"Wir brauchen keinen Therapeuten" Seehofer signalisiert ein bisschen Frieden
05.12.2015, 15:45 Uhr
Seehofer hatte für seine harte Linie im Flüchtlingsstreit mit der Kanzlerin zuletzt viel Kritik einstecken müssen.
(Foto: imago/CommonLens)
Wochenlang gibt sich der CSU-Chef im unionsinternen Streit um Obergrenzen bei der Aufnahme von Flüchtlingen konfrontativ, nun demonstriert er Kompromissbereitschaft. In Wahrheit wollten doch alle dasselbe - zumindest bis zum Jahresende.
Der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer hat die Union in der Flüchtlingsdebatte vor Streit um Begriffe wie Obergrenze oder Kontingent gewarnt. Letztlich gehe es um die Begrenzung der Flüchtlingszahlen, sagte der bayerische Ministerpräsident auf einem Parteitag der Thüringer CDU in Zeulenroda. "Kein Land dieser Welt ist in der Lage, unbegrenzt Flüchtlinge aufzunehmen." Eine Obergrenze dürfe nicht als Abschottung verstanden werden.
In Wahrheit wollten doch alle dasselbe, sagte Seehofer. "Obergrenzen sind eine Begrenzung. Reduzierung ist eine Begrenzung. Und Kontingente sind eine Begrenzung", betonte er mit Blick auf die von der SPD und Merkel geforderten Kontingentlösungen und die mehrfache Ankündigung der Kanzlerin, die Zahl der ankommenden Flüchtlinge zu reduzieren.
Gerade Bayern habe in den vergangenen Monaten mit dem Empfang Hunderttausender Flüchtlinge eine "Visitenkarte der Mitmenschlichkeit" abgegeben, so Seehofer. Zudem unterstütze er alle internationalen Bemühungen Merkels, die Fluchtursachen zu bekämpfen. Würden diese aber nicht bis Jahresende greifen - wie es mit der Kanzlerin vereinbart worden sei, müssten Maßnahmen zur Reduzierung des Flüchtlingszustroms ergriffen werden. "Wenn das alles nicht rechtzeitig oder nicht wirksam genug kommt, müssen wir Wert darauf legen, dass wir auch bei uns in Deutschland und Europa Recht und Ordnung herstellen", sagte er, ohne Details zu nennen.
Cameron besucht CSU-Tagung
Seehofer begrüßte ausdrücklich auch die Gespräche mit der Türkei - machte aber klar: "Was wir in Bayern nicht wollen ist, dass die Flüchtlingskrise benutzt wird, um die Türkei als Vollmitglied in die EU zu bringen." Delegierten, die den Streit über die Flüchtlingspolitik innerhalb der Union kritisieren, gab der CSU-Chef mit: "Machen Sie sich mal keine Sorgen über die Zusammenarbeit der CSU mit der Bundeskanzlerin. Wir brauchen keinen Therapeuten." Merkel war aus Sicht vieler beim CSU-Parteitag kürzlich von Seehofer auf offener Bühne abgekanzelt worden.
Derweil hat der britische Premierminister David Cameron angekündigt, im Januar die Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten in Wildbad Kreuth besuchen zu wollen. Dem "Spiegel"-Magazin zufolge will Cameron mit den Christsozialen über die Flüchtlingskrise und die Zukunft der EU sprechen. Das genaue Programm steht nach Angaben der einer CSU-Sprecherin noch nicht fest. Wie schon länger bekannt ist, will auch Kanzlerin Merkel nach Wildbad Kreuth kommen.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/rts