"Ankünfte werden zunehmen" Über 1000 Geflüchtete erreichen Lampedusa
09.05.2021, 18:04 Uhr
Seit Beginn des Jahres kamen etwa 10.700 Migranten nach Italien (Archivbild).
(Foto: REUTERS)
Wieder mehr Menschen wagen die lebensgefährliche Überfahrt von Nordafrika nach Europa. Allein am Wochenende sind es rund 1200, die auf der Insel Lampedusa anlegen. Zugleich berichten zivile Seenotretter über erschwerte Bedingungen und erheben Vorwürfe gegen die Politik.
In Italien ist die Zahl der über das Mittelmeer ankommenden Bootsmigranten stark gestiegen. Alleine auf der kleinen Insel Lampedusa kamen am Wochenende etwa 1200 Menschen in sieben Booten an, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. In den vergangenen Wochen hatten auch private Seenotretter beobachtet, dass sich wieder sehr viele Migranten in Schlauchbooten und kleinen Holzschiffen auf die gefährliche Fahrt Richtung Europa machen, oft von Libyen aus.
"Die Ankünfte von Migranten werden bei gutem Wetter wieder zunehmen", sagte Bürgermeister Toto Martello dem Sender RAI. "Wir müssen die Diskussionen über die Einwanderungsfrage wieder aufnehmen." Der rechte Politiker Salvini forderte ein Krisengespräch mit Ministerpräsident Mario Draghi. Zuvor warnte der Ex-Innenminister bereits vor "Tausenden illegalen Einwanderern".
Seit Beginn des Jahres kamen nach einer Zählung des Innenministeriums insgesamt mehr als 10.700 Migranten nach Italien. Vor einem Jahr waren es zum gleichen Zeitpunkt gut 4100. Die dabei häufig genutzte Route zwischen Nordafrika und Sizilien ist jedoch zugleich eine der gefährlichsten Flüchtlingsrouten. Alleine seit Januar sind nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration mehr als 200 Menschen auf dem Weg nach Italien oder Malta im Mittelmeer ertrunken oder gelten als vermisst.
Erneut deutsches Rettungsschiff festgesetzt
Derweil setzten die sizilianischen Justizbehörden Medienberichten zufolge erneut ein deutsches Rettungsschiff der Hilfsorganisation Sea-Watch fest. Bei einer Kontrolle der "Sea-Watch 4" seien zu viele Rettungswesten an Bord gefunden worden. Das Abwassersystem des Schiffes sei nicht für eine so hohe Anzahl von Geretteten ausgelegt, teilte die Behörde mit.
Aktivisten bezeichneten die Inspektion als Vorwand, um das Schiff festzusetzen. "Wir hoffen, dass die Behörden uns nicht an der Ausfahrt ins zentrale Mittelmeer hindern werden, mit absurden Anschuldigungen, an die wir uns bereits gewöhnen mussten", erklärte Sea-Watch Italien. Ein weiteres Schiff der Organisation, die "Sea-Watch 3", war im März von der italienischen Küstenwache im sizilianischen Hafen Augusta beschlagnahmt worden. Auch in diesem Fall berief sich die Behörde auf Verstöße gegen Sicherheitsbestimmungen.
"Besonders schweres Jahr"
Auch die Hilfsorganisation SOS Méditerranée berichtet über erschwerte Bedingungen bei der Rettung von Geflüchteten. "Es war ein besonders schwieriges Jahr für die zivile Seenotrettung", erklärte die Organisation in ihrem Jahresbericht für 2020. Als besondere Herausforderungen nannten die Seenotretter die De-facto-Schließung von Häfen in Italien und Malta, lange Quarantänezeiten sowie die Corona-Maßnahmen an Bord der Schiffe.
"Im Laufe des Corona-Jahres 2020 spitzten sich die politisch motivierten Behinderungen der Seenotrettung weiter zu", sagte die politische Referentin bei SOS Méditerranée Deutschland, Jana Ciernioch. Zu Beginn der Pandemie hätten Italien und Malta ihre Häfen für "unsicher" erklärt, was einer Schließung gleichgekommen sei. Ab dem Sommer seien Rettungsschiffe unter "fadenscheinigen Begründungen" durch europäische Behörden festgesetzt worden.
Der Seeweg über das Mittelmeer gilt als eine der wichtigsten und zugleich gefährlichsten Routen für Flüchtlinge auf dem Weg nach Europa. Nach einer Zählung der Internationalen Organisation für Migration sind fast 530.000 Menschen seit Anfang 2015 auf diesem Weg nach Italien gelangt. Im vergangenen Jahr starben offiziellen Zahlen zufolge 1200 Menschen bei dem Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen.
Quelle: ntv.de, mdi/dpa/rts/AFP