Gebiete im Süden erobert Russland nimmt Flughafen nahe Kiew ein
24.02.2022, 18:24 Uhr
Dieses Bild soll ein zerstörtes Militärgebäude in Browary nahe Kiew zeigen.
(Foto: via REUTERS)
Bereits wenige Stunden nach Beginn des Großangriffs rücken russische Truppen bis auf wenige Kilometer an die ukrainische Hauptstadt heran. Die ukrainische Armee verliert einen Militärflughafen nahe Kiew und ganze Gebiete im Süden des Landes.
Die russische Armee hat nach Angaben der ukrainischen Regierung einen Militärflugplatz nahe Kiew eingenommen. Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es handele sich um den wenige Kilometer von der nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt gelegenen Flughafen Hostomel. Er habe die ukrainische Armee angewiesen, die "feindlichen Fallschirmjäger zu zerstören" und den Flugplatz zurückzuerobern.
Zudem verloren die ukrainischen Behörden nach eigenen Angaben die Kontrolle über Teile im Süden des Landes. Das teilte die Regionalverwaltung des Gebiets Cherson mit. Die Stadt Cherson liegt am Fluss Dnipro. Auch das Gebiet Henitschesk stehe nicht mehr unter ukrainischer Kontrolle.
Es gab bereits am Nachmittag Bilder, die zeigen, dass russische Truppen am Dnipro den Staudamm von Nowa Kachowka erobert haben sollen. Befürchtet wird, dass Russland auch in die Schwarzmeerstadt Odessa einmarschiert. Selenskyj sprach von einer schwierigen Lage im Süden des Landes. Nach ukrainischen Angaben wurden auch ein Kanal und ein Wasserkraftwerk erobert. Nach der Annexion der ukrainischen Schwarzmeerhalbinsel 2014 durch Russland hatte die Ukraine den für die Wasserversorgung wichtigen Nord-Krim-Kanal gesperrt.
Der Großangriff hatte in der Nacht begonnen. Russische Bodentruppen drangen von mehreren Seiten in die Ukraine ein, in zahlreichen Städten gab es Raketenangriffe. In Kiew und in der Hafenstadt Mariupol waren ebenso Explosionen zu hören wie in der Schwarzmeerstadt Odessa, in der zweitgrößten Stadt des Landes, Charkiw, sowie in Kramatorsk und an der Frontlinie zu den ostukrainischen Separatisten-Gebieten. Am Nachmittag lieferten sich russische und ukrainische Soldaten dann bereits Kämpfe nahe Kiew. Dutzende Menschen wurden getötet. Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko verhängte eine nächtliche Ausgangssperre.
Russland erobert ehemaliges AKW Tschernobyl

Beschädigte Radaranlagen und andere Ausrüstung einer ukrainischen Militäreinrichtung außerhalb von Mariupol.
(Foto: dpa)
Zudem übernahm das russische Militär nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über den zerstörten Atomreaktor von Tschernobyl. Russische Soldaten hätten das Gebiet um das ehemalige AKW im Norden der Ukraine nach "erbitterten" Kämpfen eingenommen, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychailo Podoljak am Abend. Der Unglücksreaktor könne daher nicht mehr als sicher angesehen werden, es handele sich um "eine der ernstesten Bedrohungen für Europa".
Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die russische Armee habe 83 landgestützte ukrainische Ziele zerstört, berichtet die Nachrichtenagentur Interfax. Demnach seien alle militärischen Ziele an diesem Donnerstag erreicht worden. Zuvor hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärt, der Militäreinsatz werde so lange wie nötig andauern. Der Westen verurteilte den Einmarsch als Völkerrechtsbruch, die NATO aktivierte ihre Verteidigungspläne.
Die EU kündigte an, umgehend verschärfte Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, sie werde den Staats- und Regierungschefs der 27 Mitgliedsländer ein weiteres Paket "massiver und gezielter Sanktionen" vorschlagen. Russland kündigte "harte" Vergeltungsmaßnahmen an. Die "unfreundlichen" Maßnahmen der EU würden Moskau nicht an der Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine hindern, betonte das Außenministerium.
Quelle: ntv.de, hul/dpa/AFP