"Denkbar unpassendster Innenminister" Opposition fordert de Maizières Rücktritt
23.06.2016, 16:50 Uhr
Steht ziemlich allein da: Innenminister Thomas de Maizière muss sich Rücktrittsforderungen gefallen lassen.
(Foto: dpa)
Die diffusen Vorwürfe von Thomas de Maizière gegen Ärzte, die für abschiebebedrohte Flüchtlinge Gefälligkeitsatteste ausstellen, erweisen sich als Bumerang: Im Bundestag fordern Grüne und Linke den Innenminister auf, abzutreten. Doch der verteidigt sich.
Die Opposition hat Innenminister Thomas de Maizière mit scharfen Worten zum Rücktritt aufgefordert. "Sie sind als Innenminister für diese Republik aus meiner Sicht nicht mehr tragbar", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt während einer von ihrer Partei einberufenen Aktuellen Stunde im Bundestag. "Tun Sie uns und dem Land den Gefallen, treten Sie zurück ... und machen Sie den Weg frei für faktenbasierte Politik." Die Grünen-Politikern hielt de Maiziere eine ganze "Latte" falscher Äußerungen und Versagen vor.
Linken-Fraktionsvize Jan Korte sagte, de Maizière sei in diesen bewegten Zeiten der "denkbar unpassendste Innenminister, den man sich nur vorstellen kann". Anlass für die Kritik sind Äußerungen de Maizières aus der vergangenen Woche, wonach Ärzte zu viele Atteste ausstellten, mit denen abgelehnte Asylbewerber eine Abschiebung umgehen. Es könne nicht sein, dass 70 Prozent der Männer unter 40 Jahren vor einer Abschiebung für krank und nicht transportfähig erklärt würden, hatte der CDU-Politiker gesagt.
Diese Angaben waren jedoch breit angezweifelt worden. Auch das Bundesinnenministerium selbst hatte eingeräumt, dass die Prozentzahl nicht in einem behördenübergreifenden Bericht zu Abschiebehindernissen enthalten sei. Stattdessen war sie laut einem Ministeriumssprecher in einem Gespräch de Maizières mit einem Landesinnenminister gefallen. "Bundesweite Durchschnittszahlen zu der genauen Attestquote gibt es nicht", stellte das Ministerium klar.
De Maizière: "Die Probleme sind real"
Im Bundestag räumte de Maizière seinen Fehler ein. "Ja, ich hätte diesen Prozentsatz nicht nennen sollen." Er habe bereits zuvor die Aussage zurückgenommen. Bei der Zahl habe es sich um einen "Erfahrungswert" gehandelt, der ihm in Gesprächen zu dem Thema vermittelt worden sei. Allerdings sei es Tatsache, dass es Probleme bei Krankschreibungen und Attesten von ausreisepflichtigen Personen gebe. Diese dürften nicht geleugnet, kleingeredet oder verschwiegen werden, so der Minister. "Sie sind real."
Der Opposition reichte dieses Zugeständnis nicht. Der SPD-Abgeordnete Lars Castellucci mahnte de Maizière: "Wenn Sie eine Behauptung nicht belegen können (...), müssen Sie sie richtig zurücknehmen." Der Minister laufe mit seinen Vorwürfen gegen Flüchtlinge "immer wieder in diese Falle". So werde das soziale Klima im Land vergiftet.
Quelle: ntv.de, jug/rts/dpa