Personalmangel und Streiks Für den Sommer kündigt sich ein Flugchaos an
24.06.2022, 19:05 UhrDer Personalmangel macht der Lufthansa und ihrer Tochter Eurowings so stark zu schaffen, dass sie Tausende Flüge streichen müssen. Inmitten der angespannten Lage in der Urlaubszeit beginnen Streiks bei Ryanair und Brussels Airlines. Immerhin geben zwei Fluggesellschaften Entwarnung.
Wegen Streiks bei den Fluggesellschaften Ryanair und Brussels Airlines sind Zehntausende Fluggäste von Einschränkungen betroffen. Allein bei Brussels Airlines werden mehr als 300 Flüge gestrichen, wie aus Angaben der Fluggesellschaft hervorgeht. Davon seien voraussichtlich 40.000 Menschen betroffen. Sowohl Kabinenpersonal als auch Piloten legen von Donnerstag bis Samstag die Arbeit nieder. Die Beschäftigten der Lufthansa-Tochter kritisieren unter anderem die hohe Arbeitsbelastung.
Von Freitag bis Sonntag kommt dann noch ein Arbeitskampf von Mitarbeitern der irischen Billigairline Ryanair hinzu. Laut Belga fallen wegen des Streiks am Freitag und Samstag wohl 80 Ryanair-Verbindungen am Flughafen Charleroi in der belgischen Hauptstadt aus. Unklar war zunächst, wie viele Flüge am Sonntag ausfallen könnten. Die Ryanair-Mitarbeiter fordern unter anderem die Einhaltung der belgischen Mindestlohn-Regeln für das Kabinenpersonal.
Die Lage an den Flughäfen ist ohnehin bereits angespannt. Der Personalmangel bei Fluggesellschaften und Airports bringt zunehmend die Reisepläne der Menschen ins Wanken. Weil sich nun auch wieder vermehrt Besatzungen wegen Corona-Fällen krankmelden, streicht die Lufthansa mitten in der Sommerferienzeit mehr als 2000 weitere Flüge an ihren Drehkreuzen Frankfurt und München. Zusammen mit bereits angekündigten Kürzungen fallen damit im Juli und August insgesamt über 3000 Verbindungen weg. Auch die Billigtochter Eurowings rechnet mit weiteren Streichungen.
Condor und TUIfly fliegen wie gewohnt
Condor und TUIfly geben dagegen Entwarnung. "Wir haben keine Flüge gestrichen und planen das auch nicht", sagte eine Condor-Sprecherin. Das Unternehmen habe in der Pandemie keine Stellen abgebaut und die Lage bisher gut im Griff. Zudem setze Condor an Spitzentagen auch Flugzeuge samt Personal von anderen Airlines ein, um alle Kunden wie geplant zu ihren Urlaubszielen zu bringen - und wieder zurück. Auch der deutsche Ferienflieger TUIfly sieht bisher keinen Grund, sein Flugprogramm für den Sommer zu verringern. "Wir streichen überhaupt nichts", sagte ein TUI-Sprecher. So verzeichnete die Gesellschaft keine vermehrten Krankheitsfälle durch das Coronavirus. Möglicherweise werde TUIfly am einen oder anderen Tag sogar noch zusätzliche Flüge auflegen, um Ausfälle anderer Airlines aufzufangen, sagte der Sprecher.
Reiseveranstalter werden dem Branchenverband DRV zufolge alles dafür tun, dass gebuchte Sommertrips stattfinden. "Dass gut gebuchte Strecken zu den Pauschalreise-Zielen rund ums Mittelmeer oder zu ferneren Zielen in größerem Umfang gestrichen werden, ist eher unwahrscheinlich", sagte eine Sprecherin des Deutschen Reiseverbandes DRV. Das gelte insbesondere für Flüge, die von den Veranstaltern lange vorher eingekauft worden seien. Veranstalter und Reisebüros seien in engem Austausch mit Airlines und Flughäfen.
Nach Pandemie fehlt Personal
Gerade an den Sicherheitskontrollen und bei den Bodenverkehrsdiensten, die etwa das Gepäck ein- und ausladen, fehlt es nach der Pandemie an Mitarbeitern. Flughäfen und viele Airlines hatten in der Pandemie Personal abgebaut, welches ihnen jetzt in der Sommerreisezeit fehlt. Flugreisende berichteten teils von extrem langen Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen. Die Luftverkehrsbranche hofft daher auf rasche Ausnahmegenehmigungen deutscher Behörden für den Einsatz von etwa 2000 Arbeitskräften aus der Türkei an deutschen Flughäfen.
"Wir hoffen, dass es sehr zügig geht", sagte eine Sprecherin des Bundesverbandes der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL). Anschließend könnten die notwendigen Zuverlässigkeitsprüfungen innerhalb von etwa sechs Wochen erfolgen und die Beschäftigten bei Bodenverkehrsdiensten so noch während der Sommerreisezeit eingesetzt werden. Eine Sprecherin des Flughafenverbandes ADV ergänzte: "2000 Arbeitskräfte würden die Branche stark entlasten und die Zuverlässigkeit steigern."
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) forderte Verkehrsminister Volker Wissing auf, ein Chaos zur Urlaubszeit an deutschen Flughäfen zu verhindern. "Bundesverkehrsminister Wissing muss die Probleme in den Griff bekommen, wenn er nicht als Verkehrschaos-Minister in die Geschichte eingehen will", sagte vzbv-Mobilitätsexpertin Marion Jungbluth dem "Handelsblatt".
Quelle: ntv.de, chf/dpa