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Verbote? Eifersucht? Befreundet mit dem Ex - so geht man damit um

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Vielleicht mal bei Gwyneth Paltrow fragen: Sie ist Expertin in"Conscious Uncoupling", also dem bewussten Entpaaren.

Vielleicht mal bei Gwyneth Paltrow fragen: Sie ist Expertin in"Conscious Uncoupling", also dem bewussten Entpaaren.

(Foto: IMAGO/Cover-Images)

Der Kontakt zu einem Verflossenen sorgt bei vielen Paaren für Unsicherheit. Steckt dahinter nur eine harmlose Bekanntschaft oder eine Gefahr für die Partnerschaft? Beziehungsexpertin Hannah Gensch erklärt, wie die Balance zwischen Vertrauen und Eifersucht funktioniert und offene Kommunikation zu guten Kompromissen verhilft.

Manchmal wird es angekündigt, manchmal erfährt man es erst hinterher: Der oder die Liebste trifft den oder die Ex, sei es aus Zufall oder bewusst. Kontakt mit dem oder der Ex ist für viele Menschen ein sensibles Thema. Während sich die einen unsicher oder sogar bedroht fühlen, sehen andere darin kein Problem. Haben zwei Partner unterschiedliche Ansichten dazu, kann sich Vertrauen schnell zu Misstrauen wandeln und plötzlich Panik verursachen. Dann fallen Sätze wie: "Ich lass' mir von dir nicht den Kontakt mit ihm verbieten!" oder: "Da läuft doch was, wenn ihr euch seht!" Zu diesem Drama muss es nicht kommen, meint Beziehungsexpertin Hannah Gensch.

Sie ist systemische Paartherapeutin mit eigener Praxis in München und arbeitet seit über 17 Jahren mit Paaren und Einzelpersonen zusammen. Gensch empfiehlt, den Fehler nicht nur bei dem Partner oder der Partnerin zu suchen, sondern die Situation von beiden Standpunkten aus zu hinterfragen: "Nicht jede Partnerschaft geht mit Pauken und Trompeten auseinander, manchmal lebt man sich auseinander oder teilt nicht dieselbe Vorstellung einer gemeinsamen Zukunft. Warum sollte man nicht weiter Kontakt mit jemandem halten, mit dem man viel geteilt und erlebt hat?"

Der Kontakt mit dem Ex bezieht sich daher in erster Linie auf die Verbindung zwischen den Ex-Partnern und ist kein Ausdruck von Unzufriedenheit in oder Desinteresse an der aktuellen Beziehung. Hat man das einmal verstanden, lässt sich auch leichter mit Emotionen wie Wut, Angst oder Eifersucht umgehen. Im zweiten Schritt geht es darum, ein realistisches Bild zu bekommen. "Ich kann mich fragen, woran es liegt, dass mich der Kontakt stört. Ist es eine Unsicherheit in der aktuellen Beziehung oder gibt es alte Verletzungen?" rät Paartherapeutin Gensch.

Grenzen setzen

Wer schlechte Erfahrungen oder Untreue in der Vergangenheit oder im Umkreis erlebt hat, wird dem Kontakt kritischer gegenüberstehen und die eigene Beziehung vor dieser Gefahr schützen wollen. "Vielleicht hat man den Kontakt mit einem Ex-Partner in einer früheren Beziehung akzeptiert und hinterher ist rausgekommen, dass da parallel etwas lief. Oder es gab einen Treuebruch bei den eigenen Eltern? Diese Erfahrungen können starke Verletzungen verursacht haben und dazu führen, dass man eine eindeutige Grenze setzt", erklärt die Paartherapeutin.

Hannah Gensch steht Paaren zur Seite.

Hannah Gensch steht Paaren zur Seite.

(Foto: Maiwolf)

Alte Erfahrungen solle man dem Partner oder der Partnerin nicht verheimlichen, denn laut Expertin Gensch helfe es dem Gegenüber, die Situation zu verstehen und empathisch reagieren zu können: "Insbesondere, wenn die Partnerschaft noch sehr frisch ist oder absolute Verbote ausgesprochen werden, ist das eine große Herausforderung für das Paar." Wer den Kontakt verbietet, geht auch das Risiko ein, dass sich der Partner zurückzieht oder den Ex nicht aufgeben will, weil er ein guter Freund ist. Das kann man akzeptieren und trotzdem darum bitten, dass es keine gemeinsamen Urlaube oder Geheimnisse gibt.

Dabei müsste man gerade in dieser Situation auf Teamwork setzen und klar kommunizieren, damit sich beide Partner gesehen und verstanden fühlen. Deshalb liegt die Verantwortung nicht nur bei der eifersüchtigen Partnerin oder dem Partner, sondern auch beim Gegenpart: "Wenn ich bei meiner Frau oder meinem Mann eine schwierige Reaktion feststelle, weil ich mit Freunden unterwegs bin, wo auch der oder die Ex dabei ist, dann kann ich ja auf meinen Partner zugehen und fragen, was gerade los ist oder warum er so sauer oder unsicher reagiert", sagt die Paartherapeutin. Vielleicht wäre es leichter, wenn der Partner mitkommt oder man sich nach einer gewissen Zeit meldet.

Meinst du es ernst mit mir?

