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Missbrauchsprozess in Frankreich Angeklagter hatte auch Nacktfotos der eigenen Tochter

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Eine Anwältin spricht mit Mitangeklagten. Die Männer hätten immer gewusst, dass seine Frau unter Einfluss von Medikamenten gestanden habe, sagte Dominique P. aus.

Eine Anwältin spricht mit Mitangeklagten. Die Männer hätten immer gewusst, dass seine Frau unter Einfluss von Medikamenten gestanden habe, sagte Dominique P. aus.

(Foto: dpa)

Am zweiten Tag des Vergewaltigungsprozesses in Avignon kommt die Tochter des Hauptangeklagten Dominique P. kurz an ihre Grenzen: Als der Richter die Ermittlungsergebnisse verliest, verlässt sie für einige Minuten unter Tränen den Saal.

Für die Kinder eine schwer zu ertragende Prüfung: In dem Prozess gegen einen Franzosen, der seine Ehefrau jahrelang immer wieder betäubte und von anderen Männern vergewaltigen ließ, hat die Tochter des Paares weinend den Gerichtssaal verlassen. Der Hauptangeklagte Dominique P. habe auch Nacktfotos der eigenen Tochter auf seinem Computer gespeichert, sagte der Vorsitzende Richter Roger Arata, als er die Ermittlungsergebnisse verlas.

Die Tochter, die ihre Erlebnisse unter Pseudonym in einem Buch veröffentlicht hatte, begann bei der Schilderung der Vorfälle zu zittern und verließ schließlich unter Tränen, von ihren Brüdern begleitet, den Saal. Ihre 72 Jahre alte Mutter Gisèle P., die erst vor vier Jahren erfahren hatte, in welcher Weise sich ihr Ehemann an ihr vergangen hatte, blieb regungslos sitzen. Auch Dominique P. verzog keine Miene, als der Richter mit sachlicher Stimme die mutmaßlichen Verbrechen auflistete.

Er war 2020 ins Visier der Justiz geraten, nachdem er in einem Einkaufszentrum Frauen unter den Rock gefilmt hatte. Die Ermittler stießen bei ihm auf zahlreiche Fotos und Videos, die die Vergewaltigung seiner offenbar bewusstlosen Frau durch andere Männer zeigten.

Täter waren Männer aus allen Schichten und Altersklassen

Der Angeklagte machte seine Frau mit Medikamenten bewusstlos. So hatte er innerhalb eines Jahres 450 Schlaftabletten bestellt. In Internetforen bot er seine Frau anderen zur Vergewaltigung an. "Du bist wie ich, Du magst den Vergewaltigungsmodus", schrieb er in einer seiner Nachrichten. Anderen erklärte er, dass er auf diese Weise sexuelle Praktiken ausüben könne, die seine Frau ihm sonst verweigern würde.

Die Ermittler identifizierten 72 mutmaßliche Vergewaltiger. Von ihnen müssen sich nun 51 vor Gericht verantworten, 18 von ihnen befinden sich in Untersuchungshaft. Den Angeklagten drohen Haftstrafen bis zu 20 Jahren. Die Ermittler gehen von insgesamt 92 Vergewaltigungen zwischen 2011 und 2020 aus. Die meisten der Mitangeklagten vergewaltigten die Frau nur einmal, einige aber auch bis zu sechs Mal.

Nach Aussagen von Experten weisen die Männer keine psychischen Störungen auf, sie sollen aber von Allmachtsgefühlen beherrscht gewesen sein. Zu den Beschuldigten im Alter von 26 bis 74 Jahren zählen etwa ein Feuerwehrmann, ein Pfleger, ein Gefängniswächter und ein Journalist.

Dominique P. wies die Männer an, weder nach Parfum noch nach Zigarettenrauch zu riechen, um seine Frau nicht aufzuwecken. Mehrere von ihnen erklärten den Ermittlern, sie seien überzeugt gewesen, es handle sich um erotische Spiele des Paares. Der Hauptangeklagte betont jedoch, dass sie alle wussten, dass seine Frau unter dem Einfluss von Medikamenten stand und bewusstlos war. "Jeder Einzelne hätte sich anders entscheiden und den Ort wieder verlassen können", betonen die Ermittler. Nach P.s Angaben hätten dies nur drei Männer getan.

Tochter setzt sich für Betroffene ein

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Gisèle P. hat nach Bekanntwerden der Taten die Scheidung eingereicht. Der Prozess soll bis zum 20. Dezember dauern. Die Angeklagten müssen sich unter anderem wegen sexuellen Missbrauchs von widerstandsunfähigen Menschen verantworten. Der Prozess dürfte in Frankreich die Debatte über den Umgang mit mutmaßlichen Vergewaltigungen nach dem Verabreichen sogenannter K.-o.-Tropfen erneut anheizen.

Die Tochter des Paares hatte 2022 ein Buch mit dem Titel "Et j’ai cessé de t’appeler papa" ("Und ich habe aufgehört, dich Papa zu nennen") veröffentlicht. Außerdem gründete sie einen Verein, der sich für Missbrauchsopfer einsetzt, die durch chemische Substanzen gefügig gemacht wurden. Neben dem als "Vergewaltigungsdroge" berüchtigten GHB kämen vor allem Medikamente wie Schlaf- und Beruhigungsmittel zum Einsatz, heißt es auf der Website der Organisation. Die meisten Fälle würden im persönlichen Umfeld der Opfer registriert, oft lebten sie mit den Tätern im selben Haushalt.

Quelle: ntv.de, ino/AFP

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