Syriens Zukunft "am Scheideweg" Steinmeier warnt Kreml vor neuer Eskalation
11.02.2016, 06:56 Uhr
Nach dem Beschuss: Ein Straßenzug in dem einst von Christen und Armeniern bewohnten Stadtteil Suleimaniyeh in Aleppo.
(Foto: AP)
Vor der Syrien-Konferenz in München erhöht Außenminister Frank-Walter Steinmeier den Druck auf Russland: Das Risiko, dass der Kampf um Aleppo jede Chance auf Frieden zunichte macht, ist groß. Doch Moskau zeigt sich unbeeindruckt.
Vor der Syrien-Konferenz in München hat Außenminister Frank-Walter Steinmeier vor einer weiteren Eskalation der Gewalt in dem Bürgerkriegsland gewarnt. "Unsere Bemühungen für einen Friedensprozess für Syrien stehen wieder einmal an einem Scheideweg", sagte der SPD-Politiker. "Wie soll es möglich sein, am Verhandlungstisch nach Kompromissen zu suchen, während gleichzeitig bei Aleppo und anderswo mit immer größerer Brutalität Krieg geführt wird?"

In München treffen Frank-Walter Steinmeier und Sergej Lawrow erneut zusammen.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die internationale Gemeinschaft lotet die Chancen für eine Wiederaufnahme der Syrien-Friedensgespräche aus, die Anfang Februar nach nur wenigen Tagen abgebrochen wurden. Auslöser waren massive Angriffe des syrischen Regimes und der russischen Luftwaffe in der Provinz Aleppo gewesen. Dort sind rund 50.000 Menschen vor dem Bombardements geflohen - den Menschen, die geblieben sind, fehlt es an Wasser, Nahrung und Schutz.
An der Münchner Konferenz nehmen Außenminister und andere hochrangige Vertreter von 17 Staaten teil, darunter die USA, Russland, Saudi-Arabien, Iran und die Türkei. Diesen fünf Länder werden Schlüsselrollen bei den Bemühungen um eine Lösung des Konflikts zugesprochen. Steinmeier erwartet konkrete Vereinbarungen, um so schnell wie möglich zumindest ein Ende der Gewalt und die Verbesserung der humanitären Zugänge zu erreichen. "Wir müssen verhindern, dass alles, was wir in den letzten Monaten erreicht haben, zunichte gemacht wird und wir ungebremst in eine neue Runde der Eskalation steuern", sagte der SPD-Politiker. "Allen muss klar sein, welche Folgen das für Millionen Menschen in Syrien haben würde."
Russland will verhandeln - und bombardiert weiter
Der Außenminister appellierte an die Verantwortung aller an den Verhandlungen beteiligten Akteure. "Ohne den Druck und die tatkräftige Mithilfe der regionalen und internationalen Mächte wird es in Genf keinen Zentimeter vorangehen", sagte er. Die bevorstehende Konferenz hat Russland bisher nicht von neuerlichen Luftangriffen abgehalten. Noch am Mittwoch hielten die Bombardements unvermindert an - und das, obwohl der russische UN-Botschafter Vitali Tschurkin in New York eine mögliche Waffenruhe offenbar nicht ausschloss. Moskau sei bereit, über alle sinnvollen Vorschläge für eine Feuerpause zu sprechen, so Tschurkin. Forderungen nach einem Ende der Bombardements erteilte er eine Absage. "Wir sind nicht kurz davor, unser Verhalten zu rechtfertigen."
Bei den Kämpfen nördlich der Großstadt Aleppo kamen in den vergangenen Tagen nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte mehr als 500 Menschen ums Leben. Seit Anfang Februar rücken die Einheiten von Machthaber Baschar al-Assad in der Schlüsselregion mit russischer Hilfe gegen Rebellen vor. Der syrische Bürgerkrieg dauert inzwischen seit fast fünf Jahren an. Mehr als 260.000 Menschen wurden getötet.
Quelle: ntv.de, jug/dpa/AFP