Politik

Staatspleite oder Einigung? Athen will "Gegenvorschläge" präsentieren

Griechenlands Premier Tsipras gibt sich zuversichtlich - er geht davon aus, dass die EU es nicht zum Grexit kommen lassen wird.

Griechenlands Premier Tsipras gibt sich zuversichtlich - er geht davon aus, dass die EU es nicht zum Grexit kommen lassen wird.

(Foto: AP)

Zwei Wochen vor dem Auslaufen des Kreditprogramms will die griechische Regierung den Institutionen neue Reformvorschläge präsentieren. Auch das IWF-Team sitzt wieder mit am Tisch. Die Zeit drängt: Die Eurogruppe bereitet sich schon auf einen Grexit vor.

Unzählige Fristen sind bei den Verhandlungen um die griechische Schuldenkrise verstrichen, ohne dass dies dramatische Konsequenzen gehabt hätte. Zuletzt drohte Griechenland am 5. Juni der offizielle Staatsbankrott: An diesem Tag musste Athen 305 Millionen Euro an den Internationalen Währungsfonds zahlen. Auch diese Frist verpuffte: Griechenland vereinbarte mit dem IWF eine Sammelzahlung. Damit werden am 30. Juni 1,54 Milliarden Euro auf einen Schlag fällig.

Selbst dann hat die griechische Regierung möglicherweise noch ein paar Wochen Zeit, bevor der IWF den Zahlungsausfall feststellt. Dennoch stellt der 30. Juni eine Deadline dar, die nicht so einfach verschoben werden kann: Dann läuft die Verlängerung des zweiten Kreditprogramms aus. Wenn die Kreditgeber die damit verbundenen 7,2 Milliarden Euro bis dahin nicht ausgezahlt haben, ist es aller Voraussicht nach zu spät.

Am heutigen Samstag wollen die griechischen Unterhändler in Brüssel ihre Gegenvorschläge präsentieren. Die griechische Regierung ließ wissen, eine Einigung sei "so nah wie nie zuvor". Bei den Beratungen wird nach Informationen der "Welt" auch der IWF vertreten sein - der Währungsfonds hatte seine Vertreter am Donnerstag von den Gesprächen mit Griechenland abzogen und damit für Aufsehen gesorgt. Neben der Europäischen Zentralbank und der EU-Kommission ist der IWF eine der drei "Institutionen", mit denen die griechische Regierung über Reformen und Sparvorgaben verhandelt.

Varoufakis hofft auf einen "Bluff"

Die Gläubiger verlangen von Griechenland unter anderem, das Rentenniveau weiter zu senken. Das will Griechenland bislang nicht akzeptieren. Griechenlands Finanzminister Yanis Varoufakis sagte der BBC, er glaube nicht, dass die Euro-Partner einen Grexit zulassen werden. Auf die Frage, ob die EU und der IWF nur bluffen, sagte er: "Ich hoffe es."

Wie üblich lassen die Signale, die aus Athen, Brüssel und Berlin kommen, viel Spielraum für Interpretationen. "Die griechische Seite ist bereit, Gegenvorschläge vorzulegen, damit die übriggebliebenen (Meinungs-) Unterschiede überbrückt werden", zitierte die Deutsche Presse-Agentur griechische Regierungsvertreter. Solche Ankündigungen gibt es aus Athen seit Monaten. Der deutsche Regierungssprecher Steffen Seibert sagte am Freitag, "die Gespräche der griechischen Regierung mit den drei Institutionen müssen jetzt mit hoher Intensität weitergeführt werden, damit es zu einer Einigung kommt". Das klingt nach Druck, aber auch Sätze wie diesen hat man schon häufig in Berlin gehört. Seibert fügte denn auch hinzu, es gebe "keine neue Haltung" der Bundesregierung. Sie arbeite weiter dafür, "dass Griechenland ein Mitglied der Eurozone bleiben kann". Dabei gelte weiter der Grundsatz, "dass europäische Solidarität immer von eigenen Reformanstrengungen des betroffenen Landes begleitet sein muss".

Vorbereitungen für Grexit haben schon begonnen

Dennoch nimmt der Druck auf alle Beteiligten zu, je näher der 30. Juni rückt. Bei einem Treffen der sogenannten Euro-Arbeitsgruppe in der slowakischen Hauptstadt Bratislava wurde erstmals über die Folgen eines Ausscheidens Griechenlands aus der Eurozone beraten worden - und die Teilnehmer sorgten dafür, dass dies auch öffentlich bekannt wurde. Die Frage, ob Griechenland im Euro bleibt, spielte laut "Süddeutscher Zeitung" bei dem Treffen in Bratislava " keine entscheidende Rolle". Der litauische Finanzminister Rimantas Sadzius bestätigte, ein griechischer Staatsbankrott sei diskutiert worden. "Wir müssen alle Möglichkeiten bewerten", sagte er der französischen Nachrichtenagentur AFP. Er hoffe aber, "dass die griechische Regierung die erforderlichen Maßnahmen ergreifen werden".

Laut "Süddeutscher Zeitung" hat die Eurogruppe bereits mit den Vorbereitungen für den Grexit begonnen. Dies umfasst einerseits Maßnahmen, um eine humanitäre Krise in Griechenland abzuwenden, sowie Maßnahmen zur Sicherung der Eurozone. Auch die griechische Zeitung "Kathimerini" schreibt, in Bratislava sei über die Notwendigkeit von Kapitalkontrollen "und sogar humanitärer Hilfe für den Fall einer griechischen Staatspleite" gesprochen worden.

Unterdessen sagte EZB-Chefvolkswirt Peter Praet dem österreichischen "Standard", der EZB-Rat wolle, dass Griechenland Mitglied der Währungsunion bleibe. Ohne die griechische Regierung direkt anzusprechen, mahnte er, wenn ein Land etwas zusage, müsse es diese Zusage auch umsetzen. "Je glaubwürdiger ein Land ist, desto geduldiger können Gläubiger sein und ihr Vertrauen schenken." Offenbar an die Adresse der Gläubiger sagte Praet allerdings auch, er hoffe, "dass in Zukunft ein stärkerer Fokus darauf liegen wird, den Ländern mehr Ownership an Reformprogrammen zu geben, sie sollen also in Eigenregie und eigenverantwortlich handeln".

Das nächste reguläre Treffen der Euro-Finanzminister findet am Donnerstag in Luxemburg statt. Der Sprecher von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sagte am Freitag, wenn ein früheres Treffen notwendig sei, "werden wir jede Anstrengung unternehmen". Bislang kenne er solche Planungen jedoch nicht. Am Treffen in Luxemburg soll auch IWF-Chefin Christine Lagarde teilnehmen.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/rts

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