Flüchtlinge, Syrien, Wahlen Das wird 2016 wichtig für die Koalition
26.12.2015, 12:26 Uhr
Die Anführer der Großen Koalition: Gabriel und Merkel.
(Foto: dpa)
Auf die schwarz-rote Koalition warten im kommenden Jahr große Aufgaben: Flüchtlingskrise, Anti-Terror-Kampf, die Kriege in Syrien und der Ukraine. Und dann sind da noch Landtagswahlen, die die politische Architektur der Republik nachhaltig verändern könnten.
Die Bundestagswahl findet aller Voraussicht nach erst im September 2017 statt. Aber bereits im kommenden Jahr werden die entscheidenden Weichen für die politische Zukunft Deutschlands gestellt. Dies betrifft Kandidaten, Themen - und Grundstimmungen in der deutschen Politik. Was wird wichtig?
BW | RP | SA | Berlin | |
CDU | 35 | 39 | 35 | 23 |
SPD | 19 | 31 | 15,5 | 29 |
Grün | 28 | 9 | 6 | 17 |
FDP | 5 | 5 | 3 | 4 |
Links | 3 | 5 | 23 | 14 |
AfD | 7 | 7 | 13,5 | 5 |
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Landtagswahlen: Am 13. März werden in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt die Landtage neu gewählt. Im September folgen Mecklenburg-Vorpommern und Berlin. Bleibt es bei den derzeitigen Umfragewerten, dann hat die AfD große Chancen, in alle drei Landtage einzuziehen - in Sachsen-Anhalt vielleicht sogar mit einem zweistelligen Ergebnis. Ein Erfolg der Rechtspopulisten könnte direkte Auswirkung auf die Regierungsbildung haben, obwohl alle anderen Parteien betonen, auf keinen Fall mit der AfD koalieren zu wollen. Aber wenn die AfD und vielleicht auch noch die FDP in Rheinland-Pfalz in den Landtag einziehen sollten, fehlt der bisherigen rotgrünen Koalition eine Mehrheit. Ähnlich könnte ein AfD-Erfolg auch dem grünroten Bündnis in Baden-Württemberg ein Ende setzen - und in Sachsen-Anhalt dafür sorgen, dass dort die Koalition aus CDU und SPD ebenfalls keine Mehrheit mehr hätte.
Der 14. März, der Tag nach der Wahl dürfte die weitere Entwicklung der Großen Koalition entscheidend beeinflussen. Denn wenn sich Unions-Kanzlerin Angela Merkel und SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel mit den Wahlkämpfern in den Parteizentralen vor die Presse stellen, wird ein Erfolg für sie stabilisierend wirken - ein Misserfolg aber die Frage nach ihrer politischen Zukunft aufwerfen. Aus Sicht der SPD ist vor allem die Wahl in Rheinland-Pfalz von Bedeutung, wo die Genossen seit 1991 durchgehend den Regierungschef stellen. Kippt Rheinland-Pfalz, dürfte die Nervosität aller anderen SPD-Landesfürsten zunehmen.
Flüchtlingskrise: Eine rasche Trendwende ist nicht zu erwarten. Niemand weiß, wie sich die Zahl der Flüchtlinge und Asylbewerber entwickelt. Die Kostenplanungen für 2016 gehen von etwa 800.000 Flüchtlingen aus. Das dürfte den Staat allein im nächsten Jahr etwa 20 Milliarden Euro kosten - nach jetziger Schätzung. Bisher gibt es keinen verbindlichen Plan - auch der EU nicht -, die Zuwanderung zu begrenzen. Die EU-Verteilung greift nur schleppend. Die Integration von Flüchtlingen, schnellere Asylverfahren sowie gemeinsame europäische Lösungen bleiben zentrale Themen. Mehr Geld wird im Kampf gegen Fluchtursachen und für Hilfen an Länder in der Krisenregion fällig.
Anti-Terror-Kampf: Die Bundesregierung will sich militärisch am internationalen Einsatz gegen die Terrororganisation IS beteiligen - und zwar auch ohne UN-Mandat. Die Bundesregierung wollte Deutschland ursprünglich aus den Luftangriffen gegen den IS heraushalten. Der Terror von Paris hat die Haltung aber verändert.
Innere Sicherheit: Mit dem militärischen Eingreifen wächst die Gefahr, dass auch Deutschland Ziel terroristischer Anschläge wird. Die Sicherheitsbehörden haben nach den Anschlägen von Paris bereits aufgerüstet. Die Debatte um schärfere Sicherheitsgesetze, Einschränkungen der Bürgerrechte sowie einen Einsatz der Bundeswehr auch im Innern dürfte intensiver werden.
Ukraine-Konflikt: Der Ukraine-Konflikt schwelt weiter. Bei der angestrebten Lösung spielt Deutschland eine herausgehobene Rolle. Es wird 2016 auch darum gehen, die Spannungen mit Russland abzubauen.
Europa: Die Europäische Union ist in einer tiefen Krise. Es häufen sich die Warnungen vor einem Bruch. In der Flüchtlingskrise nehmen nationale Egoismen zu, nationalistische Töne machen sich breit. Die offenen Grenzen wackeln - ohne "Schengen" droht aber dem Euro und dem Binnenmarkt ein herber Rückschlag.
Griechenland: Die Schuldenkrise in Griechenland dauert an - auch wenn sie ein wenig aus dem Blickfeld geraten ist. Zuletzt hatte die Athener Regierung weitere Reformen beschlossen und Hilfen aus dem dritten Rettungspaket erhalten, das 86 Milliarden Euro umfasst. Von zentraler Bedeutung ist, ob der Internationale Währungsfonds (IWF) bei der Lösung der Schuldenkrise weiter mit im Boot bleibt.
Bund-Länder-Finanzen: In den Verhandlungen über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen ab dem Jahr 2020 haben sich die 16 Länder auf ein gemeinsames Konzept verständigt. Jetzt stehen schwierige Verhandlungen mit dem Bund an. Denn der soll nach dem Willen der Länder Ausgleichszahlungen von anfangs jährlich knapp 9,7 Milliarden Euro leisten. Der Bund hatte dagegen 8,5 Milliarden Euro angeboten. Nach den Plänen der Länder soll der Länderfinanzausgleich abgeschafft und durch ein Umsatzsteuermodell ersetzt werden.
Energiewende: Experten sehen die nationalen Klimaschutzziele der Bundesregierung "erheblich" in Gefahr. Der Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid könne bis 2020 nicht im geplanten Umfang begrenzt werden, wenn nicht weit mehr unternommen werde.
Erbschaftssteuer: Das Bundesverfassungsgericht hatte die Begünstigung von Firmenerben in der bisherigen Form gekippt und vom Gesetzgeber eine Korrektur des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts bis zum 30. Juni 2016 verlangt. Bisher steht jedoch eine Einigung der Koalition aus. 2016 müssen die Änderungen aber greifen.
Quelle: ntv.de, cro/dpa/rts