Justizminister widerspricht SPD Buschmann: Lieferung schwerer Waffen kein Kriegseintritt
16.04.2022, 08:09 Uhr
Dies sei nicht nur seine persönliche Ansicht, sondern die der Bundesregierung, sagt Justizminister Buschmann. Ob Kanzler Scholz zustimmt?
(Foto: picture alliance/dpa/Reuters/POOL)
Teile der SPD sträuben sich gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine, sie wollen keine Kriegspartei werden. Nonsens, erklärt Justizminister Buschmann von der FDP. Es handele sich um Selbstverteidigung, das sei ein legitimes Recht.
In der Debatte über die Lieferung von Panzern und anderen schweren Waffen an die Ukraine weist Bundesjustizminister Marco Buschmann darauf hin, dass dies völkerrechtlich gesehen kein Eintritt in den Krieg gegen Russland wäre. Die Ukraine führe einen erlaubten Verteidigungskrieg gegen Russland, sagte der FDP-Politiker der "Welt am Sonntag". "Wenn sie also ihr legitimes Selbstverteidigungsrecht ausübt, kann eine Unterstützung durch Waffenlieferungen nicht dazu führen, dass man Kriegspartei wird." Dies sei nicht nur seine persönliche Ansicht, sondern die der Bundesregierung.
Innerhalb der Ampelkoalition unterstützen offiziell allerdings nur Grüne und FDP die Lieferung schwerer Waffen, die SPD ist gespalten. So hatte SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich Forderungen nach weiteren Waffenlieferungen zuletzt kritisiert. "Einfache Antworten, auch bei der Lieferung von schwerem Kriegsgerät an die Ukraine, gibt es nicht. Wer das behauptet, handelt verantwortungslos", sagte der 62-Jährige. Solche Entscheidungen könnten "weitgehende Konsequenzen für die Sicherheit unseres Landes und der NATO haben".
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz scheint nicht von der Lieferung schwerer Waffen überzeugt: Er hat sich öffentlich noch nicht zu dieser Frage festgelegt, sondern lediglich betont, dass die Entscheidung darüber in Abstimmung mit den Bündnispartnern getroffen werde.
"Abgetauchter Kanzler isoliert uns"
Die Ukraine hatte die Bundesregierung in Erwartung der russischen Großoffensive im Osten des Landes um die Lieferung schwerer Waffen gebeten. Darunter versteht man im Fachjargon beispielsweise Kampfpanzer, Artilleriegeschütze, Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge.
Das zögerliche Vorgehen sorgt für schwere Kritik am Bundeskanzler. Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst von der CDU sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, noch nie sei Deutschland in einer internationalen Krise so abgekapselt und teilnahmslos gewesen. "Die SPD als russlandnaher Teil der Ampel und der abgetauchte Kanzler isolieren uns in Europa und weltweit."
Die Opposition ist mit dieser Sichtweise nicht allein. Der Bundestagsabgeordnete Anton Hofreiter von den Grünen hatte Scholz in den vergangenen Tagen mehrfach scharf kritisiert. "Der Kanzler ist das Problem - nicht nur in der Ukraine-Politik, sondern auch bei anderen Fragen der europäischen Zusammenarbeit", sagte er dem "Spiegel". "Egal, in welchen europäischen Ländern ich im Moment unterwegs bin, immer begegne ich der Frage: Wo ist Deutschland?", gab der Vorsitzende des Europaausschusses zu bedenken.
"Keine Zeit für Ausreden"
Anders als die SPD haben sich führende Politikerinnen und Politiker von Grünen und der CDU klar für die Lieferung schwerer Waffen ausgesprochen. Angesichts der "furchtbaren Bilder" sei "jetzt keine Zeit für Ausreden, sondern jetzt ist Zeit für Kreativität und Pragmatismus", sagte Außenministerin Annalena Baerbock am Rande eines EU-Außenministertreffens in Luxemburg. Die Ukraine brauche "vor allen Dingen auch schwere Waffen".
"Es müssen mehr Waffen kommen", verlangte auch Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck im Gespräch mit der Funke-Mediengruppe. "Wir können die Ukraine in dem Krieg nicht allein lassen. Sie kämpft auch für uns", sagte er. Allerdings vermied der Wirtschaftsminister direkte Kritik an Scholz und blieb auch bei schweren Waffen etwas zurückhaltender. Deutschland dürfe nicht selbst zum Angriffsziel werden, dieser Rahmen "schließt große Panzer oder Kampfflugzeuge bisher nicht ein", sagte Habeck.
Unterstützt werden Baerbock und Habeck von CDU-Chef Friedrich Merz. Er sei "ganz und gar" einer Meinung mit der Außenministerin, "dass es jetzt keine Ausreden mehr gibt". Eine solche Ausrede sei, dass die Ukrainer etwa den Schützenpanzer "Marder" nicht bedienen könnten. "Dann muss eben ausgebildet werden, auch außerhalb der Ukraine", verlangte der Oppositionsführer.
Quelle: ntv.de, chr/dpa