Politik

Athen hat "Verhandlungstisch verlassen" EU taumelt zwischen Schock und Sprachlosigkeit

Die Euro-Gruppe ist am Ende unerbittlich und lehnt einen einmonatigen Zahlungsaufschub ab.

Die Euro-Gruppe ist am Ende unerbittlich und lehnt einen einmonatigen Zahlungsaufschub ab.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Wie ein Erdbeben erschüttert Athens Ankündigung eines Referendums seine Gläubiger. Nur noch wenige bemühen sich um Zuversicht. Die Mehrheit der EU-Finanzminister sieht keine Verhandlungsgrundlage mehr. In Brüssel beginnt in diesen Stunden der Showdown.

Athen hat mit seinem Vorschlag eines Referendums über die Sparvorgaben der Gläubiger für Entsetzen in der Eurozone gesorgt. Mehrere Finanzminister sehen nun keine Möglichkeiten mehr, das laufende Hilfsprogramm zu verlängern. Zudem sehen einige faktisch keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen. "Plan B wird nun zu Plan A", sagte der finnische Finanzminister Alexander Stubb. In der Sitzung der Eurogruppe erhoffen sie sich nun Aufklärung von Athens oberstem Kassenwart Yanis Varoufakis. Parallel zur Sitzung in Brüssel hat derweil das Athener Parlament mit der Debatte über die Volksbefragung begonnen. Eine Entscheidung wird am Abend erwartet.

Ungeachtet der angespannte Lage betonten jedoch mehrere Minister auch, dass die Griechen natürlich das Recht hätten, in einem Referendum zu entscheiden. Die Entscheidung dafür komme aber wenige Tage vor Auslaufen des Rettungsprogramms viel zu spät. Es sei zudem "bizarr", wenn eine Regierung eine Volksabstimmung ansetze und selbst ankündige, dass sie für eine Ablehnung sei, sagte der belgische Finanzminister Johan Van Overtveldt.

Draghi wortlos - Schäuble illusionslos

Varoufakis und der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, gingen wortlos zum Treffen. Nach dem neuerlichen Vorstoß aus Athen sieht Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble keine Grundlage mehr für weitere Verhandlungen mit Athen. Die griechische Regierung habe einseitig die Verhandlungen beendet, sagte er vor dem Treffen in Brüssel. Jetzt müsse gesehen werden, was daraus folge. Das Hilfsprogramm für Athen ende am 30. Juni.  Die Lage der griechischen Banken sei bekannt, sagte Schäuble weiter. Aber das sei Sache der griechischen Regierung und der EZB.

Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem zeigte sich "negativ überrascht". Dies sei eine "traurige Entscheidung" für Griechenland, denn sie habe "die Tür geschlossen" für weitere Verhandlungen. "In unseren Vorstellungen war die Tür noch offen", meinte der niederländische Finanzminister. Nun werde die Eurogruppe hören, was die griechische Regierung zu sagen hat, "und dann über die Konsequenzen reden".

"Dann ist das Programm vorbei"

IWF-Chefin Christine Lagarde betonte, eine Einigung müsse ausgewogen sein zwischen Strukturreformen und Konsolidierung einerseits und Finanzhilfe andererseits. "Wir werden weiter arbeiten", kündigte die Französin an.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici sagte, man wolle Griechenland weiter in der Eurozone halten. Dort sei weiter Athens Platz. Varoufakis müsse sagen, welches die Position der griechischen Regierung sei. "Eine Einigung ist nicht außer Reichweite", betonte er. "Wo ein Wille ist, ist ein Weg", sagte er. Die griechische Regierung müsse aber "ihren eigenen Willen beweisen".

Österreichs Finanzminister Hans-Jörg Schelling sprach von einer dramatischen Situation. Durch Athens Vorgehen seien der Eurozone "mehr oder weniger" die Hände gebunden. Auch er rechnet nicht mit einer Verlängerung des laufenden Programms. Athen habe "in Wahrheit den Verhandlungstisch verlassen". Irritiert zeigte er sich zudem über Athens Pläne noch aus einem anderen Grund: Worüber soll abgestimmt werden, wenn es noch gar keine Einigung gebe.

Eine Entscheidung fordert nun der slowakische Finanzminister Peter Kasimír. Es sei nicht das erste Mal, dass Athen für Drama sorge. "Wenn die griechische Regierung das Paket auf dem Tisch ablehnt, ist das Programm vorbei."

Ohne eine Einigung verfallen Ende Juni die blockierten Kredithilfen der Geldgeber in Höhe von 7,2 Milliarden Euro. Dies betrifft auch knapp elf Milliarden Euro, die eigentlich für die Stabilisierung griechischen Banken reserviert sind. Am 30. Juni muss Athen zudem auch eine Kreditrate von 1,54 Milliarden Euro an den IWF zurückzahlen. Ob dies angesichts leerer Kassen gelingt, ist offen. Eine Zahlungsunfähigkeit schon unmittelbar am 1. Juli bei endgültig gescheiterten Verhandlungen gilt aber als ausgeschlossen.

Hier finden Sie eine Übersetzung von Tsipras' nächtlicher Ansprache.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/dpa/DJ

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