Gaffer behindern Feuerwehren Technisches Hilfswerk besorgt wegen aufgeweichter Deiche
30.12.2023, 10:11 Uhr Artikel anhören
Ehrenamtliche Einsatzkräfte vom THW und der DLRG befestigen im niedersächsischen Hodenhagen einen Deich.
(Foto: dpa)
Noch immer hält das Hochwasser Niedersachsen in Atem. Das Technische Hilfswerk ist mit Hunderten Einsatzkräften unterwegs und rechnet nicht mit einem schnellen Sinken der Pegelstände. Besondere Sorge bereitet ihm der Zustand der Deiche. Die Feuerwehr beklagt störenden "Hochwassertourismus".
Die Hochwasserlage bleibt in vielen Teilen Niedersachsens weiterhin kritisch. An einigen Pegeln der Weser befinden sich die Wasserstände noch über der höchsten Meldestufe, wie aus einem Lagebericht des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vom Morgen hervorgeht. Für die Leine, Aller sowie Ober- und Mittelweser gibt es eine Warnung vor großem Hochwasser.
Hunderte Menschen können in der Nähe von Bremen wegen des Hochwassers weiterhin nicht in ihre Häuser. Die Evakuierungen in der Gemeinde Lilienthal dauerten an, sagte eine Gemeindesprecherin . Rund 500 Menschen seien in den betroffenen Gebieten gemeldet. Wann sie zurück in ihre Häuser könnten, sei noch nicht absehbar. Die Pegelstände hätten sich in der Nacht kaum verändert. Die Lage bleibe angespannt, sagte die Sprecherin. Die Bewohner dürfen bereits seit mehreren Tagen nicht in ihre Häuser.
Das Technische Hilfswerk (THW) stellt sich auf einen Einsatz in den Hochwasser-Gebieten bis in die erste Januar-Woche hinein ein. "Es ist ganz klar, dass das über den Jahreswechsel andauern wird", sagte THW-Präsidentin Sabine Lackner. "Was uns hoch besorgt, ist der Zustand der Deiche." Sie seien aufgeweicht. Täglich seien etwa 1000 Einsatzkräfte in den betroffenen Gebieten unterwegs.
Sprecherin: Hochwasserlage stagniert
Zwischen Hannoversch Münden bis Intschede sind laut dem Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz die Scheitelwasserstände bereits erreicht und die Wasserstände sinken. An vielen Orten gibt es demnach eine gleichbleibende Tendenz beim Pegelstand, in Schladen stieg der Pegelstand der Oker den Angaben zufolge um mehrere Zentimeter.
Eine Sprecherin des Lagezentrums teilte am Morgen mit, dass die Hochwassersituation insgesamt stagniere, es aber keine besonderen Vorkommnisse in der Nacht gegeben habe. Die Lagezentren der Polizei in Niedersachsen meldeten ebenfalls eine relativ ruhige Nacht. Einige Sprecher, wie vom Lagezentrum Göttingen, sprachen von einer sich entspannenden Situation. Es sei trocken geblieben, daher gehe man davon aus, dass sich die Lage beruhige und Pegelstände sinken.
Die Pegelstände in der Stadt Meppen in Niedersachsen sanken minimal. Es sei allerdings weiterhin Vorsicht geboten, zumal es in den kommenden Tagen wieder Regen geben solle, teilte die Stadt mit. "Die konkrete Entwicklung der zu erwartenden Pegelstände ist weiterhin ungewiss", sagte Bürgermeister Helmut Knurbein. Meppen, das an Ems und Hase liegt, ist von dem Hochwasser besonders betroffen. Schon mehrfach mussten Menschen aus Autos und Häusern gerettet werden. Zudem wurden unter anderem ein Campingplatz und ein Seniorenheim evakuiert.
Lage könnte sich wieder verschärfen
Flussabwärts der Weser werden die Pegelstände nach Einschätzung des Landesbetriebs für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz noch weiter ansteigen. Insbesondere im unteren Verlauf der Mittelweser könne daher noch nicht von einer Entspannung gesprochen werden. Angesichts erwarteten Regens rechnet Innenministerin Daniela Behrens von der SPD mit einer verschärften Hochwasserlage in manchen Regionen in den kommenden Tagen, wie sie im Deutschlandfunk sagte.
Das Hochwasser der Elbe geht in Sachsen indes weiter zurück. Am Pegel Dresden wurde am Morgen ein Wasserstand von 5,30 Meter gemessen, wie aus einer Übersicht des Landeshochwasserzentrums hervorging. Einen Tag zuvor waren es noch 5,92 Meter gewesen. Normal sind rund 2 Meter. In der Landeshauptstadt galt ebenso wie in Schöna an der tschechischen Grenze sowie flussabwärts in Riesa noch die Alarmstufe 2. Die Hydrologen rechnen mit weiter sinkenden Wasserständen. Für die übrigen Flussgebiete in Sachsen gab es keine Hochwasserwarnungen mehr.
Wie ntv-Meteorologe Björn Alexander erklärt, lassen die Schauer an Samstag zwar nach und vorübergehend öffnen sich ein paar Sonnenfenster. "Aber allzu lange bereitet uns die Wetterbesserung leider keine Freude. Bereits am sehr windigen Silvestertag breiten sich bei ähnlichen Temperaturen nämlich aus Westen neue Regenwolken aus."
Katastrophentouristen bereiten Probleme
Die Stadt Celle appellierte indes an Menschen, Sperrungen ernst zu nehmen und nur in die Stadt zu reisen, wenn es unbedingt notwendig sei. "Durch wachsenden 'Hochwassertourismus' und Verkehr werden Rettungskräfte vielerorts am Durchkommen gehindert." Auch die Feuerwehr Verden berichtete von störenden Katastrophentouristen. Der Landkreis Osterholz befürchtet darüber hinaus, dass zu Silvester viele Schaulustige im Hochwassergebiet unterwegs sein werden.
Zahlreiche Landkreise appellierten erneut, Deiche nicht zu betreten, da diese aufgeweicht seien und beschädigt werden könnten. In Oldenburg gilt ein Betretungsverbot für Deiche, das mit bis zu 5000 Euro geahndet wird.
Weiter Einschränkungen bei der Bahn im Nordwesten
Aufgrund der Witterung und des Hochwassers müssen sich Bahnreisende länger als geplant auf Verspätungen und Streckensperrungen einstellen. Die Verbindung zwischen Oldenburg und Osnabrück sei wegen des Hochwassers nach wie vor eingeschränkt, sagte eine Sprecherin der Nordwestbahn am Freitag.
An den Talsperren im Harz sinken indes die Füllstände weiter. Derzeit wird dort nicht mehr Wasser über den Notüberlauf abgegeben, wie ein Sprecher der Harzwasserwerke am Freitag sagte. Die Lage sei allerdings weiter angespannt, da noch immer zu viel Wasser in den Reservoirs sei. Die Harzwasserwerke hoffen auf trockenes Wetter, um die Talsperren weiter ablassen und dadurch den Hochwasserschutz gewährleisten zu können.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa