CDU-Chef im "Sommerinterview" Merz lässt sich in K-Frage alle Optionen offen
27.08.2023, 16:21 Uhr Artikel anhören
Merz fühlt sich von aktuellen Umfragen bestätigt: "Wenn heute Bundestagswahlen wären, dann könnte ohne die Union in Deutschland nicht regiert werden."
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In der Union wird nicht nur diskutiert, wer der nächste Kanzlerkandidat sein könnte, sondern auch wann dieser bestimmt wird. CDU-Chef Merz legt sich in dieser Debatte noch nicht fest. Eindeutig ist dagegen - anders als vor einigen Wochen noch - seine Haltung zu möglichen Kooperationen mit der AfD.
CDU-Chef Friedrich Merz hat weiterhin offengelassen, wann die Union ihren Kanzlerkandidaten bestimmen sollte: vor oder nach den Landtagswahlen im Spätsommer 2024. Nachdem sich der hessische Ministerpräsident Boris Rhein dem Vorschlag von CSU-Chef Markus Söder angeschlossen hatte, die Kanzlerkandidatur erst nach den Landtagswahlen in drei ostdeutschen Bundesländern im September 2024 zu klären, sagte Merz im ARD-"Sommerinterview" in Berlin: "Das kann ein gutes Argument sein. Ich weiß, dass das in den ostdeutschen Landesverbänden zum Teil anders gesehen wird. Das entscheiden wir gemeinsam und nicht öffentlich." Im September 2024 soll in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ein neuer Landtag gewählt werden.
Merz betonte die gemeinsame Verantwortung mit Söder bei der Suche nach einem Unions-Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl 2025. "Markus Söder und ich, wir haben eine gemeinsame Verantwortung für CDU und CSU", sagte Merz, der auch Vorsitzender der Unionsfraktion im Bundestag ist. Es gebe eine gemeinsame Bundestagsfraktion, gemeinsam gehe man in die nächsten Wahlen, die Europa- und die Bundestagswahl. "Wir werden diese gemeinsame Verantwortung auch wahrnehmen, auch was die Zeitabläufe betrifft. Wir haben jetzt Sommer 2023. Wir reden über den Spätsommer 2024 und über die Bundestagswahl 2025."
Merz hatte in der Vergangenheit gesagt, dass er eine Entscheidung nach der Europawahl im Sommer 2024 wolle. Söder plädiert aber für einen späteren Termin. In der CDU wird vermutet, dass der bayerische Ministerpräsident mit Blick auf die erwarteten schlechten Ergebnisse der CDU in Sachsen, Thüringen und Brandenburg seine eigenen Chancen auf eine Kanzlerkandidatur verbessern will. Offiziell hat Söder, der sich am 8. Oktober dieses Jahres Landtagswahlen in Bayern stellen muss, eine eigene Kanzlerkandidatur zwar abgelehnt. Dies war allerdings auch 2021 der Fall, als er seine Entscheidung revidierte.
"Schauen nicht auf Umfragen"
Etliche CDU-Ministerpräsidenten hatten in den vergangenen Wochen deutlich gemacht, dass sie an einer Entscheidung beteiligt werden und sie diese nicht den Parteichefs Merz und Söder überlassen wollen. Als mögliche weitere Kandidaten gelten neben Merz und Söder in der CDU auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst sowie der schleswig-holsteinische Landeschef Daniel Günther.
Mit schlechten Werten in Umfragen zur Kanzlerfrage konfrontiert, betonte Merz, er liege bei diesem Thema derzeit vor Kanzler Olaf Scholz wie auch vor den Grünen-Ministern Annalena Baerbock und Robert Habeck. "Aber wir schauen jetzt nicht auf Umfragen. Wir schauen darauf, dass wir in den richtigen Themen unterwegs sind." Wichtig sei, dass die Union bei der nächsten Bundestagswahl die Mehrheit bekomme. Merz fügte an: "Wenn heute Bundestagswahlen wären, dann könnte ohne die Union in Deutschland nicht regiert werden."
Auf seine umstrittenen Äußerungen aus einem Interview im Juli angesprochen, schloss Merz eine Zusammenarbeit seiner Partei mit der AfD erneut auf allen politischen Ebenen aus. "Wir haben eine klare Beschlusslage in der CDU. Wir arbeiten mit der AfD nicht zusammen. Nicht in den Parlamenten, nicht in den Kommunalvertretungen", sagte Merz. Auf Nachfrage, ob dies auch für die kommunale Ebene gelte, ergänzte er: "Ein Nein ist ein Nein. (...) Auch auf kommunaler Ebene."
Merz lehnt AfD-Verbot ab
Die damaligen Äußerungen von Merz zum Umgang mit der AfD in Kommunen waren vielfach als Aufweichung der Abgrenzung der CDU zu den Rechtspopulisten interpretiert worden. Merz hatte dem schon damals vehement widersprochen. In dem ZDF-Interview hatte Merz erklärt, wenn in Thüringen ein Landrat und in Sachsen-Anhalt ein Bürgermeister von der AfD gewählt worden seien, dann seien dies demokratische Wahlen. "Das haben wir doch zu akzeptieren. Und natürlich muss in den Kommunalparlamenten dann auch nach Wegen gesucht werden, wie man gemeinsam die Stadt oder den Landkreis gestaltet."
Nun betonte Merz, diese Bemerkung habe sich nicht auf die CDU allein bezogen. Dies sei "eine Herausforderung für alle Parteien. Das schließt die SPD ein, die Grünen ein, die FDP ein, wenn es Freie Wähler gibt, auch die. Wir müssen nach Wegen suchen und wir finden diese Wege auch." Es gebe "in allen Parlamenten in Deutschland, in allen, auch in allen Kommunalvertretungen, Mehrheiten ohne die AfD". Der Unionsfraktionschef fügte hinzu: "Eine richtige Sache wird dadurch nicht falsch, dass sie von den falschen Leuten gesagt wird. Wir machen unsere Politik nach unseren Überzeugungen und damit ist alles gesagt."
Zugleich zeigte sich Merz ablehnend zu einem AfD-Verbot. "Parteiverbote haben in der Bundesrepublik Deutschland selten etwas bewirkt. Die Menschen, die auf politischen Abwegen sind, bleiben dann immer noch da. Ich halte davon sehr wenig." Die AfD wird vom Verfassungsschutz als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft und beobachtet.
Quelle: ntv.de, mbo/dpa/rts