Andrew auch: Furcht vor den Schulschlägern, die ihm auflauern. Furcht vor dem Tod seiner auf dem Wohnzimmersofa an einer unheilbaren Krankheit dahinsiechenden Mutter. Furcht vor seinem Vater, wenn er wieder einmal zu viel getrunken hat. Nur aggressiv ist Andrew nicht. Zumindest lässt sich der Highschoolschüler nichts anmerken. Aber das er eines Tages eine Kamera mit in die Schule bringt und seinen Alltag filmt - es ist ein Hinweis. Doch die dunkle Seite Macht ergreift erst später Besitz von ihm.

Andrew, Steve und Matt: Wow, was machen wir mit unseren neuen Kräften?

Andrew, Steve und Matt: Wow, was machen wir mit unseren neuen Kräften?

(Foto: 20th Century Fox)

Auf einer Schulparty, zu der ihn sein Cousin Matt (Alex Russell; "Wasted On The Young") mitnimmt, macht sein Gesicht erst die Bekanntschaft der Faust eines verstörten Schlägers, der denkt, dass Andrew mit seiner Kamera heimlich seine Freundin filmt. Danach lernt Andrew Steve (Michael B. Jordan) kennen, einen der beliebtesten Schüler der Schule, der plötzlich an ihm Interesse zeigt - oder vielmehr an dessen Kamera. Steve hat ein Loch im Waldboden entdeckt. Nicht weit von der Rave-Party entfernt. Matt ist auch schon vor Ort. Und nach einigem Zögern steigen die Drei in das Loch hinab, die Kamera als Zeugin ihrer Tour fest in Andrews Hand. Ein Geräusch ertönt. Etwas pulsiert. Die Erde vibriert. Sie sehen ein Leuchten. In einer Höhle. Spüren etwas. Vor der Höhle. Berühren das "Etwas". In der Höhe. Danach: Filmriss.

Die fantastischen Drei?

Andrew, Matt und Steve sind aus dem Loch entkommen. Irgendwie. Bevor die Höhle eingestürzt ist und das Loch wieder zugeschüttet wurde. Aber sie sind nicht mehr dieselben. Irgendetwas ist mit ihnen passiert. Eine besondere Kraft hat Besitz von ihnen ergriffen. Sie haben plötzlich Superkräfte. Sie können Sachen per Gedankenkraft bewegen - wie die Röcke der Cheerleader. Sie können Sachen in der Luft schweben lassen - wie Andrews Kamera. Sie können fliegen.

Es ist kein Vogel. Es ist kein Flugzeug. Es ist Andrew, der da fliegt.

Es ist kein Vogel. Es ist kein Flugzeug. Es ist Andrew, der da fliegt.

(Foto: 20th Century Fox)

Anfangs machen sie sich noch einen Spaß daraus. Albern herum: Parken auf einem Mall-Parkplatz das Auto einer Kundin um, nur um sich dann darüber totzulachen, als sie es nicht mehr finden kann. Sie erschrecken ein Kind in der Mall, mit einem fliegenden Teddy oder lassen Einkaufswagen wie von Geisterhand durch die mit Menschen gefüllten Gänge fahren.

Doch als sie von der Mall in Matts Auto nach Hause fahren und ein Wagen hinter ihnen drängelt und wie wild hupt, lässt ihn Andrew kurzerhand durch die Leitplanke in den dahinter verlaufenden Fluss fahren. Der Fahrer überlebt den Unfall zwar, landet aber im Krankenhaus. Für Matt, den Möchtegern-Philosophen der Gruppe ist klar: Es müssen Regeln her. Denn seit "Spider-Man" wissen alle: Aus großer Kraft wächst große Verantwortung. Alle drei Nachwuchs-Superhelden sind einverstanden. Aber nach und nach ergreift die dunkle Seite der Macht Besitz von Andrew. Sein Vater schreit ihn an, woher er das Geld für die Kamera hat, wo doch seine Mutter so dringend überlebenswichtige Medikamente braucht. Er schlägt ihn. Doch diesmal schlägt Andrew zurück. Danach geht er in die Apotheke, wo er mehr als 700 Dollar für die Medikamente seiner Mutter zuzahlen soll. Geld, das Andrew nicht hat. Geld, das er sich mit seinen Superkräften aber besorgen kann.

