Koalitions-Zoff über Flüchtlinge Hilft doch alles nichts!
02.11.2015, 09:06 Uhr
Seehofer nach seiner Ankunft am Wochenende vor dem Kanzleramt
(Foto: picture alliance / dpa)
In einer der größten politischen Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte liefern sich die Koalitionsparteien einen Machtkampf. Dabei bräuchte das Land dringend eine Regierung, die Entschlossenheit zeigt.
Im Kanzleramt wurde am Wochenende viel geredet, zunächst zwischen Angela Merkel und Horst Seehofer, dann sprachen sie mit SPD-Vizekanzler Sigmar Gabriel und im Anschluss wieder die beiden Unionspolitiker. Im Anschluss veröffentlichten Merkel und Seehofer ein gemeinsames Papier, in dem sie Transitzonen für Flüchtlinge fordern, die von der SPD abgelehnt werden. CSU-Chef Seehofer bekommt also die Zustimmung der Kanzlerin für seinen Plan - nicht aber die Umsetzung.
Herausgekommen ist damit unterm Strich nicht viel. Bei den drei Koalitionspartnern fällt es zurzeit schwer zu sagen, wer am weitesten auseinander liegt. Klar ist: Zusammen geht im Moment nicht viel. Eifrig sind die drei Parteien vor allem, wenn es um gegenseitige Drohungen und die Deutungshoheit im innerkoalitionären Machtpoker geht. Angesichts der Flüchtlingskrise sendet die Regierung damit fatale Signale.
Dabei drängt die Zeit. Es gibt Brandschläge auf Asylbewerber, Angriffe auf Flüchtlinge, Journalisten und Politiker. Rechte Parteien werden immer stärker. Auch bei der Aufnahme der Flüchtlinge ist der Ausnahmezustand zum Alltag geworden. Die Menschen verlangen in so einer Situation Entschlossenheit, Tatkraft und Verlässlichkeit. Was sie nicht wollen, ist der Eindruck, dass der Staat keine Antworten mehr hat und sich in Nebenschauplätze verrennt.
Doch Spekulationen über Neuwahlen und Koalitionsbruch nähren genau das. Dabei gibt es keine Alternativen zur Großen Koalition. Schwarz-Grün hat in den meisten Umfragen keine Mehrheit, eine Koalition aus Union und FDP hat gar keine Perspektive. Für rot-rot-grüne Experimente ist es jetzt auch nicht der richtige Zeitpunkt. Dazu würden Neuwahlen für monatelange Handlungsunfähigkeit sorgen.
Was bleibt ist nur die Große Koalition. Gerade jetzt ist es gut, sie zu haben, bieten sie mit ihren klaren Mehrheitsverhältnissen doch die idealen Voraussetzungen für schnelle Entscheidungen. In Zeiten wie diesen ist das nicht das Schlechteste. Union und SPD müssen sich daher zusammenraufen. Es hilft doch alles nichts: Am Ende des Gipfels, geht es nicht darum, wer der Sündenbock ist. Es geht darum, in einer der größten Herausforderungen der vergangenen Jahrzehnte nicht zu kapitulieren.
Viele Deutsche leisten im Einsatz für Flüchtlinge Bemerkenswertes. Die Politik kann da bislang nicht mithalten.
Quelle: ntv.de