Eine weitere wichtige Komponente, die zum Verständnis der Situation beiträgt, ist die Sicht des Partners, der den Kontakt mit der Ex pflegen will - denn nur mit diesem Wissen kann man passend darauf reagieren. Es ist leichter zu akzeptieren, wenn der Partner einen Wochenendtrip mit Freunden plant, die sie schon immer gemeinsam hatten. Oder man besucht einen gemeinsamen Freund, um dessen Geburtstag zu feiern. Wenn der Partner allerdings mit einer Ex-Affäre nach Mallorca fliegen will, kann man die Absichten hinterfragen: "Lohnt es sich überhaupt, mein Vertrauen, meine Liebe und Emotionen in die Beziehung zu stecken? Oder meint es die andere Person vielleicht gar nicht so ernst mit mir?"

Nichtsdestotrotz gebe es legitime Gründe, den Ex weiterzusehen, weil man etwa ein Hobby teilt, das sonst niemand hat, oder man gerade nicht die Kapazitäten hat, jemanden Neues dafür zu suchen. Doch was tun, wenn ein Paar trotzdem unterschiedliche Vorstellungen hat? "Klare Grenzen und einen Mittelweg finden" empfiehlt Gensch. Das beweist auch eine Studie des Münchner Beziehungsforschungsinstituts von 2023. Dort fand man heraus, dass 45 Prozent der Paare deutlich mehr Stabilität und Sicherheit in ihrer Beziehung schaffen, wenn eine klare Kommunikation und Grenzsetzung über dieses Themengebiet vorhanden ist.

Geht es etwa um den Wochenendtrip mit dem Ex, könnte man sich darauf einigen, dass die Ex-Partner sich kein Hotelzimmer teilen oder sogar im selben Bett schlafen. Um mehr Sicherheit aufzubauen, kann man anbieten, sich öfter telefonisch zu melden. "Das bedeutet aber nicht, dass man alle fünf Sekunden eine Nachricht schreiben muss, sondern zwischendurch mal ein Update gibt", erklärt Gensch. Jeder Partner könne die eigenen Grenzen in den Raum werfen, sollte sie aber nicht missbrauchen, um möglichst viel Kontrolle zu behalten. Wichtiger sei es, gemeinsame Lösungen zu finden.

Der eigene Glückshaushalt

Wer einem Kompromiss zugestimmt hat, aber trotzdem Panik bekommt, sobald die Situation eintritt, sollte erst einmal für sich selbst sorgen. Diese Art von Selfcare kann bedeuten, dass man eine gute Freundin trifft und sich ihr anvertraut, oder dass man Sport macht, um auf andere Gedanken zu kommen und so den Glückshaushalt anregt.

Die Therapeutin sagt: "Es ist aber völlig legitim, trotz Kompromissen ungute Gefühle zu haben, gerade wenn man schlechte Erfahrungen gemacht hat oder stark verletzt wurde. Wichtig ist, eine gesunde Balance zwischen Vertrauen und persönlichen Grenzen zu finden." In mancher Situation ist die Kompromissbereitschaft essenziell, etwa wenn es um langfristige, gemeinsame Pflichten der Ex-Partner geht, wie ein gemeinsames Haus oder ein Kredit, gemeinsame Kinder oder einen Hund. Welches Bild würde der Partner abgeben, wenn er das alte Familienkonstrukt hängen lässt oder sich aus der Verantwortung zieht? "Ich könnte stattdessen froh sein, dass sich mein Partner Mühe gibt, den Kindern ein gesundes und liebevolles Zuhause zu schenken, indem er mit dem anderen Elternteil noch den Kontakt pflegt", sagt Gensch.

Aber was tun, wenn man die eigenen Grenzen formuliert hat und der Partner sie nicht einhalten will? Spielt er womöglich auch die Gefühle des Gegenübers runter, kann man so reagieren: "Ich verstehe, dass es für dich kein Problem ist, wenn du Kontakt mit deiner Ex hast, aber für mich ist es ein Problem, weil ich schlechte Erfahrungen gemacht habe oder mir unsicher mit unserer Beziehung bin und dich erst besser kennenlernen muss." Damit bekommt der Partner die Chance, auf die kommunizierten Bedürfnisse einzugehen.

Die Expertin gibt auch Tipps für Situationen, die in den sozialen Medien oft als "Bare Minimum" des Mannes abgetan werden. Etwa, dass die neue Frau mit ihm im ehemaligen Ehebett schlafen muss oder sich der Mann weiterhin einen Netflix-Account mit der Ex teilt. Sie rät, über die eigene Argumentation nachzudenken. Bei materiellen Dingen wie einem Bett kann man mit Hygiene oder Kopfkino argumentieren - das würde auch ein einsichtiger Partner verstehen.

Handelt es sich bei dem Bett womöglich um teures Holz, großartiges Handwerk oder ein wichtiges Familienerbstück, stützt es eher die andere Seite. "Der gemeinsame Netflix-Account spielt vielleicht eine wichtige Rolle, wenn die Ex-Partner beide noch studieren und am Existenzminimum leben, aber was verbindet zwei Menschen schon bis auf den Vertrag, mit dem sie sich einen Account teilen?", fragt die Therapeutin und weist nochmal auf einen empathischen und offenen Umgang mit den Wünschen beider Partner hin: "Man kann sehr viele Kompromisse und Lösungen finden, wenn man seinem Partner wirklich entgegenkommen will." Hier können Sie mit der Expertin in Kontakt treten.

Quelle: ntv.de

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