Politik

Stellvertreter-Krieg in Syrien Russland und USA rüsten nach

Ein Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Aleppo.

Ein Kämpfer der Freien Syrischen Armee in Aleppo.

(Foto: REUTERS)

In Syrien liefern sich Befürworter und Gegner des Assad-Regimes einen erbitterten Krieg. Unterstützt werden sie jeweils von Russland und den USA. Bei den Verhandlungen über einen Ausweg aus der Krise in Genf geht es vor allem auch um dieses Thema.

Lawrow und Kerry bei einem Treffen Anfang des Jahres in Berlin.

Lawrow und Kerry bei einem Treffen Anfang des Jahres in Berlin.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Außenminister der USA und Russlands, John Kerry und Sergej Lawrow, wollen in Genf nach Wegen aus der Syrien-Krise suchen. Das Unterfangen gilt als sch wierig. Beobachter zweifeln, denn beide Seiten hätten im Vorfeld ihre Standpunkte geradezu betoniert.

Auf der einen Seite stehen die USA, die dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad klar die Schuld für den Giftgasanschlag vom 21. August zuschreiben. Für sie ist Assad ein Kriegsverbrecher. Dass Giftgas eingesetzt wurde, ist unbestritten. Ein Beweis, von wem, fehlt indes. Die USA liefern viele Indizien, aber wenig Fakten.

Auf der anderen Seite die Russen: Für sie steht fest, dass das Giftgas "nicht von den syrischen Streitkräften, sondern von den Oppositionskräften benutzt wurde, um eine Intervention (...) zu provozieren." Auch Moskau geizt mit Fakten. Beide Seiten präsentieren Video-Schnipsel, die nichts beweisen.

Sogar die Vereinten Nationen legen einen Bericht vor, der beiden syrischen Kriegsparteien "Kriegsverbrechen" bescheinigt. Die Experten müssen zugleich einräumen, dass "keine eindeutigen Aussagen zu eingesetzten Kampfstoffen, den Abschussvorrichtungen oder den Verantwortlichen" getroffen werden konnten. Eine weitere UN-Expertenmission, die in Syrien die Vorwürfe zu den Giftgas-Angriffen untersucht hatte, wird vermutlich am Montag einen anderen Bericht vorlegen. Die Inspektoren sollten nur untersuchen, ob C-Waffen eingesetzt wurden. Sie hatten kein Mandat, die Frage zu prüfen, wer für den Einsatz verantwortlich ist.

Vermutlich wird die Frage auch gar nicht mehr geklärt werden können,  weil alle Beteiligten auf ihren Standpunkten verharren. So haben Kerry und Lawrow freie Hand für Verhandlungen, wie den Syrern die Chemiewaffen abgenommen werden können, die ihnen über Jahre hinweg von den Russen geliefert wurden.

Pläne liegen auf dem Tisch

Ohne ein Entgegenkommen wird es dabei nicht gehen. Lawrow will die C-Waffen unter internationale Kontrolle stellen und vernichten lassen. Das dürfte Jahre dauern. Unter dem wachsamen Auge eines Heeres von Blauhelmsoldaten müssten die Waffen ausfindig gemacht werden. Der Rahmen dafür könnte eine UN-Resolution sein, die von den fünf Vetomächten des Sicherheitsrates getragen wird. Dabei haben die Russen bereits erkennen lassen, dass sie eine Drohgebärde der USA gegen Assad nicht unterstützen würden. Schon am vergangenen Dienstag hatte Lawrow eine Resolution, die Assad für eine Giftgasattacke am 21. August nahe Damaskus verantwortlich macht, als "inakzeptabel" bezeichnet. Nicht realistisch scheint auch der Vorschlag Frankreichs, Damaskus lediglich 15 Tage Zeit zu geben, seine gesamten Chemiewaffenbestände vollständig offen zu legen.

Eine Fabrik im russischen Maradykowo zur Vernichtung von Chemiewaffen.

Eine Fabrik im russischen Maradykowo zur Vernichtung von Chemiewaffen.

(Foto: dpa)

Russische Medien wissen bereits, dass Moskau einen Vier-Punkte-Plan zur Kontrolle und Vernichtung der syrischen Chemiewaffen ausgearbeitet hat. Demnach sehe der erste Schritt vor, dass Syrien der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OVCW) beitritt. Als weitere Schritte schlage Moskau vor, dass Syrien die Lager- und Produktionsstätten seines Chemiewaffenarsenals deklarieren müsse, dann den OVCW-Experten Zugang zu diesen Stätten gewähre und schließlich müsste in Schritt vier in Zusammenarbeit mit den Experten entschieden werden, wie die Bestände zerstört werden sollen. Dies könnten die USA und Russland sogar gemeinsam übernehmen.

US-Drohungen beeinflussen Assad nicht

Assad sagte zu, das Chemiewaffenarsenal seiner Streitkräfte unter internationale Kontrolle zu stellen. An die UN würden Dokumente versandt, um ein entsprechendes Abkommen zu schließen, sagte Assad im Gespräch mit dem russischen Staatssender Rossija 24. Dieser Entschluss sei aber keineswegs auf Druck der USA gereift. "US-Drohungen haben den Beschluss nicht beeinflusst", versicherte er. Vielmehr betonte er laut russischer Übersetzung: "Syrien wird seine chemischen Waffen wegen Russland unter internationale Kontrolle stellen."

Ein konkreter Plan, wie die Chemiewaffen gefunden, sichergestellt und zerstört werden können, liegt noch nicht einmal in Ansätzen vor. Nahost-Experte Michael Lüders sah in den Verhandlungen zwischen den USA und Russland dennoch eine Chance, den Krieg in Syrien zu beenden. Voraussetzung sei, dass die Syrer tatsächlich ihre Chemiewaffenbestände offenlegten und sie anschließend vernichten ließen, sagte er n-tv. Außerdem müsse es einen Fahrplan für Wahlen in Syrien geben - "möglichst unter Ausschluss von Baschar al-Assad".

"Es ist nicht ausgeschlossen, dass wir jetzt einige Wochen Verhandlungen erleben werden bis dann Washington oder Paris sagt: 'Genug der Worte. Baschar al-Assad ist nicht kooperativ genug. Wir greifen trotzdem an' ", warnte Lüders weiter. "Das wäre dann ein Szenario ähnlich wie im Irak unter Saddam Hussein."

Beide Seiten liefern Waffen

Wie die "Waffenlücke" in Syrien geschlossen werden könnte, dazu haben Russland und die USA offenbar aber schon Ideen: Putin hatte auf dem G20-Gipfel in Sankt Petersburg angedeutet, Assad auch weiterhin mit Waffen zu beliefern. Sollten die C-Waffen zerstört werden, könne sich Moskau die Lieferung von konventionellen Waffen nach Damaskus vorstellen. Genaueres gehört noch in das Reich der Fantasie. Auch Berichte, wonach bereits russische Waffenlieferungen unterwegs seien, wurden vom Kreml weder bestätigt noch dementiert.

Konkreter wird da bereits die "Washington Post". Die US-Zeitung berichtet, dass die USA mit der Aufrüstung der syrischen Rebellen begonnen habe. In den vergangenen zwei Wochen habe der Geheimdienst CIA leichte Waffen und Munition an Assads Gegner geschickt. Das US-Außenministerium habe überdies Fahrzeuge und technische Ausrüstung wie modernste Kommunikationsgeräte auf den Weg gebracht, hieß es unter Berufung auf US- und syrische Quellen. Die CIA lehnt bislang eine Stellungnahme zu dem Bericht ab.

Auf die Weltpolizisten aus Washington und Moskau warten aber noch weitere Aufgaben. Denn während die Welt gebannt auf Syrien schaut, baut der Iran seine Kapazitäten zur Urananreicherung weiter aus und installiert nebenbei auch moderne Zentrifugen. Baufortschritte werden auch aus der Plutoniumfabrik Arak gemeldet. Ähnliche Nachrichten kommen auch aus Nordkorea. Das kommunistische Land soll einen Atomreaktor zur Produktion von Plutonium wieder hochgefahren haben. In Yongbyon könnten jährlich sechs Kilogramm Plutonium hergestellt werden, wodurch das Land seine Atomwaffenbestände langsam erweitern könnte.

Quelle: ntv.de, ppo/hah/dpa/AFP/rts

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