Politik

"Regeln gelten für alle" Italiens Premier beklagt deutsche Dominanz

Italiens Premierminister Matteo Renzi hatte die Bundesregierung schon beim EU-Gipfel vergangenes Wochenende heftig kritisiert.

Italiens Premierminister Matteo Renzi hatte die Bundesregierung schon beim EU-Gipfel vergangenes Wochenende heftig kritisiert.

(Foto: AP)

Kanzlerin Merkel hat nach dem Geschmack des italienischen Regierungschefs Renzi zu viel Einfluss in Europa. Er wirft ihr doppelte Standards in der Energie- und Flüchtlingspolitik vor. Am wenigsten passt ihm aber ihre Sparpolitik für Europa.

Der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi beklagt eine Vorherrschaft Deutschlands in der EU. "Europa muss 28 Ländern dienen, nicht nur einem", sagte Renzi der "Financial Times". Zugleich betonte er, dass er Bundeskanzlerin Angela Merkel sehr schätze. "Wir haben ein ausgezeichnetes persönliches Verhältnis."

Die von Merkel durchgesetzte Sparpolitik begünstige aber die Populisten, sagte Renzi mit Blick auf das Wahlergebnis in Spanien. Dort hatte der konservative Ministerpräsident Mariano Rajoy am Sonntag die parlamentarische Mehrheit verloren. Zwei neue Gruppen, die linke Podemos (Wir können) und die liberale Ciudadanos (Bürger), erzielten starke Ergebnisse.

"Ich weiß nicht, was mit meinem Freund Mariano passieren wird. Aber ich weiß, dass diejenigen, die als treue Anhänger einer Sparpolitik ohne Wachstum in vorderster Front standen, ihre Jobs verloren haben", sagte Renzi mit Hinweis auf Wahlen in Polen, Griechenland, Portugal und Spanien. Dessen sozialdemokratischer Partei PD ist die populistische Fünf-Sterne-Bewegung in Umfragen dicht auf den Fersen.

Streit um Flüchtlinge und Gaspipeline

Renzi beklagte auch, dass die Ostsee-Gaspipeline Nord Stream zwischen Deutschland und Russland trotz Sanktionen ausgebaut werden solle, während die EU den Bau einer South-Stream-Pipeline, von der Italien profitiert hätte, verhindert habe. "Wer entscheidet hier eigentlich?", fragte er. "Entweder die Regeln gelten für alle oder für niemanden."

Die EU-Kommission beklagte zudem, dass Italien nicht alle über das Mittelmeer kommende Flüchtlinge registriere. Die Kritik aus Brüssel, dass Italien von vielen Migranten keine Fingerabdrücke nehme, wies Renzi in dem Interview zurück. Das sei vielleicht früher mal so gewesen. "Jetzt nehmen wir Fingerabdrücke, machen Fotos und prüfen die Iris. Mehr können wir nicht tun", sagte er.

Im Juli und August habe auch Deutschland Flüchtlinge unregistriert ins Land gelassen, weil Merkel gesagt habe "erst Solidarität, dann Bürokratie". "Was für Italien gilt, muss auch für Deutschland gelten", sagte er. Italien halte sich unter seiner Regierung anders als früher an EU-Regeln und habe deshalb auch das Recht, seine Meinung in der EU deutlicher zu machen. Zudem sind die Italiener sauer über deutsche Vorhaltungen, dass die Einrichtung der "Hotspots" zur Registrierung von Flüchtlingen in Italien nicht vorankomme.

Quelle: ntv.de, hul/dpa/rts

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