Politik

CDU-Chef bei "Brigitte Live" Auch Laschet rührt im Kochtopf

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Unions-Kanzlerkandidat Laschet suchtet Serien bis tief in die Nacht, erzählt er bei "Brigitte Live". Über Hans-Georg Maaßen spricht er nicht so gern, das Tempolimit hält er nicht für "kriegsentscheidend" und das Gendern will er nicht verbieten.

Seit acht Jahren gehören die Talk-Veranstaltungen der Frauenzeitschrift "Brigitte" zu den wichtigsten Terminen in Bundestagswahlkämpfen. Damals, 2013, blieb von einer Podiumsdiskussion mit Bundeskanzlerin Angela Merkel vor allem ein Satz hängen: "Wenn ich im Kochtopf rühre, sage ich ja nicht, die Kanzlerin rührt jetzt im Kochtopf." Es war ein typischer Merkel-Satz: etwas ungelenk, vor allem aber demonstrativ uneitel. Für solche Sätze liebte das Publikum die Kanzlerin.

Mit diesen Gesprächen wolle man "den Menschen hinter dem Wahlprogramm" zeigen, sagt "Brigitte"-Chefredakteurin Brigitte Huber zum Auftakt eines Interviews mit dem Kanzlerkandidaten der Union, Armin Laschet. Gemessen an diesem Anspruch muss die Veranstaltung scheitern - welche Politikerin, welcher Politiker will sich öffentlich schon komplett öffnen? Merkel ist es immer gut gelungen, Privatheit zumindest vorzutäuschen. Laschet ist an diesem Abend in einem Westberliner Kino weniger reserviert als seine Vorvorgängerin im CDU-Vorsitz. Aber auch er rührt ganz gut im Kochtopf. Coronabedingt ohne Publikum, nur ein paar Medienleute sind anwesend.

Laschets grüne Mitbewerberin ums Kanzleramt, Annalena Baerbock, war bereits vor einer Woche hier, SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz folgt am 28. Juli. Im Vergleich zu Baerbock macht Laschet einen entspannteren Eindruck, aber das liegt natürlich auch daran, dass die meisten heiklen Punkte, auf die er angesprochen wird, längst abgehakt sind - vor allem die Masken- und Aserbaidschan-Affären der Union, oder die Vorwürfe, sein Sohn sei in einen Handel um Stoffmasken und Schutzkittel zwischen der nordrhein-westfälischen Landesregierung verwickelt. Huber sagt, für viele bleibe "ein Nachgeschmack". Würde er das noch einmal genauso machen, fragt sie. "Exakt", antwortet Laschet.

"Langsam zur politischen Debatte kommen"

Armin Laschet bei "Brigitte Live" am Kurfürstendamm in Berlin.

Armin Laschet bei "Brigitte Live" am Kurfürstendamm in Berlin.

(Foto: picture alliance/dpa)

Sein Sohn habe ihm lediglich die Telefonnummer eines Unternehmens gegeben, mehr nicht, und Geld habe er dafür auch nicht bekommen. Der Vorgang sei dann parteipolitisch ausgeschlachtet worden, was ihn sehr aufgeregt habe. Huber spricht Laschet dann auf Baerbock und die Vorwürfe gegen sie an. Laschet sagt, er wolle dazu nichts sagen.

"Ich würd' mir nur wünschen, dass wir langsam zur politischen Debatte kommen", so Laschet. "In achtzig Tagen ist Bundestagswahl. Ich habe mir so viele Gedanken gemacht über das Wahlprogramm, was sind meine Schwerpunkte, wie soll das Modernisierungsjahrzehnt aussehen, was sind unsere Antworten auf den Klimawandel - also darüber würde ich lieber diskutieren als über die Frage, ob da in einem Buch irgendwas kopiert worden ist oder nicht."

