Euro-Minister werden nervös Griechenland muss Liste nachbessern
24.02.2015, 06:24 Uhr
"Es gab keine Verzögerung": Seite an Seite flattern die Flaggen der EU und Griechenlands am Dach des griechischen Finanzministeriums im rauen Athener Februarwind.
(Foto: REUTERS)
Geld gegen Reformversprechen: Das ist die Vereinbarung, auf die sich Athen und seine Geldgeber verständigt haben. Schwierig wird es offenbar im Detail. Bis zuletzt wird um die Formulierungen gerungen. Nur noch wenige Stunden bleiben.
Es ist nicht die erste Nacht, in der Griechenland Beamte, Staatssekretäre und Regierungsexperten in Europas Hauptstädten um den Schlaf bringt: Nach einer kurzfristig hinausgeschobenen Abgabefrist müssen die Finanzminister der Eurostaaten im Tagesverlauf über die Verlängerung des Hilfsprogrammes für Griechenland beraten.
Voraussetzung ist allerdings, dass die bei der Regierung in Athen angeforderte Reformliste ausreichend Hoffnung auf einen erfolgreichen Fortsetzung des Reformkurses weckt. Die Liste mit verbindlichen und detailliert festgeschriebenen Reformzusagen sollte eigentlich bis Montag um Mitternacht vorliegen. Weil das Papier den Andeutungen aus Brüssel zufolge bis zum Montagabend noch nicht beschlussfähig war, gewährten die Euro-Partner der griechischen Regierung bis Dienstagmorgen Zeit, neue Formulierungen abzustimmen und einzuarbeiten.
Der Zeitdruck ist groß, die Konsequenzen eines möglichen Scheiterns sind kaum abzusehen: Bis zuletzt hatten sich der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras und sein radikales Linksbündnis Syriza geweigert, konkrete Sparauflagen der Geldgeber zu akzeptieren. Die Reformliste aus Griechenland muss von Experten der EU-Kommission, der Europäischen Zentralbank (EZB) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) geprüft und für gut befunden werden. Die Aufstellung war in den vergangenen Tagen Gegenstand intensiver Abstimmungen.
Unzählige Entwürfe sollen zwischen den beteiligten Finanzministern der Eurozone und den "Institutionen", wie die Troika-Experten mittlerweile heißen, hin und her gefaxt worden sein. Die Aufstellung soll nun erst am Dienstagmorgen in einer endgültigen Fassung vorliegen.
"Wir waren heute morgen fertig"
In Athen pflegt Finanzminister Yanis Varoufakis unterdessen offenbar eine ganz andere, sehr viel entspanntere Sicht auf die Dinge. "Es gab keine Verzögerung", erklärte er dem US-Fernsehsender CNN am Montagabend. "Wir waren heute morgen fertig, und das Papier wurde rechtzeitig abgeschickt." Vielmehr sei es eine Bitte "der anderen Seite" gewesen, dass das "formale, offizielle Dokument" erst am Dienstag übermittelt werde.
Ob seine Einlassung darauf hindeutet, dass er und Ministerpräsident Tsipras an der endgültigen Abstimmung nicht mehr beteiligt waren, blieb unklar. Varoufakis sprach immerhin von einer "sehr umfassenden Liste von Reformen".
Viel Zeit bleibt nicht mehr: Die Reformen sind nach dem Beschluss der Euro-Finanzminister vom Freitag Bedingung dafür, dass das Ende Februar auslaufende Hilfsprogramm für Griechenland bis Ende Juni verlängert werden kann.
Zigarettenschmuggel reicht nicht
Außerhalb Athens ist die Skepsis groß. Hintergrund für die neuerliche Verzögerung sind nach Angaben von Diplomaten in Brüssel bislang nicht überzeugende Angaben zu diesen Reformvorhaben. Die bislang vorgelegten Arbeitspapiere hätten ersten Prüfungen nicht standgehalten, hieß es am Abend in der EU-Metropole. Wenn Griechenland am Dienstag eine ordentliche Reformliste vorlege, werde diese aber vermutlich von den Euro-Partnern akzeptiert, hieß es.
Medienberichten zufolge setzt die neue griechische Regierung bei ihren Reformvorhaben unter anderem auf Steuererhöhungen für wohlhabende Bürger und auch auf Milliardeneinnahmen durch die Bekämpfung von Benzin- und Zigarettenschmuggel. Unter Berufung auf die Regierung in Athen berichtete die "Bild"-Zeitung, die Links-Rechts-Koalition wolle mehr als sieben Milliarden Euro mit ihrem Reformkonzept einnehmen. Ob die Pläne ausreichen, die Finanzminister aller Euro-Staaten zu überzeugen, wird derzeit fieberhaft geprüft.
Der Hammer fällt am Nachmittag
Der Terminplan der kommenden Tage ist eng gesteckt: Bislang war geplant, dass die Euro-Finanzminister in einer Telefonkonferenz am Dienstagnachmittag endgültig grünes Licht für die am Freitag grundsätzlich beschlossenen Hilfen geben. Dies ist wiederum Voraussetzung dafür, dass das Krisenland nicht schon bald in die Staatspleite abrutscht und dann womöglich sogar aus dem Euro aussteigen muss.
Deutschland und die anderen Geldgeber müssten dann vermutlich Milliardensummen sofort abschreiben. Bisher wurde das hoch verschuldete Griechenland mit rund 240 Milliarden Euro an Hilfskrediten vor der Pleite bewahrt - in der Hoffnung, dass die geliehenen Hilfen früher oder später zurückgezahlt werden. Doch selbst wenn die Finanzminister der neuen Reformliste aus Athen Grünes Licht geben, liegt die Griechenland-Rettung noch nicht in trockenen Tüchern.
In einigen Euro-Staaten müssen die nationalen Parlamente der gewichtigen Entscheidung noch zustimmen - schließlich geht es um mehrere Milliarden an Steuergeldern aus den öffentlichen Kassen, die nach Griechenland fließen sollen. Wenn die Finanzminister den Daumen heben, gilt die obligatorische Befragung der Volksvertreter zur Verlängerung der Griechenland-Hilfen als Formalie.
Schäuble trifft Vorbereitungen
In Deutschland muss sich der Bundestag mit dem Thema beschäftigen, möglicherweise könnte dies am Freitag geschehen. Das wäre buchstäblich der letztmögliche reguläre Termin. Am Samstag läuft das bisherige Hilfsprogramm aus.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble machte der Abstimmung im Bundestag einem Medienbericht zufolge bereits am späten Montagabend vorsorglich bereits den Weg frei. Wie das "Handelsblatt" berichtete, beantragte Schäuble beim Bundestag offiziell die Verlängerung des Hilfsprogramms um vier Monate. Er stellte den Antrag aber demnach ausdrücklich unter den Vorbehalt der erwarteten Reformliste aus Athen.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa