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AfD bei "Hart aber fair" Ecke: "Es ist eine organisierte Bedrohung"

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Dem sächsischen SPD-Spitzendkandidat Ecke ist noch immer gezeichnet vom Überfall auf ihn.

Dem sächsischen SPD-Spitzendkandidat Ecke ist noch immer gezeichnet vom Überfall auf ihn.

(Foto: ©WDR/Oliver Ziebe)

Die Meldungen über tätliche Angriffe auf Politiker häufen sich. Wo liegen die Ursachen für diese gesellschaftliche Verrohung? Die AfD-Politikerin Beatrix von Storch ist zu Gast bei "Hart aber fair" und für sie ist die Sache klar: An allen, nur nicht an ihrer Partei.

Freitagabend vor einer Woche. Der sächsische SPD-Spitzenkandidat für die Europawahl, Matthias Ecke, wird in der Schandauer Straße im Dresdner Stadtteil Striesen von vier jungen Männern überfallen und zusammengeschlagen. Ein Team der ARD-Talkshow "Hart aber fair" besucht ihn am Sonntag. Man sieht die Verletzungen am Jochbein noch deutlich. "Es war ein harter Schlag und eine schwere Verletzung", erzählt Ecke. Aber er sei froh gewesen über die Anteilnahme und die Solidarität, die er erfahren habe. "Es geht mir schon wieder besser", sagt er. Ecke lässt sich nicht unterkriegen. Er will den Wahlkampf für die Europawahlen im Juni fortsetzen. Dennoch weiß er: "Es war knapp. Es hätte das Auge treffen können. Zum Glück ist nur das Jochbein und die Augenhöhle gebrochen." Am Ende werden nur ein paar Narben zurückbleiben. Die wird man sehen. "Aber es hat etwas mit mir gemacht", sagt Ecke. "Ich denke, dass es ein Angriff auf die Demokratie war."

In Deutschland, auch in Sachsen, sei seit Jahren eine Verrohung des politischen Klimas zu beobachten, sagt Ecke. "Es ist eine organisierte Verrohung, die von der AfD und von anderen extremen Rechten vorangetrieben wird. Dass es in diesem Wahljahr auch zu gewalttätigen Übergriffen kommt, ist etwas, womit wir fast schon rechnen. Und das ist eigentlich kein Zustand", analysiert der Politiker. "Aber man muss natürlich auch zur Kenntnis nehmen, dass der Wind auch zwischen den demokratischen Parteien rauer geworden ist. Ich sehe mit Sorge, dass gerade gegenüber Politikern der Ampel teilweise eine Rhetorik auch von der demokratischen Opposition gefahren wird, die manchmal Wasser auf die Mühlen ist." Angriffe auf Politiker seien immer inakzeptabel. Zugleich brauche es eine sachlichere Form der Debatte zwischen Koalition und Opposition um die besten Ideen, sowie eine klare Abgrenzung der demokratischen Parteien zur AfD.

Von Storch und die "Nazis"

Bei "Hart aber fair" soll es am Montagabend um die wachsende Gewalt gegen Politiker gehen, von der besonders die Grünen und die AfD betroffen sind. Dazu ist die stellvertretende AfD-Vorsitzende Beatrix von Storch eingeladen, die es mit der Wahrheit nicht immer ganz genau nimmt. Die AfD stehe auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, werde aber im Bundestag überall ausgeschlossen. Man bezeichne deren Abgeordneten als nicht demokratisch. Jede Bundestagssitzung werde von der Präsidentin ausdrücklich mit der Begrüßung der "Demokratinnen und Demokraten" eingeleitet.

Ein absoluter Unsinn, wie jeder nachvollziehen kann, der sich die im Internet frei zugänglichen Protokolle des Bundestags durchliest oder die Aufzeichnungen der Bundestagssitzungen anhört. Die AfD werde täglich im Plenum des Bundestages als "Nazi" beschimpft, kritisiert von Storch. Dass sie selbst den SPD-Bundestagsabgeordneten Sebastian Fiedler so genannt hat, übergeht sie, obwohl sie mehrmals von Moderator Louis Klamroth darauf angesprochen wird. Auch, dass sie die grüne Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt als "Klimanazi" bezeichnet hat, scheint ihr egal. Und auf diverse unwahre Behauptungen in sozialen Netzwerken wird von Storch erst gar nicht angesprochen. Bemerkungen wie diese auf X: "Die fortwährenden Angriffe gegen AfD-Politiker sind das Werk von Faeser und den anderen Linksextremisten in der Regierung."

