Neuer US-Kongress tritt zusammen Republikaner übernehmen die Macht
06.01.2015, 20:23 Uhr
(Foto: AP)
Im Washingtoner Kapitol halten die Republikaner die Zügel komplett in der Hand. Für Präsident Obama wird das letzte Quartal seiner Amtszeit im Weißen Haus zur Bewährungsprobe. In sechs Bereichen gibt es politischen Sprengstoff.
Der US-Kongress ist mit einer neuen Mehrheit der Republikaner in beiden Parlamentskammern zu seiner ersten Sitzung zusammengetreten. Die Republikaner schwingen nach der herben Wahlniederlage der Demokraten im November nun auch im Senat das Zepter.
Mit dem Machtwechsel muss sich Präsident Barack Obama für seine verbleibenden zwei Amtsjahre auf noch stärkeren Gegenwind der Mitte-Rechts-Partei gefasst machen. Nach einem Gebet begann Vizepräsident Joe Biden im Senat damit, den neu gewählten Mitgliedern den Eid abzunehmen. "Willkommen im Senat", sagte er zu den Neuankömmlingen.
Bei einer parallelen Sitzung im Abgeordnetenhaus zeichnete sich eine Wiederwahl des Republikaners John Boehner als Sprecher der Kammer ab. Vom konservativen Flügel formierte sich allerdings Widerstand. "Heute ist ein wichtiger Tag für unser Land", sagte der neue republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell. "Wir erkennen die enorme Herausforderung der vor uns liegenden Aufgabe an", sagte der 72-Jährige. "Ich sehe sehr optimistisch, was wir erreichen können."
In welchen Bereichen dürften Obama und die republikanische Parlamentsmehrheit in den kommenden Monaten aneinander geraten?
Energiepolitik
Während Obama den Ausbau von erneuerbaren Energien fördert, setzen die Republikaner voll auf fossile Energieträger wie Öl und Gas. In konservativen Kreisen gilt der Klimawandel als Mythos. Ein hoher Symbolwert kommt dem Pipelineprojekt Keystone XL zu, das der Präsident 2012 vorerst gestoppt hatte.
Bereits in dieser Woche wollen die Republikaner Gesetzentwürfe im Senat und im Repräsentantenhaus behandeln, die den Bau der von Umweltschützern kritisierten Ölpipeline von Kanada an die Golfküste im US-Bundesstaat Texas ermöglichen soll.
Obamacare
In den Augen der Republikaner gängelt der Präsident mit seiner Gesundheitsreform die Bürger und schadet der Wirtschaft. Der erzkonservative Tea-Party-Flügel der Partei verlangt eine komplette Rücknahme der Reform, ein derartiges Gesetz hat angesichts von Obamas Veto-Recht aber keine Chance.

John Boehner wurde als Sprecher des Repräsentantenhauses wiedergewählt und nimmt den Hammer wieder an sich.
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Die republikanische Parteiführung fährt daher offenbar die Strategie, Obamacare mit einer Vielzahl von Gesetzesänderungen schrittweise auszuhöhlen. So soll etwa der gesetzlich festgeschriebene Umfang einer Arbeitswoche von 30 auf 40 Stunden erhöht werden. Dadurch müssten Unternehmen weniger Angestellten eine Krankenversicherung bezahlen.
Einwanderungsreform
Erbost nahmen die Republikaner im November die Ankündigung Obamas auf, das Einwanderungssystem im Alleingang zu reformieren und fünf Millionen Migranten ohne gültige Papiere ein befristetes Bleiberecht zu gewähren.
Viele konservative Abgeordnete kritisieren dies als Amnestie für illegale Einwanderer. Aus diesem Grund sorgten sie dafür, dass die Finanzierung des Heimatschutzministeriums nur bis Ende Februar gesichert ist. Die Republikaner drohen damit, den Geldhahn für die Einwanderungspolitik zuzudrehen, sollte Obama an seinen Plänen festhalten.
Haushalt
Ein politischer Dauerbrenner in Washington war in den vergangenen Jahren der Streit um die Staatsfinanzen, der das Land mehrfach an den Rand der Zahlungsunfähigkeit brachte. Die Republikaner forderten dabei niedrigere Steuern und heftige Ausgabenkürzungen.
Mitte März stoßen die USA erneut an die gesetzliche Schuldenobergrenze, die endgültige Frist für eine Anhebung durch den Kongress dürfte im Frühsommer liegen. Zwar haben die Parteioberen der Republikaner klargestellt, dass sie keinen Zahlungsausfall riskieren würden. Ob ihnen die fiskalpolitischen Hardliner in den eigenen Reihen folgen, ist allerdings ungewiss.
Außenpolitik
Die Außenpolitik ist in den USA traditionelle Domäne des Präsidenten, doch auch dem Senat fällt eine wichtige Rolle zu. So müssen internationale Abkommen von der Kongresskammer ratifiziert werden. Zu den Befürchtungen von Obamas Regierung zählt, dass der republikanisch kontrollierte Kongress die Verhandlungen über das iranische Atomprogramm mit schärferen Sanktionen gegen Teheran durchkreuzen könnte. Außerdem steht noch immer ein Gesetz aus, das den US-Militäreinsatz gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak regelt.
Nominierungen
Spürbar ist der Machtwechsel im Senat auch bei den Personalentscheidungen, die einer Zustimmung der Kongresskammer bedürfen. Aktuell warten der designierte Verteidigungsminister Ashton Carter und die designierte Justizministerin Loretta Lynch auf ihre Bestätigung.
Spannend wird die Neubesetzung von vakanten Posten an Bundesgerichten, die mit ihren Urteilen zu heiklen Fragen wie der Homoehe auch politisches Gewicht haben. Für Obama dürfte es nun praktisch unmöglich werden, linksliberal gesinnte Juristen in hohe Richterämter zu hieven.
Quelle: ntv.de, bdk/dpa/AFP