Politik

Gabriel greift Union frontal an Es kracht gewaltig in der Groko

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Zwischen SPD und Union fliegen die Fetzen. Außenminister Gabriel greift die Kanzlerin und ihre Partei offen an. Er wirft der CDU ein falsches und verlogenes Spiel vor – die so Angegriffenen wehren sich ebenso deftig.

Außenminister Sigmar Gabriel geht in der Debatte über die G20-Krawalle auf Konfrontation zum Koalitionspartner und greift Kanzlerin Angela Merkel offen an. Der einstige SPD-Chef wirft der Union "ein bisher nicht gekanntes Maß an Verlogenheit" vor. Den Zeitungen der Funke Mediengruppe sagte Gabriel, wer den Rückzug des Hamburger SPD-Bürgermeisters Olaf Scholz fordere, der müsse auch Merkels Rücktritt verlangen. Die CSU kritisierte das als "flegelhaften Tiefschlag".

Scholz ist seit den Krawallen während des G20-Gipfels in Hamburg heftiger Kritik ausgesetzt. Dem Bürgermeister wird vorgeworfen, er habe die Gefahren unterschätzt, verharmlost und nicht ausreichend für Sicherheit gesorgt. Aus der Hamburger CDU kamen Rücktrittsforderungen an Scholz. Die Bundes-CDU schloss sich dem ausdrücklich nicht an. Schließlich war die CDU-Chefin, Kanzlerin Merkel, Gastgeberin des internationalen Gipfels.

Gabriel polterte nun derbe gegen den Koalitionspartner. Er warf der Union vor, ein "doppelzüngiges Schwarze-Peter-Spiel" zu betreiben. Scholz werde von Bundespolitikern der Union wie Kanzleramtschef Peter Altmaier in Schutz genommen, während die CDU auf Landesebene seinen Rücktritt fordere. Dies sei "infamer und böser Wahlkampf". Dies Vorgehen sei geeignet, "die politische Kultur auf viele Jahre hin zu vergiften". Der Vizekanzler sagte, Merkel trage die Verantwortung für die Wahl des Gipfelorts. Sie habe damit das "heimliche Ziel" der Selbstinszenierung kurz vor der Bundestagswahl verfolgt. Auch politisch nannte er den Gipfel einen "totalen Fehlschlag".

Union giftet zurück

Bundesgesundheitsminister und CDU-Mann Hermann Gröhe, spottete über die Verbal-Attacke seines Kabinettskollegen. Bei Twitter schrieb Gröhe: "pure Panik pöbelt peinlich!" CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer wies die Angriffe ebenfalls scharf zurück. "Gabriel sind die Sicherungen durchgebrannt", sagte Scheuer der "Bild"-Zeitung. Die Äußerungen seien ein "flegelhafter Tiefschlag eines wahlkämpfenden Gabriel, der die Nerven verloren hat". Gabriel selbst sei Scholz vor dem Gipfel in den Rücken gefallen und habe ihn danach zum Abschuss freigegeben, "und jetzt sucht er die Schuld bei anderen".

Gabriel hatte kurz vor dem Start des G20-Gipfels gemeinsam mit SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz dafür plädiert, diese Treffen nur noch in New York abzuhalten. Den Gipfel mitten in einer Großstadt zu veranstalten - noch dazu in einer Stadt mit einer starken linken Szene - sorgt seit Längerem für Kritik. Zentrum der linksautonomen Szene ist die Rote Flora im Hamburger Schanzenviertel. Sie stand auch hinter der "Welcome to Hell"-Demonstration, bei der es am Donnerstagabend schon vor Beginn des G20-Gipfels schwere Krawalle gegeben hatte.

Forderungen, Rote Flora zu schließen

Führende CDU-Politiker verlangten eine Räumung solcher linksautonomer Zentren. Generalsekretär Peter Tauber sagte im hessischen Bad Orb: "Die Rote Flora gehört aus meiner Sicht geschlossen." Bundesinnenminister Thomas de Maizière mahnte: "So etwas wie die Rote Flora, besetzte Häuser in Berlin und so etwas, was es in Connewitz in Leipzig gibt, kann man nicht hinnehmen." Scholz hat die Existenz des Hamburger Zentrums bereits infrage gestellt, sich aber gegen einen "Schnellschuss" ausgesprochen. Während CDU und AfD in Bund und Land eine Schließung der Roten Flora verlangen, die FDP "linksextremistische Strukturen" austrocknen will und auch SPD und Grüne Veränderungen fordern, lehnt die Linke ein Aus für das Autonomen-Zentrum ab. Auch Experten warnen: "Das würde einen massiven Kampf auslösen", sagte etwa der Kriminologe Christian Pfeiffer der "Passauer Neuen Presse".

Aktivisten der Roten Flora halten die Räumungs-Forderungen für ein Ablenkungsmanöver. "Es ist offensichtlich, dass durch die Debatte all die Eskalationen der Polizei und Grundrechtsverletzungen vergessen gemacht werden sollen und vor allem die regierende SPD von ihrem eigenen politischen Versagen ablenken will", sagte Flora-Sprecher Andreas Blechschmidt. Scholz will an diesem Mittwoch in der Hamburgischen Bürgerschaft eine Regierungserklärung zu den Krawallen und zum Ablauf des Gipfels abgeben. Die Rücktrittsforderungen gegen ihn wies er mehrfach zurück.

Quelle: ntv.de, vpe/dpa

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