Nach Bootsunglück in Kalabrien Meloni droht Schleusern mit 30 Jahren Haft
09.03.2023, 20:25 Uhr
"Ich will diese Leute bekämpfen und besiegen": Italines Regierungschefin in Cutro.
(Foto: picture alliance / ANSA)
Vor der Küste Kalabriens sinkt ein Flüchtlingsboot, 72 Migranten sterben, drei Schlepper werden festgenommen. Italiens Regierung weist Vorwürfe über eine Mitverantwortung zurück. Regierungschefin Meloni verschärft nun die Haftstrafen für Schleuser drastisch.
Mit drastischen Haftstrafen will Italien künftig gegen Schlepper im Mittelmeer vorgehen. Regierungschefin Giorgia Meloni kündigte nach einer Sitzung des Ministerrats an, dass Schleusern und Hintermännern künftig Gefängnisstrafen von bis zu 30 Jahren drohen würden, wenn es bei irregulären Überfahrten zu Unfällen mit Toten kommt. Die rechte Regierung in Rom reagierte damit auf das Bootsunglück vor der Küste Kalabriens, bei dem Ende Februar mindestens 72 Migranten und Flüchtlinge ums Leben kamen.
Meloni hatte ihr Kabinett in der Stadt Cutro einberufen, vor dessen Strand sich das Unglück abspielte. "Wir wollten ein symbolisches und konkretes Signal senden", sagte Meloni zu der Sitzung und dem Dekret über das verschärfte Strafrecht für Schlepper. "Ich will diese Leute bekämpfen und besiegen", sagte sie und nannte Schlepper "Händler des Todes". Der neue Strafenkatalog betreffe nicht nur jene Schlepper und Schleuser, die auf italienischem Gebiet oder in italienischen Gewässern gefasst werden, sondern weltweit, kündigte Meloni an.
Regierung weist Verantwortung für Bootsunglück zurück
Am Wochenende hatte Meloni eine Verantwortung ihrer Regierung für das verheerende Bootsunglück vor der Küste Kalabriens bestritten. "Die Situation ist so einfach wie tragisch: Wir haben keine Notsignale von der europäischen Grenz- und Küstenwache Frontex erhalten", sagte Meloni. Vorwürfe, die Behörden hätten zu langsam reagiert, wies sie zurück: "Wir haben alles Mögliche getan, um Leben zu retten, nachdem wir auf das Problem aufmerksam gemacht worden waren", sagte Meloni.
Innenminister Matteo Piantedosi schilderte vor dem Parlament in Rom am Dienstag die Abläufe jener Nacht vom 25. auf den 26. Februar und sagte, dass erst gegen 4 Uhr morgens ein Notruf bei der Leitstelle eingegangen sei. Daraufhin seien die Einsatzkräfte alarmiert worden. Für viele Erwachsene und Kinder auf dem Boot kam die Hilfe zu spät.
Zugleich berichtete der Minister unter Berufung auf Aussagen von Überlebenden von den letzten Momenten vor dem Untergang: Demnach hätten die Schleuser 200 Meter vor Erreichen der Küste der Region Kalabrien Licht an Land gesehen und befürchtet, dass dort Polizisten warteten. Sie hätten deshalb versucht, scharf zu wenden. Das Boot sei aber auf seichten Grund aufgefahren und beschädigt worden. Wasser sei eingetreten.
Dublin-Abkommen: Rom in Brüssel unter Druck
Migranten berichteten, dass zwei Schleuser daraufhin ins Meer gesprungen seien. Ein dritter Schleuser sei mit einem Schlauchboot geflohen und habe die Komplizen aufgenommen. Zugleich habe eine Welle das Boot erfasst, das sich überschlagen habe und gesunken sei. Als die meisten Retter den Strandabschnitt der Ortschaft Steccato di Cutro erreicht hätten, seien schon viele Leichen von Flüchtlingen und Migranten angespült worden. Die mutmaßlichen Schleuser - ein Türke und zwei Pakistaner - wurden festgenommen.
Italien steht derzeit in Brüssel auch wegen seiner restriktiven Flüchtlingspolitik unter Druck. Deutschland und Frankreich warfen der Regierung Meloni bei einem EU-Innenministertreffen in Brüssel vor, das sogenannte Dublin-Abkommen einseitig aufgekündigt zu haben. Es verpflichtet Rom zur Rücknahme von Asylbewerbern, die über Italien in die EU gelangt sind.
Quelle: ntv.de, mau/dpa