Trittin im "ntv Frühstart" "Dieser Haushalt wird verabschiedet werden"
20.11.2023, 10:39 Uhr Artikel anhören
60 Milliarden Euro fehlen im Plan der Bundesregierung nach dem Schuldenbremsen-Urteil. Das sei aber kein Grund, die Verabschiedung des Haushalts hinauszuzögern, sagt Grünen-Politiker Trittin bei ntv. Der außenpolitische Sprecher der Grünen kritisiert zudem linke Israel-Gegner, die das Land als Kolonialmacht darstellen.
Trotz des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zur Einhaltung der Schuldenbremse will die Bundesregierung noch in der laufenden Woche den Haushalt für das kommende Jahr festzurren. "Dieser Haushalt wird verabschiedet werden", bekräftige Grünen-Politiker Jürgen Trittin diese Pläne in der ntv-Sendung "Frühstart". Er widersprach damit Forderungen der Union nach einer grundsätzlichen Überarbeitung: Der Klima- und Transformationsfonds (KTF) bedürfe zwar einer Korrektur, aber diese könne man auch "in Ruhe" nach Verabschiedung des Haushalts vornehmen, sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion.
Die Richter in Karlsruhe hatten am Mittwoch das Umschichten von 60 Milliarden Euro in den KTF, die im Zuge der Corona-Pandemie als Staatsschulden aufgenommen worden waren, für illegal erklärt. Der Bund muss zahlreiche Vorhaben, für die der KTF Mittel bereithielt, nun streichen, kürzen oder anderweitig finanzieren. Das Sondervermögen im KTF sei getrennt vom Haushalt, sagte Trittin. "Da gibt es also keinen Grund, den Haushalt nicht zu verabschieden."
Aus Sicht der Union macht die Ampel im Haushaltsverfahren weiter, als wäre nichts geschehen. Trittin allerdings rät dazu, sich auf das zu konzentrieren, was in der kommenden Woche ansteht. Der Haushalt sei gegenüber dem Entwurf von Bundesfinanzminister Christian Lindner deutlich besser geworden. "Er setzt bessere Signale als vorher und dieser Haushalt wird verabschiedet werden."
Trittin: Gründung Israels ein antikolonialer Akt
Mit Blick auf den Nahost-Konflikt zeigte sich Trittin zurückhaltend, was die Frage einer Verurteilung Israels angeht. Israel wehre sich gegen einen Feind, der permanent Kriegsverbrechen begehe, sagte Trittin. Er glaube, dass Deutschland eine kluge Rolle im Nahost-Konflikt spiele. "Wir haben sehr früh gesagt, dass Israel das Recht und übrigens auch die Pflicht zur Selbstverteidigung für die Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger hat, aber dass dieses natürlich im Rahmen des geltenden humanitären Völkerrechts zu geschehen hat", sagte Trittin.
International positionieren sich weite Teile der politischen Linken allerdings deutlich auf Seite der Palästinenser. In Belgien beispielsweise fordert die stellvertretende Ministerpräsidentin Sanktionen gegen Israel. Oftmals wird Israel in diesem Zusammenhang als Kolonialmacht bezeichnet. Das hält Trittin für fehlgeleitet. "Es macht keinen Sinn, einen Diskurs zu führen, der zum Beispiel leugnet, dass die Gründung - die Unabhängigkeitserklärung des Staates Israels - ein antikolonialer Akt gewesen ist, nämlich gegen die britischen Besatzer, und so zu tun, als wenn die neue Kolonialmacht in dieser Region Israel sei", sagte Trittin.
Auch in Zukunft würden in der Region Christen, Juden und Muslime leben und es sei auch Deutschlands Verantwortung, für diese Menschen eine sichere Zukunft zu schaffen. Das gehe nur mit einer Zweistaatenlösung.
Befreiung der Geiseln von zentraler Bedeutung
Bei seinem Besuch in Israel sei aber deutlich geworden, dass im Moment die Befreiung der Geiseln für weite Teile der israelischen Gesellschaft absolute Priorität habe. "Ich glaube, das ist für die innere Situation Israels von zentraler Bedeutung", sagte Trittin. "Das heißt nicht, dass die Angehörigen den Krieg gegen die Hamas missbilligen. Sie glauben auch, dass es eine Freilassung nur geben wird, wenn es weiter militärischen Druck auf die Hamas geben wird."
Von einem Boykott des G20-Gipfels angesichts einer Teilnahme des russischen Präsidenten Wladimir Putin hält Jürgen Trittin nichts. Es gebe innerhalb der G20 so wichtige Akteure für die internationale Politik, wie Südafrika, Indien oder Brasilien, dass Deutschland und seine Verbündeten den Dialog mit diesen suchen sollten. "Und dann wird man halt auf diesem Gipfel, wie das bei anderen Gelegenheiten dann Herrn Lawrow widerfahren ist, Klartext mit Putin reden", sagte Trittin. Putin könne bei dem Gipfeltreffen zugegen sein und trotzdem isoliert werden - was er verdient habe.
Quelle: ntv.de, cpf/shu