Entnationalisierung der Streitkräfte Berlin unterstützt Idee einer Europa-Armee
09.03.2015, 16:10 Uhr
Das Logo der Trainingsmission in Mali auf der Uniform eines Bundeswehrsoldaten.
(Foto: dpa)
Mit seinem Vorschlag für eine Europa-Armee erntet EU-Kommissionspräsident Juncker bei den Koalitionspartnern in Berlin Zustimmung. Allerdings gelten die Hürden für dieses Projekt seit Jahrzehnten als unüberwindlich.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) können sich grundsätzlich eine gemeinsame europäische Armee vorstellen. Beide betonten jedoch, dass sich der Vorschlag von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zur Schaffung einer solchen Armee allenfalls langfristig verwirklichen lasse. Das Projekt solle nun auf EU-Ebene weiter beraten werden.
"Die Bundeskanzlerin teilt die Ansicht, dass es grundsätzlich gut ist, dass es eine vertiefte militärische Zusammenarbeit in Europa gibt und geben sollte", sagte Vizeregierungssprecherin Christiane Wirtz. Sie verwies auf die "geballten Herausforderungen" in der europäischen Sicherheitspolitik, die eine gemeinsame Antwort erforderten.
Steinmeier sprach im "Tagesspiegel" von den "neuen Gefahren und Bedrohungen unserer europäischen Friedensordnung", die eine "zügige Anpassung" der Sicherheitsstrategie nötig machten. "Für die SPD ist das langfristige Ziel einer europäischen Armee ein wichtiges politisches Anliegen und seit vielen Jahren Teil des Parteiprogramms", fügte er hinzu.
Ein Sprecher des unionsgeführten Verteidigungsministeriums bezeichnete das Projekt als "langfristiges Ziel". Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte Junckers Vorschlag bereits am Wochenende begrüßt.
Auch der Grünen-Außenpolitiker Omid Nouripour stellte sich grundsätzlich hinter Junckers Vorschlag. Dies sei eine "hervorragende Idee", sagte Nouripour im Bayerischen Rundfunk. Eine solche Entnationalisierung der Streitkräfte wäre aus seiner Sicht der größte Beitrag für eine Friedenspolitik auf der Welt. Eine gemeinsame Armee könne es aber nicht geben, solange es keine echte gemeinsame Außenpolitik gebe. Die Linke hatte Junckers Vorstoß hingegen schon am Wochenende kritisiert, da er sich gegen Russland richte.
Widerspruch vor allem aus London
Die Idee einer europäischen Armee wird in der EU immer wieder diskutiert. Bislang gilt ein solcher Schritt nicht als denkbar, weil es in manchen Ländern wie in Großbritannien entschiedenen Widerspruch gibt. So hat London auch verhindert, dass es ein Militärhauptquartier in Brüssel gibt. EU-Einsätze wie etwa in Mali werden deshalb dezentral aus den Mitgliedstaaten geleitet.
Anfang der 50er Jahre wäre es fast zu einer Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) gekommen, die Pläne waren fertig ausverhandelt und in Deutschland bereits ratifiziert. Doch die französische Nationalversammlung stoppte das Projekt 1954 - aus Furcht, zu viel an nationaler Souveränität einzubüßen. Seit 2005 gibt es sogenannte EU-Kampfgruppen aus mehreren Staaten - an einem Krisenherd eingesetzt wurden sie aber noch nie.
Derzeit stehen auf der EU-Agenda Kooperationen bei Aufklärungsdrohnen, Kommunikationssatelliten sowie ein gemeinsames Tankflugzeug. Aber auch hier sind die Widerstände groß, sobald es um bestehende Geschäftsfelder nationaler Rüstungskonzerne geht.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP