Politik

Kein Vertrag, kein Mandat Melnyk beklagt "Scheindebatte" um EU-Schutztruppe

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Melnyk vertritt sein Land heute bei den Vereinten Nationen.

Melnyk vertritt sein Land heute bei den Vereinten Nationen.

(Foto: picture alliance / Pacific Press)

Der frühere Botschafter Kiews in Berlin räumt ein, sich nach dem russischen Angriff öfter mal im Ton vergriffen zu haben. Mit dem Agieren der Ukraine-Unterstützer ist Melnyk aber auch heute nicht zufrieden. Den Streit um eine Friedenstruppe etwa findet er verfehlt.

Der ukrainische Ex-Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hält die Diskussion um die Entsendung europäischer Friedenstruppen in sein Heimatland für eine "Scheindebatte". "Solange man nicht weiß, was genau diese Truppen tun werden und mit welchem Mandat, kann doch kein deutscher Politiker ernsthaft behaupten, dass man 5000 oder 10.000 Soldaten schickt." Erst, wenn die Sicherheitsgarantien eine vertragliche Form annähmen, könne er sich eine Beteiligung europäischer Truppen vorstellen, sagte der 50-Jährige im Interview mit dem "Stern".

Positiv sieht Melnyk hingegen Trumps Reaktivierung der Gespräche über eine Beendigung des Krieges, auch wenn dieser Prozess einer "Achterbahn" gleiche. "Vergangenen September habe ich den damaligen Kanzler Scholz öffentlich aufgerufen, das zu tun, was Trump jetzt unternommen hat: eine diplomatische Vermittlung anzustoßen, um von Putin als ernsthafter Gesprächspartner wahrgenommen zu werden." Passiert, so Melnyk, sei jedoch nichts.

"Westen müsste Druck auf Drittstaaten machen"

Melnyk, der heute Vertreter der Ukraine bei den Vereinten Nationen ist, rief die westlichen Partner der Ukraine dazu auf, auch über Drittstaaten politischen Druck auszuüben. Dass es hierfür Möglichkeiten gibt, habe er in den vergangenen Jahren als Botschafter in Brasilien verstanden. "Die meisten Auslandsinvestitionen, über 450 Milliarden Euro, stammen aus der EU. Aber dieser Hebel wird nicht benutzt, um Brasilien von seiner unheiligen Allianz mit Russland abzubringen. Geopolitisch ein Riesenfehler. Viele Staaten in Lateinamerika und Afrika orientieren sich daran, wie Brasilien in der UN - auch bei Ukraine-Resolutionen - abstimmt."

Melnyk entschuldigte sich zugleich für Äußerungen, die im ersten Kriegsjahr für Verstimmungen zwischen Deutschland und seinem Heimatland gesorgt hatten. "Das war ein wahrer Ausnahmezustand. Da musste ich oft sehr impulsiv agieren, um die Deutschen dazu zu bewegen, uns zu helfen. Dabei konnte ich nicht immer wohlüberlegte Worte finden. Daher bitte ich um Verzeihung, wenn ich Menschen beleidigt habe, weil die Emotionen da hochkochten", sagte Melnyk dem Magazin weiter. Dennoch blicke er mit großer Dankbarkeit auf seine Zeit in Deutschland zurück. "Deutschland ist meine zweite Heimat. Ohne Übertreibung", sagte Melnyk in dem Gespräch anlässlich seines 50. Geburtstags am heutigen Sonntag.

Quelle: ntv.de, mau

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