Autobahn, Schulen, Verwaltung Das haben Bund und Länder vereinbart
09.12.2016, 15:33 Uhr
Bis zuletzt war zwischen Bund und Ländern die Zukunft der Autobahnen umstritten: Fest steht nun, dass sie nicht verkauft werden dürfen.
(Foto: dpa)
Ab 2020 werden die Finanzen von Bund und Ländern neu geregelt. Der Bund zahlt mehr Geld, die Länder geben Kompetenzen ab. Es geht um Autobahnen, aber auch die Sanierung von Schulen und Sicherheiten für Alleinerziehende.
Nach einem Durchbruch hatte es zuletzt nicht gerade ausgesehen. Zu groß schien der Ärger der Länder über Vorschläge von Finanzminister Wolfgang Schäuble für mehr Eingriffsrechte in den Ländern. Die bekommen schließlich ab 2020 mehr Geld vom Bund. Dafür soll der Bund mehr Gesetzgebungskompetenzen erhalten - etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung, bei Investitionen in Schulen sowie Online-Angeboten der Verwaltung.

Geschafft nach langen Verhandlungen: Bundeskanzlerin Angela Merkel, Erwin Sellering (l.), Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, und Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt.
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Das Gesetzespaket für die Bund-Länder-Finanzen soll am kommenden Mittwoch vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Für Änderungen des Grundgesetzes ist in Bundestag und Bundesrat jeweils eine Zweidrittel-Mehrheit nötig. Kanzlerin Angel Merkel sagte nach der überraschenden Einigung mit den Ministerpräsidenten: "Im Grundsatz ist das heute ein Riesenschritt." Es gebe eine Verständigung auf alle notwendigen Grundgesetzänderungen sowie die politischen Eckpunkte für Einzelgesetze.
Wie soll der künftige Finanzausgleich ab dem Jahr 2020 aussehen? Bis Ende 2019 muss der Länderfinanzausgleich neu geregelt werden. Dann laufen der Solidarpakt Ost sowie der "Soli" aus. Am 14. Oktober einigten sich Bund und Länder auf Eckpunkte für eine Neuordnung. Der Länderfinanzausgleich in seiner jetzigen Form wird abgeschafft. Im Ergebnis erfolgt ein Ausgleich der Finanzkraft im Wesentlichen über die Umsatzsteuer. Vor allem der Bund greift "ärmeren" Ländern unter die Arme. Die ostdeutschen und finanzschwachen Länder sollen nicht schlechter gestellt werden, die bisherigen "Geberländer" wie Bayern werden aber deutlich entlastet. Insgesamt zahlt der Bund ab dem Jahr 2020 jährlich 9,524 Milliarden Euro an die Länder.
Wie sieht die Gegenleistung für den Bund aus? Vereinbart wurde Mitte Oktober auch, Voraussetzungen zu schaffen "für eine Verbesserung der Erledigung der staatlichen Aufgaben in der föderalen Ordnung". Schäuble sowie Union und SPD im Bundestag pochten auf bessere Kontroll-, Steuerungs- und Prüfrechte für den Bund. Besonders umstritten ist die neue Bundesgesellschaft für Autobahnen für effizientere Planung, Bau und Betrieb.
Wie sieht hier die künftige Grundgesetz-Regelung aus? Bisher steht im Grundgesetz: "Der Bund ist Eigentümer der bisherigen Reichsautobahnen und Reichsstraßen." Dabei soll es inhaltlich auch bleiben - nur soll es künftig heißen: "Der Bund ist Eigentümer der Bundesautobahnen und sonstigen Bundesstraßen des Fernverkehrs. Das Eigentum ist unveräußerlich." Die Autobahnen stehen also nicht zum Verkauf. Das soll auch für die Bundes-Gesellschaft gelten. Weitere Details werden noch in einem speziellen Gesetz geregelt. Hier dürfte es noch Streit geben - vor allem über die Beteiligung von Investoren und die Vergabe von Bauprojekten auch an private Geldgeber.
Gibt es weitere Bereiche mit mehr Kompetenzen für den Bund? Ja. Der Bund möchte finanzschwachen Kommunen Investitionshilfen zur Sanierung maroder Schulen gewähren. Die Länder hatten befürchtet, dass damit das "Kooperationsverbot" im Grundgesetz gelockert wird, das die Bildungs-Hoheit der Länder festschreibt. Nicht ganz so weit wie von Schäuble erhofft gehen die Steuerungs- und Weisungsrechte des Bundes bei Hilfen für Investitionen der Länder. Bei Mischfinanzierungen kann der Bundesrechnungshof im "Benehmen" mit Landesrechnungshöfen prüfen, wie die Bundesmittel verwendet werden.
Was geschieht mit Stabilitätsrat und Steuervollzug sowie den Online-Angeboten der Verwaltungen? Der Stabilitätsrat soll ab 2020 die Einhaltung der Schuldenbremse von Bund und Ländern überwachen. Beim Steuervollzug sollen bindende Mehrheitsentscheidungen nicht mehr so einfach durch einzelne Länder blockiert werden können. Der übergreifende Zugang zu Online-Anwendungen der Verwaltungen in Bund und Ländern soll nun per Bundesgesetz geregelt werden - mit Zustimmung der Länder.
Wie werden die Hilfen für Bremen und das Saarland geregelt? Die werden im Grundgesetz verankert. Der Bund zahlt ab 2020 jährlich Sanierungshilfen von jeweils 400 Millionen Euro. Beide Länder sollen dafür "Maßnahmen zum Abbau der übermäßigen Verschuldung sowie zur Stärkung der Wirtschafts- und Finanzkraft" ergreifen. Details werden per Bundesgesetz geregelt. Die Eckpunkte sehen vor, dass die Länder jährlich ein Achtel der Hilfen tilgen - also 50 Millionen Euro. Tilgungsziel für den Fünfjahreszeitraum sei: 20 Prozent der Hilfen von dann insgesamt zwei Milliarden Euro - also 400 Millionen.
Was ist noch offen? Die Finanzierung des erweiterten Unterhaltsvorschusses etwa - und wann dies in Kraft treten soll. Alleinerziehende Mütter oder Väter sollen von 2017 an besser abgesichert sein, wenn der andere Elternteil Unterhalt für das gemeinsame Kind verweigert. Die vom Kabinett schon verabschiedeten Gesetzespläne sehen vor, die Begrenzung der Bezugsdauer auf sechs Jahre abzuschaffen und die Altersgrenze von 12 auf 18 Jahre zu erhöhen. Offen ist, wie sich Bund und Länder die Finanzierung letztlich teilen. Kommunen hatten mehrfach bezweifelt, dass dies bereits im Januar greift. Bis dahin wird es nun wohl auch noch keine Lösung geben.
Quelle: ntv.de, mli/dpa