Jeder Superheld braucht auch ein Kostüm.

Jeder Superheld braucht auch ein Kostüm.

(Foto: 20th Century Fox)

Er schnappt sich die alte Feuerwehr-Uniform seines Vaters und fängt an, Geld zu sammeln. Zuerst bei den Schlägern seiner Straße, dann im Laden um die Ecke. Als der Besitzer auf ihn schießt, fliegt alles in die Luft. Andrew landet im Krankenhaus, wo ihn sein Vater am Krankenbett aufsucht, um ihm mitzuteilen, dass Andrews Mutter verstorben ist. Und: Nur weil er Andrew in der Nacht nach dem Streit gesucht hat, konnte er ihr nicht helfen. Andrew sei an allem Schuld. Andrew sei ein Versager. Andrew sei zu nichts nütze. Dann fliegt auch das Krankenhaus in die Luft.

"Ich bin der Super-Predator und niemand kann mich stoppen!"

"Ich bin der Super-Predator und niemand kann mich stoppen!"

(Foto: 20th Century Fox)

Nun brechen sich Zorn, Furcht und Aggressivität in Andrew Bahn. Mit seinem Vater im Arm fliegt er wütend vor dem Krankenhaus herum. Die Fernsehkameras sind schon vor Ort. Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Ist es Superman? Nein, es ist Andrew. Und er ist stinksauer. Auf sich. Auf seinen Vater. Auf die ganze Welt. Er will es allen zeigen. Er ist kein Superheld. Er ist größer. Er ist der Übermensch, der "Super-Predator". Keiner kann ihm etwas anhaben. Und so bahnt er sich seinen Weg durchs nächtliche Seattle, eine Spur der Zerstörung hinter sich herziehend. Doch dann trifft er auf Matt, der ihn stoppen will. Der Showdown beginnt - auf der berühmten Space Needle.

Wozu bist du fähig?

Wow! "Chronicle" kommt zwar mit einem altbekannten Thema daher. Aber wie die Story aufgezogen ist: Wie aus dem "White Trash"-Kid Andrew ganz nach dem Motto "Wozu bist du fähig?" erst ein Superheld wird, dann etwas abgrundtief Böses in ihm wächst - das imponiert. Bis zum Schluss hofft man als Zuschauer, dass Andrew noch die Kurve kriegt. Aber eines führt zu anderem. Ein kleiner Fehler, ein böses Wort, ein falscher Fingerzeig und das Pulverfass namens Andrew wächst, wird immer größer - und explodiert.

"Chronicle" ist zudem in weiten Teilen als Found Footage produziert, auf gut Deutsch also mit einer Wackelkamera. Das lässt den Zuschauer direkt dabei sein. Er wird selbst zu einem Menschen mit Superkräften. Wer wollte nicht schon immer einmal Football in den Wolken spielen? Oder mal schnell auf den Himalaya fliegen? Das Ende des Films kommt überraschend, und irgendwie auch nicht. Man kann es erahnen. Es baut sich auf wie eine Schneekugel, die eine Piste in den Alpen hinunterrollt und am Ende an einer Hauswand zerschellt - mit lautem Getöse.

Wer abseits der "großen" und "bekannten" Superhelden mal einen etwas anderen Streifen sehen möchte, mit jungen, unverbrauchten und dennoch schon recht bekannten Gesichtern; wer Action und Komik gleichermaßen mag; wer in seiner Kindheit Comics gelesen oder einfach nur davon geträumt hat, Superkräfte zu besitzen: "Chronicle" anschauen. Es lohnt sich!

Quelle: ntv.de

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