Politik

Verletzte Kandidatin Reker gewählt Die Kölner Chaos-Wahl

Anhänger von Henriette Reker aus unterschiedlichen Parteien feierten im Kölner Rathaus zusammmen.

Anhänger von Henriette Reker aus unterschiedlichen Parteien feierten im Kölner Rathaus zusammmen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Mit fünf Wochen Verspätung können die Kölner endlich wählen. Und sie verhelfen der CDU nach langer Zeit wieder zu einem Wahlerfolg in einer Millionenstadt. Möglicherweise weiß die siegreiche Kandidatin davon noch gar nichts.

Nach dem Attentat auf Oberbürgermeister-Kandidatin Henriette Reker hatten in der Kölner Innenstadt Politiker unterschiedlicher Parteien Solidarität bekundet. "Jetzt erst recht wählen gehen", forderten sie die Kölner später über soziale Netzwerke auf. Es brauche ein Zeichen, dass sich die Demokratie nicht einschüchtern lässt. Doch dieses Zeichen haben die Kölner nicht gegeben. Nur 40 Prozent gingen zur Wahl. Von den anderen mögen viele verunsichert gewesen sein, manche hatten vielleicht auch Angst vor weiteren Anschlägen.

Dass sich dadurch das Ergebnis der Wahl maßgeblich verändert hätte, ist unwahrscheinlich. Reker galt als Favoritin, weil sie von CDU, Grünen, FDP und weiteren Parteien unterstützt wurde. Dass sie nun im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreicht, ist für die Kölner eine gute Nachricht: Wegen fehlerhafter Wahlzettel musste die Abstimmung um fünf Wochen verschoben werden. Der Wahlkampf zog sich dadurch in die Länge.

Reker in der Aufwachphase

Dann das Attentat auf Reker am Tag vor der Wahl. Ein Rechtsextremer war mit einem Messer auf die Kandidatin losgegangen und stach ihr in den Hals. Der Täter verletzte noch vier weitere Menschen, ließ sich dann aber ohne Gegenwehr von der Polizei festnehmen. Mittlerweile ist klar, dass er voll schuldfähig ist. Er war in den 1990er Jahren in der rechten Szene aktiv, danach aber wohl unauffällig.

Die Verletzungen Rekers sind ernst, allerdings ist sie nicht mehr in Lebensgefahr und wird wahrscheinlich wieder gesund. Wie schwer sie getroffen wurde, lässt sich auch daran erkennen, dass sie aus gesundheitlichen Gründen ihre Stimme nicht abgeben konnte: Sie wurde zur Verbesserung der Heilung in eine Langzeit-Narkose versetzt. Ein Mitarbeiter Rekers sagte, sie befinde sich in einer langsamen Aufwachphase. Ihr Ehemann sollte ihr die Botschaft überbringen.

Die Wahl Rekers bedeutet einen Erfolg für Grüne und CDU. Reker steht von allen Parteien den Grünen am nächsten. Aus Sicht der CDU war es geschickt, auf Reker zu setzen, weil sie nun einen Wahlerfolg verbuchen kann, der mit einem eigenen Kandidaten sehr viel unwahrscheinlicher gewesen wäre. Wie viel Loyalität die Oberbürgermeisterin der CDU entgegenbringt, wird sich noch zeigen. Im Wahlkampf hatte sie stets betont, überparteilich arbeiten zu wollen.

Gegenkandidat hofft auf Zusammenarbeit

Auch für die Bundes-CDU ist dieser Erfolg wichtig. In den letzten Jahren verlor die Partei ein Großstadt-Rathaus nach dem anderen. Eine Umkehr dieses Trends hatte es erst bei den jüngsten Wahlen in NRW gegeben: Die CDU stellt seitdem die Bürgermeister von Oberhausen und Bonn. Allerdings verlor sie die Wahl zum Beispiel in Wuppertal, was seit der Wahl in Dresden, die im Juni stattgefunden hatte, die größte deutsche Stadt mit einem Oberbürgermeister von der CDU gewesen war. Nun also kann die CDU darauf verweisen, zumindest mit Unterstützung von Grünen und FDP eine OB-Wahl in einer Millionenstadt gewonnen zu haben.

Mit Reker bekommen die Kölner eine ruhige, eher unauffällige Oberbürgermeisterin. Bislang ist sie als Sozialdezernentin bei der Stadt beschäftigt. Im Wahlkampf punktete die 58-Jährige mit ihrer Verwaltungs- und Führungserfahrung, die ihr 41 Jahre alter SPD-Kontrahent Jochen Ott nicht vorzuweisen hatte. Ott hatte versucht, Reker auf diesem Gebiet im Wahlkampf anzugreifen: Als Sozialdezernentin ist Reker auch für die Unterbringung von Flüchtlingen zuständig. Ott hatte kritisiert, dass die Organisation nicht gut laufe und dass den Schulen viele Turnhallen wegen der Flüchtlinge nicht zur Verfügung stehen.

Als das Wahlerbenis feststand, gratulierte Ott, der SPD-Chef bleiben möchte. Er reiche der neuen Oberbürgermeister die Hand zu einer guten Zusammenarbeit und hoffe, dass sie ihr Amt bald werde antreten können. Er kritisierte außerdem die geringe Wahlbeteiligung.

Quelle: ntv.de

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