Klimaaktivistin im "Frühstart" Luisa Neubauer nennt Scholz "als Klimakanzler peinlich"
06.09.2023, 10:25 Uhr Artikel anhören
Zur Halbzeit der Regierungszeit geht Klimaaktivistin Luisa Neubauer mit der Ampelkoalition hart ins Gericht. Diese habe in der Klimapolitik den "Schuss nicht gehört". Robert Habeck dagegen bekommt ein überraschendes Lob.
Die Klimaaktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future hat Bundeskanzler Olaf Scholz scharf für seine Klimapolitik kritisiert. Dass Scholz sich im Wahlkampf als "Klimakanzler" präsentiert habe, sei "rückblickend peinlich gewesen, weil wir natürlich sehen: Der Kanzler zeigt in Sachen Klima null Prozent Führungskompetenz", sagte Neubauer im "Frühstart" von ntv. "Er schafft es nicht, mit der Öffentlichkeit so über die Klimakrise zu sprechen, dass verständlich wird, wie groß das Problem ist."
Scholz lasse Regierungsmitgliedern wie FDP-Verkehrsminister Volker Wissing durchgehen, dass sie sich nicht an die CO₂-Einsparziele aus dem Klimaschutzgesetz hielten. Stattdessen wolle er das Gesetz sogar abschwächen. "Da sehe ich jetzt keine Klimakompetenz." Die Ampel druckse beim Klimaschutz nur herum. "Da sehe ich eine Regierung, bei der sich die Menschen berechtigterweise fragen, ob sie den Schuss nicht gehört hat."
Zur Halbzeit der Legislaturperiode wollte Neubauer die Ampelkoalition im Vergleich zu den Vorgängerregierungen nicht ausdrücklich für ihre Klimaschutzanstrengungen loben. "Wenn wir die Klimapolitik zu vorherigen Regierungen ins Verhältnis setzen, dann setzen wir den Standard praktisch bei null an." Vor der jetzigen Koalition habe es nur sehr wenig Klimapolitik gegeben - das könne also nicht der Maßstab sein. Die Ampel müsse vielmehr beantworten, ob sie genug tue, um internationale Ziele wie das Pariser Klimaabkommen einzuhalten und Menschen vor klimabedingten Katastrophen zu schützen. "Und da ist die klare Erkenntnis: bisher überhaupt nicht."
"Es gibt für die Regierung keinen Plan, die Klimaziele einzuhalten"
Als Positivbeispiel in der Bundesregierung lobte Neubauer dagegen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. "Es ist der beste Klimaschutzminister, den wir je hatten." Im Vergleich zu Vorgänger Peter Altmaier von der CDU sehe man einen extremen Unterschied. Altmaiers Klimakommunikation sei unterirdisch gewesen, so Neubauer. Andererseits gebe es auch für Habeck noch sehr viel zu tun. Es reiche auch nicht, im Kabinett die einzige Person zu sein, die Wirtschaft und Klimaschutz zusammen denken wolle - wenn das gesammelte Kabinett inklusive Kanzler dagegen arbeite.
Neubauer erkannte zwar an, dass Deutschland seine Klimaziele 2022 eingehalten habe, dies sei aber quasi aus Versehen passiert, weil die Industrie eingebrochen sei und Corona- und Energiekrise geherrscht hätten. Dass der Klimaschutz überhaupt in Gang gekommen sei, habe man dem Druck der Straße zu verdanken. "Das wäre nicht möglich gewesen, ohne Bewegungen wie Fridays for Future." Deutschland gerate bei der Bekämpfung des Klimawandels international immer weiter ins Hintertreffen. "Es gibt für die Regierung keinen Plan, substanziell die Klimaziele bisher einzuhalten."
Den Streit der Bundesregierung um das Heizungsgesetz kritisierte die Führungsfrau von Fridays for Future. Es habe einen Vertrauensverlust gegeben. "Die ganze Debatte und vor allem dieser Ampel-Kampf, der darum entstanden ist, hat gezeigt, wie man eine Gesellschaft ganz schnell verlieren kann." Bei ökologischer Veränderung und Transformation müsse die Bundesregierung die Öffentlichkeit immer wieder mitnehmen und dafür begeistern. Neubauer forderte die Regierung auf, das Gesetz sozialer und klimafreundlicher zu machen.
Quelle: ntv.de, psc