Politik

Mission: Kraft stürzen Hat Armin Laschet genug Biss?

Wird in seiner Partei nicht geliebt: Armin Laschet, Spitzenkandidat der CDU in NRW.

Wird in seiner Partei nicht geliebt: Armin Laschet, Spitzenkandidat der CDU in NRW.

(Foto: picture alliance / dpa)

26 Prozent: Vor vier Jahren erlebte die CDU in Nordrhein-Westfalen mit Norbert Röttgen ein Desaster. Der neue Spitzenkandidat Armin Laschet will es besser machen. Aber selbst in der eigenen Partei sind die Zweifel groß.

In einer Rangliste steht Armin Laschet schon weit oben. Unter den meisteingeladenen Talkshowgästen schaffte er es 2015 immerhin auf Platz 5. In den kommenden Monaten dürfte Laschets Präsenz wohl zunehmen. Der stellvertretende CDU-Chef will im Mai Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen werden und Amtsinhaberin Hannelore Kraft verdrängen. Ob das gelingt? Der 55-Jährige hat in vielerlei Hinsicht einen schwierigen Stand.

Laschets Weg an die Spitze war von Rückschlägen geprägt. Der dreifache Familienvater wurde 1961 in Aachen geboren. Mit 18 trat er in die CDU ein, studierte Jura, arbeitete mehrere Jahre als Journalist, bevor er Berater von Rita Süssmuth wurde, der früheren Bundestagspräsidentin. Ab 1994 saß er vier Jahre im Bundestag, 1999 wechselte er ins EU-Parlament und wurde 2005 Integrationsminister des neu gewählten nordrhein-westfälischen CDU-Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Aber nach fünfjähriger Unterbrechung ging das Land 2010 wieder an die SPD. Laschet erlitt daraufhin schmerzhafte Niederlagen. Bei der Wahl zum Fraktionschef unterlag er 2010 Karl-Josef Laumann. Ebenso scheiterte beim Versuch, Landeschef und Spitzenkandidat zu werden, gegen Norbert Röttgen.

Erst nachdem dieser bei der Wahl 2012 mit 26 Prozent ein lausiges Ergebnis holte, rückte Laschet auf an die Spitze. Er wurde Vorsitzender der Landespartei und Ende 2013 auch Fraktionschef. An diesem Wochenende kürt seine Partei ihn zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. In der CDU sind darüber jedoch bis heute nicht alle ganz glücklich. Viele monieren die kaum aufgearbeitete Wahlniederlage vor vier Jahren und die anhaltende Spaltung der Landespartei. Auch vermissen sie einen klaren Kompass bei Laschet. "Ich bin etwas in Sorge, denn ich befürchte, Laschet hat nicht den Biss, den er braucht, denn er unterscheidet sich nicht sehr in seinen Positionen von Frau Kraft. Viele Kollegen in NRW wünschen sich Jens Spahn als Spitzenkandidaten", sagt ein CDU-Bundestagsabgeordneter. Ein nordrhein-westfälischer SPD-Politiker sagt: "Wir können mit Laschet als Spitzenkandidat ganz gut leben."

Kraft ist beliebter

Amtsinhaberin und Herausforderer: Laschet will die Ära Kraft beenden.

Amtsinhaberin und Herausforderer: Laschet will die Ära Kraft beenden.

(Foto: picture alliance / Federico Gamb)

Laschet hat selbst dazu beigetragen, dass er nicht unbedingt als optimale Lösung gilt. Zu oft verärgerte er zuletzt auch Leute in den eigenen Reihen. Als Minister veröffentlichte er 2009 das Buch "Die Aufsteigerrepublik". Als Autor ist nur Laschet genannt. Später stellte sich jedoch heraus, dass er das Buch mit Hilfe von Mitarbeitern seines Ministeriums verfasst hatte. Kritiker witterten Amtsmissbrauch. Das Finanzamt ermittelte 2015 wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung. Laschet hatte versucht, sein Honorar als Spende steuerlich abzusetzen, ohne es als Einnahme zu versteuern. Im selben Jahr ereilte Laschet die "Noten-Affäre". Der Politiker, der damals Seminare an der Universität Aachen gab, verlor Klausuren. Bei dem Versuch, die Noten zu rekonstruieren, unterlief ihm eine weitere Panne: Er verteilte 35 Noten, obwohl nur 28 Studenten die Klausur geschrieben hatten. Laschet zeigte sich zerknirscht und beendete die Tätigkeit an der Hochschule.

Dennoch ist der CDU-Mann nicht chancenlos. Seine Gegnerin Hannelore Kraft erlebte in ihrer zweiten Amtszeit einige Tiefen. Die SPD-Ministerpräsidentin steht noch immer in der Kritik, nach den Ereignissen in der Kölner Silvesternacht nicht entschlossen genug reagiert zu haben. Beobachter stellen bei ihr nach sechs Jahren Abnutzungserscheinungen fest. Unvergessen ist ein Auftritt in der Landespressekonferenz im Mai. Auf ihre Pläne bis zur Wahl angesprochen, fiel Kraft nichts ein. Minutenlang suchte sie hilflos nach einem Zettel in ihren Unterlagen. Ihre Bilanz liest sich eher bescheiden: Im vergangenen Jahr war NRW das einzige Bundesland ohne Wirtschaftswachstum, kein anderes Land hat mehr Schulden, Arbeitslosigkeit und Kriminalität sind ebenfalls hoch.

Laschet bereit für Jamaika

Die Wahl im bevölkerungsreichsten Bundesland ist vier Monate vor der Bundestagswahl besonders wichtig. Umfragen weisen auf ein knappes Rennen hin. Laut Infratest dimap liegen SPD und CDU zurzeit bei jeweils 32 Prozent. Kraft, die als volksnah gilt und wesentlich bessere Sympathiewerte genießt als Laschet, könnte im Endspurt vom Amtsinhaber-Bonus profitieren. Die Sozialdemokraten erinnern gern an Rheinland-Pfalz. Im Frühjahr hatte SPD-Ministerpräsidentin Malu Dreyer vor der Landtagswahl deutlich zurückgelegen und dann CDU-Kontrahentin Julia Klöckner noch eingeholt. Ein Vergleich, der möglicherweise etwas hinkt. Im Unterschied zu Klöckner und anderen Spitzenkandidaten seiner Partei in Wahlkämpfen wird sich Laschet nicht von der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin abgrenzen. Er gilt als Vertreter der liberalen Merkel-CDU.

Das ist jedoch nicht zwangsläufig ein Vorteil. Mit einem gemäßigten Kurs wird es für Laschet schwerer sein, sich als Alternative zu profilieren. Zugleich muss er verhindern, enttäuschte Wähler an die AfD zu verlieren. Zu scharf angreifen kann Laschet die rot-grüne Landesregierung auch nicht. Vielleicht bleibt ihm im Frühjahr nichts anderes übrig, als mit SPD oder Grüne ein Bündnis zu schließen. Laschet ist realistisch und wendig genug, um das zu akzeptieren. In dieser Woche bezeichnete er im Interview mit der FAZ eine Jamaika-Koalition als Option. Um Hannelore Kraft zu besiegen, muss er flexibel sein.

Quelle: ntv.de

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