Politik

Ministergrillen für Feinschmecker Dobrindts peinliche Maut-Präsentation

Wohlfühlen sieht anders aus: Verkehrsminister Dobrindt in der Bundespressekonferenz.

Wohlfühlen sieht anders aus: Verkehrsminister Dobrindt in der Bundespressekonferenz.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Idee wirkte einmal ziemlich sexy, zumindest für die CSU: die "Ausländermaut". Heute traut sich selbst der Minister, der sie jetzt einführen muss, nicht mehr, das Wort "Ausländermaut" auszusprechen. Ein unangenehmer Auftritt.

Es gibt Gesetzes-Präsentationen, bei denen Spitzenpolitiker mit stolzgeschwellter Brust vor die Presse treten. Und es gibt die Präsentation der "Infrastrukturabgabe für die Benutzung von Bundesfernstraßen" von Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Der CSU-Politiker nennt sein Gesetz einen "Systemwechsel von einer vorwiegend steuerfinanzierten Infrastruktur hin zu einer nutzerorientierten Infrastruktur." Das klingt noch gewaltiger als der sperrige Name des Gesetzesentwurfes, den das Bundeskabinett jetzt gebilligt hat, doch tatsächlich ist auch das nur der Versuch, die große Leere durch noch größere Wortgebilde zu stopfen. Es geht darum, irgendwie das Gesicht zu wahren, zumindest so zu wirken, als würde man mit stolzgeschwellter Brust auftreten.

500 Millionen Euro zusätzlich soll die Maut in die Staatskasse spülen.

500 Millionen Euro zusätzlich soll die Maut in die Staatskasse spülen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Gleich eine der ersten Fragen der Journalisten macht Dobrindts Vorhaben aber zunichte: "Wieso sprechen Sie bei dem Gesetz eigentlich nicht mehr von 'Ausländermaut'?" Das große Ministergrillen ist eröffnet.

Dobrindts CSU hat im Bundestagswahlkampf versprochen, eine Gebühr für die Nutzung von Straßen in Deutschland einzuführen, die nur für Ausländer anfällt. Doch von diesem Vorhaben ist kaum noch etwas übrig geblieben - weil die Koalitionspartner wenig von der Idee hielten, vor allem aber, weil die EU das Vorhaben für eine nicht zulässige Diskriminierung hält.

Dobrindt trickste, wo er nur konnte, um trotzdem ein Gesetz auf den Weg zu bringen. Dabei galt es, den Schein zu wahren, eine "Ausländermaut" einzuführen und zugleich all die Einwände zu berücksichtigen, die sie anfechtbar machen. Das Ergebnis: eine Maut, die alle, auch deutsche Autofahrer, zahlen müssen. Die Einheimischen bekommen eine Erleichterung bei der Kraftfahrzeugssteuer, doch ist die nicht für die Ewigkeit garantiert. Der Gesetzentwurf ist Flickwerk.

Dobrindt windet sich

Wohl wissend, dass Dobrindt ihm keine Antwort liefern wird, fragt einer der Journalisten ihn sichtlich genießend trotzdem noch zwei Mal, warum er sein Gesetz jetzt eigentlich "Infrastrukturmaßnahme" nennt und nicht mehr "Ausländermaut". "Wir haben Wort gehalten", sagt Dobrindt. "Die Maut kommt, so wie sie im Koalitionsvertrag vereinbart ist." Dobrindt windet sich weiter: "Es ist alles eingehalten, ich bin ausdrücklich zufrieden." Das Wort "Ausländermaut" wagt er nicht in den Mund zu nehmen.

Die nächsten Fragen machen es ihm nicht leichter. Da will ein anderer Journalist wissen, warum es für die "Infrastrukturabgabe" letztlich zwei Gesetze brauche. Eines des Verkehrsministeriums für die Mautabgabe, die auch Inländer zahlen müssen, und eines für die Entlastung bei der Kraftfahrzeugsteuer durch das Finanzministerium. Der Fragesteller kennt die Antwort schon, ein Umstand, der auch für praktisch alle anderen Fragen gilt. Aber hier geht es eben nicht um den Nachrichtenwert. Dobrindt wird vorgeführt.

Da nützt es auch nichts, dass er die zusätzlichen Einnahmen des Bundes durch die Maut immer wieder hervorhebt. 500 Millionen Euro sollen es im Jahr sein. Denn es lässt sich beherzt darüber streiten, ob diese Summe einen Streit mit der EU-Kommission wert ist. Der Verkehrsetat beläuft sich 2015 auf mehr als 21 Milliarden Euro. Der "Systemwechsel" Dobrindts wird die Realität von Schlaglöchern auf deutschen Straßen kaum grundsätzlich ändern.

Diskriminierte Deutsche

Den finalen Stoß versetzt Dobrindt die Frage, ob seine "Infrastrukturabgabe" nicht in Wirklichkeit die deutschen Autofahrer diskriminiert. Denn - so sieht es zumindest das Gesetz vor - Ausländer sollen nur zahlen, wenn sie Autobahnen nutzen. Deutsche müssen auch für Bundesstraßen zur Kasse greifen. Der Grund ist die Angst auch von Dobrindts Parteikollegen in den Ländern, dass eine generelle Eintrittsgebühr für Ausländer den Grenzregionen am Ende wirtschaftlich schaden könnte.

Nun lässt sich trefflich darüber streiten, ob der Diskriminierungsvorwurf berechtigt ist, schließlich sieht das Konzept ja eine Entlastung der deutschen Autofahrer über die Kraftfahrzeugsteuer vor. Eines ist spätestens an dieser Stelle aber klar: Das Ziel der CSU, beim Wähler mit der Forderung zu punkten, dass Ausländer gefälligst für die Nutzung deutscher Straßen zahlen sollen, steht auf sehr schwammigem Fundament. Die Maut kommt. Das gilt seit dem Kabinettsbeschluss als sicher. Aber es geht für die CSU mittlerweile nicht mehr um die Frage, wie viel politisches Kapital sie aus dem Projekt schlagen kann. Es geht nun eher darum, größeren politischen Schaden abzuwenden.

Quelle: ntv.de

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