Politik

Frankreich nach dem Nizza-Attentat Ausnahmezustand wird zum Dauerzustand

An der Strandpromenade von Nizza patrouillieren Soldaten.

An der Strandpromenade von Nizza patrouillieren Soldaten.

(Foto: AP)

Die französischen Sicherheitskräfte profitieren auch in den kommenden Monaten von außergewöhnlichen Befugnissen im Kampf gegen den Terrorismus: Das Parlament verlängert den Ausnahmezustand. Doch von Einigkeit sind die Parteien weit entfernt.

Es ist offiziell: Wenige Tage nach dem Anschlag von Nizza hat die französische Nationalversammlung den Ausnahmezustand um ein halbes Jahr verlängert. Eine große Mehrheit der Abgeordneten stimmte dem Vorschlag auf Initiative der oppositionellen Konservativen in der Nacht zu. Mit der Verlängerung um sechs Monate griff die Regierung von Präsident François Hollande einen Vorschlag der Partei Die Republikaner des früheren Staatschefs Nicolas Sarkozy auf. Ursprünglich waren nur drei Monate vorgesehen. Damit gilt der Ausnahmezustand voraussichtlich bis Ende Januar 2017.

Am Abend soll noch der konservativ dominierte Senat über die Vorlage beraten. Dort gab es Bestrebungen, die Vorlage weiter zu verschärfen. Es ist bereits die vierte Verlängerung des Ausnahmezustands, der nach den Anschlägen von Paris im November 2015 mit 130 Toten verhängt worden war. Er ermöglicht den Behörden unter anderem Ausgangssperren, Wohnungsdurchsuchungen ohne richterlichen Beschluss und Hausarrest für mutmaßliche Dschihadisten.

Premierminister Manuel Valls nannte die Sonderbefugnisse notwendig: "Es wird weitere Anschläge geben, und es werden weitere unschuldige Menschen getötet werden", sagte Valls. "Wir dürfen uns an diese Bedrohung nicht gewöhnen, aber wir müssen lernen, mit ihr zu leben."

Sarkozy fordert Überwachung auf Verdacht

Bei der mehr als siebenstündigen Debatte warfen die Konservativen der Regierung vor, nicht entschieden genug gegen Extremisten vorzugehen. Die Nummer zwei aus Sarkozys Partei, Laurent Wauquiez, sagte, anstelle von Schweigeminuten seien konkrete Taten "gegen die Barbarei des radikalen Islamismus" nötig.

Sarkozy hatte gefordert, Menschen bereits beim Verdacht auf Radikalisierung unter behördliche Aufsicht zu stellen. Der Minister für Parlamentsangelegenheiten, Jean-Marie Le Guen, wies den Vorschlag in der Nationalversammlung zurück. "Wir können Menschen nicht einfach auf Grundlage eines Verdachts einsperren."

Die Nationalversammlung beschloss außerdem eine gesetzliche Basis für die Videoüberwachung bestimmter Häftlinge. Damit reagiert das Justizministerium auf eine Beschwerde des mutmaßlichen Paris-Attentäters Salah Abdeslam. Dieser sieht durch die Videoüberwachung seiner Zelle seine Grundrechte und seine Privatsphäre beeinträchtigt.

Hollande wirbt für "Nationalgarde"

Nach dem Attentat von Nizza schweben noch 15 Menschen in Lebensgefahr, wie Präsident Hollande bekannt gab. Nach seinen Angaben wurden insgesamt 84 Menschen getötet und 331 verletzt, als der Täter während der Feiern zum französischen Nationalfeiertag am Donnerstagabend mit einem Lastwagen in die Menge raste.

Anlässlich des Besuchs in einem Ausbildungszentrum in Saint-Astier rief Hollande die Franzosen erneut dazu auf, sich als Reservisten für die Armee und die Gendarmerie zu melden. Ziel sei die Bildung einer "Nationalgarde", sagte Hollande.

Behörden sind angespannt

Die südfranzösische Stadt Cannes sagte ein für Morgen geplantes Feuerwerk ab. Die Stadtverwaltung begründete dies mit der Überlastung der Sicherheitskräfte und dem Respekt für die Opfer von Nizza.

In Paris eröffnete Bürgermeisterin Anne Hidalgo die Sommerattraktion "Paris Plages", für die das Seine-Ufer in einen Strand verwandelt wird. In diesem Jahr sollen Absperrungen aus Beton verhindern, dass Fahrzeuge an das Ufer vordringen; die Zahl der Sicherheitskräfte wurde erhöht.

Quelle: ntv.de, shu/AFP

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