Politik

Merkels vierte Amtszeit Seehofer: Diese Debatte ist "dämlich"

Tritt Angela Merkel 2017 noch einmal an, um Kanzlerin zu bleiben? Über ihre politische Zukunft wird derzeit auch in der CDU eifrig debattiert. CSU-Chef Horst hält das für verzichtbar. Man habe das Vorgehen längst auf der Unionsklausur in Potsdam festgezurrt.

Die derzeitige Debatte über eine erneute Kanzlerkandidatur von Angela Merkel stößt in der CSU auf großes Unverständnis. "Ich halte das für eine selten dämliche Diskussion", sagte Parteichef Horst Seehofer der "Süddeutschen Zeitung". Er kündigte an, die Union werde am vereinbarten Fahrplan festhalten. Das bedeutet, CDU und CSU wollen zunächst unabhängig voneinander festlegen, mit welchen Inhalten sie in die Bundestagswahl 2017 ziehen. Anschließend wollen sie ihre Ziele auf Gemeinsamkeiten überprüfen. Erst dann stelle sich die Frage, mit welchem Personal die Union antrete.

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Seehofer und Merkel haben schon viele Streits ausgetragen. Jetzt setzt der CSU-Chef auf leise Töne.

(Foto: dpa)

Diese Abfolge sei auf der Unionsklausur in Potsdam vereinbart worden, und genau so werde sie auch eingehalten, sagte der CSU-Chef. Das habe er am Sonntag mit Merkel erneut abgesprochen. Seehofer machte deutlich, die inhaltlichen Fragen müssten spätestens bis zu den Parteitagen der CSU im November und CDU im Dezember geklärt sein. Demnach könnte sich Merkel auf dem Parteitag aber nicht nur als CDU-Vorsitzende bestätigen lassen, sondern auch ihre vierte Kanzlerkandidatur ausrufen. In der Union gilt dieser Plan als realistisch. Sollte Merkel erneut Kanzlerin werden wollen, würde sie so den Druck auf die Delegierten erhöhen, ihr ein gutes Ergebnis als CDU-Chefin zu bescheren.

Der CSU-Chef sagte, er könne ja verstehen, dass die Medien eine andere Diskussion führen wollten. Es wäre aber falsch, mit großem zeitlichen Abstand zu den Wahlen schon über Namen zu sprechen. Das gelte für den Bund wie für Bayern. "Das können vielleicht Menschen machen, die wie Micky Mäuse in der Politik sind, aber keine Vollprofis." Zudem sei er froh, dass die Union Merkel habe. Er betonte aber auch, dass weder Merkel noch er selbst unersetzlich seien: "Niemand ist in keinem Bereich auf Gedeih und Verderb auf jemanden angewiesen."

Keine "machttaktischen Spielchen" mehr

Seehofer warnte die Unionspolitiker mit Blick auf die Wahlen, keine "Leichtmatrosendiskussionen" mehr zu führen, etwa über künftige Koalitionen. Nach einem Besuch des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) bei Merkel waren Spekulationen über ein schwarz-grünes Bündnis für den Bund laut geworden. Kretschmann selbst wird als Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gehandelt. Die Wahl im Februar 2017 gilt als Signal für künftige Koalitionen. Die CSU lehnt ein Bündnis mit den Grünen strikt ab. Seehofer sagte der SZ, er habe mit Merkel bislang noch nicht über Namen für die Nachfolge von Bundespräsident Joachim Gauck gesprochen.

Führende CDU-Politiker sprechen sich inzwischen offen für eine weitere Kanzlerkandidatur Merkels aus. Die stellvertretende Parteichefin Julia Klöckner sagte, sie könne sich als Kanzlerkandidaten "keinen anderen vorstellen als Angela Merkel". Es sei jedoch Merkels Sache, den Zeitpunkt zu verkünden. Auch der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier, die saarländische Regierungschefin Annegret Kramp-Karrenbauer und CDU-Vize Armin Laschet plädierten in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" für eine vierte Amtszeit Merkels. Bislang hatten sich CDU-Spitzenpolitiker öffentlich kaum über eine weitere Kandidatur geäußert.

"Der Spiegel" hatte am Wochenende berichtet, Merkel werde ihre Entscheidung erst im Frühjahr 2017 bekannt geben, weil Seehofer erst dann erkläre, ob er die CDU-Chefin wieder unterstütze. Seehofer wies derweil Gerüchte zurück, die Nachricht sei aus der CSU lanciert worden. Es sei aber schädlich, schon jetzt über Koalitionen oder die Vergabe von Posten zu sprechen, erst müsse der Kurs klar sein. Die Bevölkerung habe "machttaktische Spielchen bis unter die Kinnlade satt".

Macht als Fluch und Segen

Für die CSU ist Merkels persönliche Zukunftsfrage nur ein Aspekt in der politischen Ehe mit der CDU. "Wir sind der politische Dienstleister mit absoluter Mehrheit in Bayern und haben weit mehr zum Ziel als andere Parteien mit 12 oder 20 Prozent", sagt CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Dieses Selbstverständnis ist für die CSU Fluch und Segen zugleich. So kann Seehofer, so mächtig er auch in der Union ist, nicht alleine entscheiden, ob die CSU Merkels Kandidatur unterstützt oder eben nicht. Er muss die Basis bei der Entscheidungsfindung mitnehmen.

Knapp ein Jahr nach Merkels Entscheidung für eine offene Flüchtlingspolitik liegt noch immer eine tiefe Kluft zwischen CSU und CDU. Mit ganz pragmatischen wie weitreichenden Folgen: Nach wie vor fände sich an der CSU-Basis kaum jemand, der bereit wäre, Merkel im Wahlkampf zu unterstützen, heißt es etwa aus der CSU-Landtagsfraktion. Aber auch das ist in Bayern ein offenes Geheimnis: Letztlich will die CSU keinen dauerhaften Bruch mit der CDU. Deshalb ist gerade in den höheren Parteikreisen ein gemeinsamer Kanzlerkandidat weiter klares Ziel.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa

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