Politik

Familiennachzug für Flüchtlinge? Merkel gibt schrittweise nach

"Dann warten wir auf die Antworten": Angela Merkel spielt den Ball zu den Innenministern der Länder.

"Dann warten wir auf die Antworten": Angela Merkel spielt den Ball zu den Innenministern der Länder.

(Foto: imago/Markus Heine)

Wie soll, wie kann Deutschland mit Flüchtlingen aus Syrien umgehen? Strittige Fragen wie der Familiennachzug oder die Rückkehr zur sogenannten Einzelfallprüfung drohen die Koalition zu entzweien. Die Kanzlerin fährt in der Flüchtlingskrise auf Sicht.

Wer bekommt in Deutschland vollen Schutz? Der Umgang mit Menschen aus Konfliktregionen wie vor allem Syrien bringt große Unstimmigkeiten innerhalb der Großen Koalition ans Licht. Führende Unions-Politiker sprechen sich dafür aus, syrische Flüchtlinge künftig wieder einer Einzelfallprüfung zu unterziehen - auch, um die Gesamtzahl der Neuankömmlinge zu beschränken. Schrittweise kommt Bundeskanzlerin Angela Merkel dem Drängen aus den eigenen Reihen entgegen.

Die in der großen Koalition besonders scharf umstrittene Frage des Familiennachzugs von Syrern will die Kanzlerin zunächst den Beratungen der Innenminister von Bund und Ländern überlassen. Beim sogenannten subsidiären Schutz von Flüchtlingen mit eingeschränktem Nachzugsrecht für Familienangehörige habe es voriges Jahr auf Betreiben der Länder-Ressortchefs eine Umstellung gegeben, sagte Merkel.

Daher solle eine mögliche erneute Änderung nun auch erst einmal auf Innenminister-Ebene diskutiert werden, betonte die Kanzlerin. Merkel legte sich damit nicht konkret fest, ob sie den Vorstoß von Bundesinnenminister Thomas de Maizière für höhere Hürden beim Familiennachzug von syrischen Flüchtlingen im Grundsatz unterstützt - oder nicht. Damit ist weiterhin unklar, wie tief die Spaltung der Regierungskoalition tatsächlich reicht. Führende SPD-Politiker sprechen sich vehement gegen eine Aufweichung des Schutzstatus' aus.

In dem am Donnerstag von der Koalition vereinbarten Asylpaket zum Umgang mit Flüchtlingen sei die Aussetzung des Familiennachzugs für zwei Jahre "einer der Vorschläge" gewesen, sagte Merkel. "Jetzt geht es um die Frage: Wer hat diesen subsidiären Schutz? Und da ist nochmal über die Gruppe der Syrer zu sprechen."

Öffnet Merkel eine Hintertür?

Im November sei das System auf Wunsch der Länder-Innenminister "von der individuellen Prüfung mit mündlicher Anhörung umgestellt worden auf eine schriftliche Befragung, um die Dinge zu beschleunigen", erklärte Merkel. Nun gehe es um eine eventuelle Rückkehr zur Einzelfallprüfung. Um die Klärung habe de Maizière gebeten, der amtierende Chef der Innenministerkonferenz, Roger Lewentz (SPD), habe grundsätzlich Bereitschaft signalisiert. "Dann warten wir auf die Antworten, weil ich glaube, diese Gruppe kann die fachlich besten Antworten geben."

Der Bundesinnenminister hat sich in dieser Frage dagegen längst festgelegt - und dafür auch Zuspruch von prominenten CDU-Politikern wie etwa Finanzminister Wolfgang Schäuble bekommen. De Maiziere informierte seine Kollegen nach Angaben von CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt bereits in der Fraktionssitzung am vergangenen Dienstag darüber, dass er syrische Flüchtlinge wieder einer Einzelfallprüfung unterziehen will. "De Maiziere hat so geantwortet wie später mit der Aussage, dass die Praxis wieder so angestrebt wird wie vor November 2014", sagte Hasselfeldt.

Hasselfeldt entlastet de Maiziere

Für die Bundesregierung ist diese Frage mittlerweile von zentraler Bedeutung: Der Innenminister hatte Anfang vergangener Woche die Rückkehr zur Einzelfallprüfung für Syrer angeordnet, musste dies aber am Freitag auf Druck der SPD und des Kanzleramtes wieder zurücknehmen. Ihm wurde ein unabgesprochener Alleingang vorgeworfen. Hasselfeldts Äußerung entlastet den CDU-Politiker.

An der fraglichen Fraktionssitzung nahmen auch Bundeskanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer teil. Die Koalitionsspitzen hatten am Donnerstag dann die Einschränkung des Familiennachzugs für Migranten mit begrenztem Schutzstatus beschlossen. Durch die gleichzeitig geplante Rückkehr zur Einzelfallprüfung hätte diese Einschränkung des Familiennachzugs auch Syrer betroffen, die dann nur einen sogenannten subsidiären Schutz bekommen hätten.

Hasselfeldt sagte, die Rückkehr zur Einzelfallprüfung sei aber bisher unabhängig vom Familiennachzug schon längere Zeit von den Innenpolitikern diskutiert worden. Grund seien vor allem Sicherheitsbedenken gewesen. Sie gehe davon aus, dass auch SPD-Politiker an den Absprachen beteiligt gewesen seien.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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