Politik

Verfahren gegen Ungarn und Polen EU-Parlament will von der Leyen verklagen

Untätigkeitsklage gegen von der Leyen: Die EU-Kommissionschefin wartet noch auf einen Spruch des EU-Gerichts.

Untätigkeitsklage gegen von der Leyen: Die EU-Kommissionschefin wartet noch auf einen Spruch des EU-Gerichts.

(Foto: picture alliance / Juan Carlos Rojas)

Im Streit um Strafmaßnahmen gegen Polen und Ungarn wegen Zweifeln an deren Rechtsstaatlichkeit macht das EU-Parlament Druck auf EU-Kommissionschefin von der Leyen. Weil das Verfahren gegen die beiden Länder immer noch nicht läuft, bereiten die Abgeordneten eine Untätigkeitsklage vor.

Im Streit um mögliche Verfahren zur Kürzung von EU-Mitteln für Länder wie Polen und Ungarn hat die EU-Kommission von Ursula von der Leyen eine Frist des Europaparlaments verstreichen lassen. Die Brüsseler Behörde bestätigte, dass bislang keine Verfahren eingeleitet wurden. Sie betonte allerdings erneut, dass die Vorbereitungen dafür laufen.

Das Europaparlament hatte die zuständige EU-Kommission zuletzt im Juni unter Androhung einer Untätigkeitsklage aufgefordert, endlich ein neues Verfahren zur Ahndung von Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit in der EU zu nutzen. Das damals beschlossene Vorgehen sah dafür eine Frist bis zum heutigen Dienstag vor. Nun kann innerhalb der nächsten zwei Monate beim Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) eine Untätigkeitsklage eingereicht werden. "Der nächste Schritt ist nun, dass wir die Klageschrift vorbereiten und beim Europäischen Gerichtshof einreichen", erklärte der deutsche Grünen-Politiker Daniel Freund.

Mit ihrem Vorgehen, nicht auf die Forderungen der breiten Mehrheit der Abgeordneten einzugehen, eskaliere die Kommissionspräsidentin den Streit. Das neue Verfahren zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstößen ein Missbrauch der Gelder droht. Kritiker werfen sowohl der ungarischen als auch der polnischen Regierung vor, die Justiz entgegen den EU-Standards zu beeinflussen. Sie sehen deswegen auch eine Gefahr für den EU-Haushalt, weil in der Regel nationale Strafverfolgungsbehörden und Gerichte für die Aufklärung eines möglichen Missbrauchs von EU-Geldern zuständig sind.

Einspruch von Polen und Ungarn vor dem EuGH abwarten

Polen und Ungarn weisen die Vorwürfe zurück und haben auch vor dem EuGH gegen das neue Verfahren geklagt. Sie gehen davon aus, dass der sogenannte Konditionalitätsmechanismus nicht mit dem geltenden EU-Recht vereinbar ist. So dürfen aus polnischer Sicht für die Vergabe von Geld aus dem EU-Haushalt einzig "objektive und konkrete Bedingungen" gelten. Die EU habe keine Befugnis, den Begriff "Rechtsstaat" zu definieren, heißt es. Für Polen und Ungarn könnte es um erhebliche Summen gehen. Aus dem regulären EU-Haushalt erhielt Polen zuletzt rund 18,1 Milliarden Euro pro Jahr, Ungarn rund 6,1 Milliarden Euro. Zudem rechnet Polen mit rund 23,9 Milliarden Euro an Corona-Hilfen, Ungarn mit rund 7,2 Milliarden Euro.

Dass es bislang noch keine Verfahren für Mittelkürzungen gibt, liegt daran, dass die EU-Kommission nach einer Einigung der Staats- und Regierungschefs eigentlich erst dann tätig werden soll, wenn der EuGH über die Klage von Ungarn und Polen gegen die neue Regelung entschieden hat. Mit diesem Zugeständnis waren die Regierungen in Budapest und Warschau im vergangenen Jahr dazu gebracht worden, ihre Blockade von wichtigen EU-Haushaltsentscheidungen aufzugeben.

Die für die Einleitung von Sanktionsverfahren zuständige EU-Kommission hatte zuletzt vor der Sommerpause versprochen, im Herbst die ersten Verfahren auf den Weg zu bringen. Zugleich machte Kommissionspräsidentin von der Leyen deutlich, dass der EuGH vor endgültigen Entscheidungen noch über den von Polen und Ungarn eingelegten Einspruch gegen das im vergangenen Jahr geschaffene Sanktionsinstrument entscheiden muss. Wann er ein Urteil in der Sache sprechen wird, war bis zuletzt nicht bekannt.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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