Von Storch sieht eine Polarisierung in der Gesellschaft, "weil der gesellschaftliche Konsens aufgekündigt worden ist." Und dann erklärt sie, was dieser Konsens ihrer Meinung nach ist: "Wir sind kein Einwanderungsland. Wir brauchen Energie aus Kohle und Kernkraft. Und es gibt zwei Geschlechter und nicht 96. Und diesen Konsens haben Sie aufgekündigt."

Die undemokratische AfD

Auch Katrin Göring-Eckardt findet: Der politische Diskurs hat sich verschärft. Dafür macht die Grünen-Politikerin aber die AfD verantwortlich. "Sie sind demokratisch gewählt, aber deswegen sind sie nicht Demokraten. Weil Sie versuchen, mit allem, was in Ihrem Programm steht und mit Ihrer Haltung, unser demokratisches System zumindest auszuhöhlen oder zu unterminieren. Und das können wir als Demokratinnen und Demokraten nicht akzeptieren." Im ersten Artikel des Grundgesetzes heiße es: "Die Würde des Menschen ist unantastbar." Aber im Parlament würden die AfD-Abgeordneten Menschen beleidigen, so Göring-Eckardt. "Sie beurteilen die Menschen nach ihrer Kleidung, wie sie leben, wie sie lieben, wo sie herkommen. Und das höhlt unsere Demokratie und unser Grundgesetz aus, denn die Menschenwürde gilt für alle."

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Auch die stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Dorothee Bär von der CSU hat eine Verrohung der Sprache im Bundestag festgestellt, seit die AfD im Parlament ist. "Es ist im Plenum überhaupt nicht möglich, eine normale Debatte zu führen, denn die AfD möchte keine normalen Debatten führen. Die AfD lebt ja von Hass und Hetze, denn das zahlt ja auf ihr Prozentpunkte-Konto ein." Bei ihren Bundestagsreden würden AfD-Abgeordnete nur die Zuschauer auf Youtube begrüßen, sagt Bär - eine Behauptung, die falsch ist, wie man in den Sitzungsprotokollen nachlesen kann. Von Storch selbst mache ausländer- und frauenfeindliche Zwischenrufe. "Der Diskurs ist so vergiftet und so kaputt, seit die AfD im Bundestag ist", sagt Bär.

Doch kann das zur Verrohung in der Gesellschaft beitragen? Der stellvertretende "Zeit"-Chefredakteur Martin Machowecz glaubt das nicht: "Wir haben jetzt sehr viel Zeit damit zugebracht, uns gegenseitig die Schuld für die Diskurslage zuzuschieben", sagt er im Laufe der Sendung. "Ich würde mir schon wünschen, dass von der CDU bis zu den Grünen alle sagen, wir haben eine Verantwortung dafür, dass es in diesem Land funktioniert und dass die Probleme gelöst werden. Und das bringt viele Leute vielleicht auch wieder von der AfD zurück.

"Das tun wir ja", antwortet Katrin Göring-Eckardt, und auch der SPD-Politiker Sebastian Fiedler sagt: "Die Regierung arbeitet tagtäglich daran, die Probleme der Leute zu lösen." "Nur scheinen die Menschen damit im Moment nicht besonders zufrieden zu sein", entgegnet Machowecz. Bei den Politikern erntet er dafür nur wenig Zustimmung.

Dennoch ist der Journalist sicher: "Man kann der AfD beikommen." Im Moment verliere die Partei an Zustimmung. "Es gibt vielleicht keinen Grund zu sagen, alles wird furchtbar sein in diesem Jahr. Man könnte auch sagen, Vielleicht gibt es einen Grund zur Hoffnung. Und gute Politik könnte etwas dafür tun."

Quelle: ntv.de

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