"Dem Morden nicht weiter zusehen" De Maiziére fordert mehr Einsatz in Syrien
13.09.2015, 10:42 Uhr
"Nicht mit der notwendigen Entschiedenheit": Was kann, was muss Europa tun, wenn Diplomatie, Luftschläge oder Peschmerga-Hilfe nicht zum Ziel führen?
(Foto: REUTERS)
Die sprunghaft ansteigende Zuwanderung trägt den syrischen Bürgerkrieg schlagartig in die deutsche Innenpolitik: Thomas de Maiziére geht mit der bisherigen Linie des Westens hart ins Gericht. Er fordert Europa zum aktiven Eingreifen auf.
Der Auslöser der aktuellen Flüchtlingskrise liegt in Syrien: Mit Blick auf die Ursachen von Not und Vertreibung sprach sich Bundesminister Thomas de Maiziére für ein entschiedeneres Vorgehen der Europäer im Syrienkonflikt aus. "Wir dürfen dem Morden nicht weiter zusehen", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel".
Europa benötige eine sicherheitspolitische Strategie, die sich nicht "von vornherein auf Diplomatie beschränkt", erklärte de Maizière. Man könne die Terrormiliz IS nicht aus der Luft besiegen und sich nicht allein auf den Kampf der kurdischen Peschmerga am Boden verlassen. Damit kritisierte der Innenminister nicht nur den strategischen Kern der US-Politik im Kampf gegen den Islamischen Staat.
Bodentruppen aus Europa?
Indirekt schien sich Thomas de Maiziére damit für einen Militäreinsatz am Boden auszusprechen. Auf die Frage jedoch, ob der Westen notfalls eigene Bodentruppen in Syrien und dem Nordirak einsetzen sollte, antwortete de Maizière ausdrücklich mit "Nein". Wie genau der Vormarsch der fanatischen Islamisten in den Vorstellungen des Ministers gestoppt werden könnte, blieb damit allerdings offen.
De Maizière wünscht sich insgesamt mehr europäisches Engagement: Europa habe in der Vergangenheit in der Außen- und Sicherheitspolitik zu wenig entschlossen gehandelt, führte de Maizière weiter aus. "Der Westen hat Libyen bombardiert, und als der Diktator weg war, war das Engagement beendet. Auch der Kampf gegen den syrischen Diktator Assad und den sogenannten Islamischen Staat wird nicht mit der notwendigen Entschiedenheit geführt."
Beifall für Steinmeier aus Teheran
Während sich mit Thomas de Maizére ein prominenter CDU-Politiker als Hardliner in der Debatte um den Syrienkonflikt positioniert, erhält SPD-Politiker und Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier für seine Vorschläge zur Lösung der Krise Beifall aus dem Iran. Die Regierung in Teheran begrüßte Steinmeiers Aufruf zu einer politische Lösung in Syrien ausdrücklich.
"Wir sind bereit an jeder Verhandlung, die mit dem Kampf gegen den Terrorismus in der Region zu tun hat, teilzunehmen", sagte der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif. Der Iran unterstützt das Regime des syrischen Machthabers Baschar al-Assad.
Steinmeier hatte in einem Beitrag für den "Tagesspiegel" zu Verhandlungen mit Russland und dem Iran über eine politische Lösung für den Konflikt in Syrien aufgerufen. Die Atom-Vereinbarung mit dem Iran bezeichnete Steinmeier als eine vielleicht nicht wiederkehrende Gelegenheit, verhärtete Fronten endlich aufzubrechen.
Kursänderung in der Syrien-Politik?
Sarif sagte, die EU verfolge eine Politik in Syrien, die anstatt den Konflikt zu beenden, nur die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) gestärkt habe. "Seit dem Flüchtlingsdrama an europäischen Grenzen wurde das Problem besser verstanden", sagte Sarif. Er hoffe, dass es nun auch zu einer Kursänderung in Syrien kommt. Der IS sei hauptverantwortlich für das Leid der Menschen.
Es werde daher auch kein Ende der Flüchtlingswelle geben, solange der IS nicht effektiv bekämpft werde. "Dafür aber müsste erst der Syrien-Konflikt gelöst werden, intern und friedlich", sagte Sarif auf einer Pressekonferenz. Der außenpolitische Ansatz Teherans schließt eine Unterstützung des Assad-Regimes in Syrien ein. Die USA und der Westen sträuben sich gegen eine Einbindung des autoritär regierenden syrischen Präsidenten, der sich nur dank aktiver Waffenhilfe aus Iran und Russland im Multifrontenkrieg gegen Rebellengruppierungen und die Anhänger des radikalislamistischen IS halten kann.
Iran und Russland haben einen neuen Friedensplan für Syrien und eine neue Strategie im Kampf gegen den IS entworfen. In diesem Plan soll aber der syrische Präsident Baschar al-Assad weiterhin Teil der Lösung sein. Eine solche Lösung gilt nach bestehendem Ansatz in den USA und dem Westen als inakzeptabel. Aus Teheran heißt es dazu pointiert zugespitzt, Assad könne nur im Rahmen demokratischer Wahlen gestürzt werden, nicht aber über das Ausland.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa