Finanzausgleich wieder Thema NRW-Wahl lässt Kompromiss kippen
16.05.2017, 20:41 Uhr
Beim Finanzausgleich geht es nicht um Münzen, sondern Millionen. Nun steht der Kompromiss wieder auf der Kippe.
(Foto: picture alliance / Oliver Berg/d)
Jahrelang verhandeln Bund und Länder über eine Reform der Finanzbeziehungen. Der erzielte Kompromiss steht nun wieder in Frage - was mit der NRW-Wahl zu tun haben könnte. Kanzlerin Merkel dringt auf Eile, die SPD bremst.
Nach den Niederlagen der SPD bei den jüngsten Landtagswahlen wackelt die mühsam ausgehandelte Reform der Bund-Länder-Finanzen. Die ursprünglich für diesen Freitag angesetzte Abstimmung des Bundestages über das umfangreiche Gesetzespaket einschließlich Grundgesetzänderungen wurde überraschend vertagt. Ein neuer Termin wurde noch nicht festgelegt.
Als Grund werden noch offene Details zur umstrittenen Autobahngesellschaft genannt. In Unionskreisen ist allerdings auch von einer Reaktion der SPD auf die herbe Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen die Rede. Damit wird der Zeitplan immer enger. Für die Grundgesetzänderungen ist im Bundestag und anschließend im Bundesrat jeweils eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich.
Bund und Länder hatten sich im Oktober nach langen Verhandlungen auf eine Neuordnung ihrer Finanzbeziehungen verständigt. Danach sollen die Länder von 2020 an jährlich 9,75 Milliarden Euro vom Bund erhalten - Tendenz steigend. Das ist deutlich mehr Geld als bisher. Der Bund bekommt dafür mehr Eingriffsrechte - etwa bei Fernstraßen, in der Steuerverwaltung und bei Investitionen in Schulen.
Kanzlerin dringt zur Eile
Kanzlerin Angela Merkel dringt nach einem Bericht des "Handelsblatts" darauf, dass die Reform noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird. "Die Kanzlerin will eine Lösung", zitiert das Blatt aus Regierungskreisen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann sagte, Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit. "Für die SPD-Fraktion kommt eine Verkehrs-Infrastrukturgesellschaft nur in Frage, wenn eine Privatisierung der Autobahnen durch die Hintertür rechtssicher ausgeschlossen wird."
Unions-Fraktionsgeschäftsführer Michael Grosse-Brömer sagte, es gebe bei Verkehrspolitikern noch Gesprächsbedarf. "Natürlich ist die Ausgestaltung der Infrastrukturgesellschaft immer noch ein Punkt", so der CDU-Politiker. Die Haushaltspolitiker von Union und SPD hatten sich erst vor kurzem auf weitere Änderungen zur geplanten Infrastrukturgesellschaft verständigt. Eine Privatisierung von Gesellschaft und Autobahnen ist vom Tisch. Zudem soll die Gesellschaft unter weitgehender Kontrolle des Parlaments stehen. Damit könne sie nicht - wie ursprünglich von der Bundesregierung geplant - weitgehend unabhängig agieren.
SPD-Machtverlust in NRW
Aus der Union verlautete auch, die SPD-Fraktion habe signalisiert, dass momentan keine Mehrheit mehr sicher sei. Auch gehe es um den im vergangenen Herbst ausgehandelten Kompromiss zwischen dem Bund und den damals regierenden 16 Ministerpräsidenten. Der komme vor allem auch Nordrhein-Westfalen zugute - etwa bei der Umsatzsteuerregelung und den Kommunalinvestitionen. Auch Bayern profitiere in besonderem Maße. Nach der Abwahl der rot-grünen Koalition und dem Sieg der CDU in Nordrhein-Westfalen würden nun aber zwei Unions-Länder von Sonderregeln profitieren.
In der SPD-Fraktion wird diese Version bestritten. Es sei vielmehr unter anderem noch offen, welche der Privatisierungsbremsen ins Grundgesetz kommen. Unions-Haushaltsexperte Eckhardt Rehberg von der CDU verwies darauf, dass es gründliche parlamentarische Beratungen gegeben habe mit allein sechs öffentlichen Anhörungen des Bundestages. Mit der SPD sei in vielen Fragen eine große Übereinstimmung gefunden worden: "Der immer wieder vorgetragene Vorwurf, dass Autobahnen privatisiert werden können, trifft nicht zu."
Aus Sicht von Anja Hajduk von den Grünen werden nach der NRW-Wahl die Risse in der Regierungskoalition endgültig zu tiefen Schluchten. Natürlich müsse eine Privatisierung der Autobahnen rechtssicher ausgeschlossen werden: "Die Lösungen hierfür liegen aber längst auf dem Tisch." Dass für die hektische Verschiebung weiterer Abstimmungsbedarf angeführt werde, sei unglaubwürdig.
Quelle: ntv.de, mli/dpa