Meike Dinklage, Ressortleiterin Zeitgeschehen der "Brigitte", fragt Laschet, ob er wie sein Parteifreund Friedrich Merz über ein Verbot des Genderns nachgedacht habe. Und wieder antwortet Laschet, wie Merkel es auch tun würde. "Ich finde, dass wir nichts verbieten sollten." Merz hatte im April über "Grüne und Grüninnen" getwittert; dies war ein Abschnitt aus seiner Bewerbungsrede für die Aufstellung als Direktkandidat der CDU im Hochsauerlandkreis. Auch an anderer Stelle hatte Merz sich abfällig über geschlechtergerechte Sprache geäußert.

Den Namen Maaßen nimmt Laschet nicht in den Mund

Das macht Laschet nicht: Man müsse "gender-bewusst" sprechen, das gehe auch ohne Sprechpause und Sternchen, indem man etwa "Ärzte und Ärztinnen" sage. Der Genderstern passe nicht zu seinem Sprachstil. "Wer das aber tut - ist in Ordnung, kann man machen, muss man nicht verbieten, kann man Respekt vor haben, nur meine Sprache ist eine andere." Angesprochen auf den Merz-Tweet sagt er, den kenne er nicht, aber er weicht der Frage auch nicht aus. "Ich finde, man sollte sich auch nicht lächerlich machen, wenn es jemand tut."

Die Frage, ob der frühere Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen aus der Partei ausgeschlossen werden sollte, umschifft Laschet hingegen. Den Namen seines Parteikollegen, der in Südthüringen für die CDU antritt, nimmt er nicht einmal in den Mund. Wenn es rechtliche Gründe gebe, jemanden aus einer Partei auszuschließen, "dann muss man die nutzen", sagt er ganz allgemein. Diese Schwelle sei aber sehr hoch. Für ihn sei immer klar gewesen: "Wir müssen den Kurs der Mitte beibehalten, wir müssen uns klar nach rechts abgrenzen." Mit der AfD werde "nicht geredet, nicht koaliert, nicht kooperiert, gar nichts". An diese Linie müsse sich auch jeder der 299 Direktkandidaten der Union halten, "also auch der erwähnte". Ein Machtwort sprechen will Laschet aber auch nicht: Die Haltung der CDU zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk - den hatte Maaßen attackiert - sei glasklar. Dieser sei wichtig, und das sei die Position "der gesamten CDU".

Vorsichtige Kritik an Merkel

Zum Tempolimit, das im Wahlprogramm von CDU und CSU abgelehnt wird, sagt Laschet, das sei "keine kriegsentscheidende Frage". Er wisse, dass es Studien gebe, die sagten, es bringe etwas, "aber in der Dimension, über die wir reden, ist es ein kleiner Beitrag". Die Industrie auf Klimaneutralität umzustellen, das sei "der Riesenjob, der vor uns steht". Nach dem umstrittenen Klimagesetz in NRW wird der Ministerpräsident nicht gefragt.

Nur einmal treiben die beiden Interviewerinnen Laschet in die Enge: Bei welcher Serie er nicht ausschalten könne, fragen sie ihn. Laschet seufzt tief, er kommt nicht auf den Namen. Es gehe da um einen Bürgermeister in Marseille. (Er meint "Marseille", eine französische Netflix-Serie mit Gérard Depardieu.) Seine Frau verzweifle immer, wenn er so lange vor dem Fernseher sitze, sie sage dann: "Du müsstest jetzt eigentlich mal schlafen", aber er sitze trotzdem "bis drei, vier Uhr und schaue diese Serien an".

Am Schluss übt Laschet noch vorsichtige, indirekte Kritik am Verhalten der CDU in der Bundesregierung - letztlich an der Kanzlerin. Er finde, "dass wir dazu kommen müssen, dem kleinen Partner auch Punkte zu gönnen". Es sei "ein Problem der Großen Koalition, dass keiner dem anderen etwas gönnt und sie sich gegenseitig sogar auch noch beschimpfen". "Sie", sagt der CDU-Chef, als gehöre er nicht dazu.

Quelle: ntv.de

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