Politik

Passagierkontrollen wie im Flieger? Thalys-Angriff deckt Sicherheitslücke auf

Der Thalys-Zug fährt auch in Köln: Im ezuropäischen Zugverkehr gibt es so gut wie keine Kontrollen.

Der Thalys-Zug fährt auch in Köln: Im ezuropäischen Zugverkehr gibt es so gut wie keine Kontrollen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Nervosität der Sicherheitsbehörden wächst: Das vereitelte Attentat in einem Thalys-Zug zeigt, wie verwundbar der europäische Zugverkehr als Ziel für mögliche Terroristen ist. Flugverkehr und Schifffahrt könnten als Vorbild dienen.

Nach dem vereitelten Attentat in einem Thalys-Zug steigt der Druck auf die EU-Staaten, mehr für die Sicherheit im internationalen Bahnverkehr zu tun. Es gebe dafür mehrere Möglichkeiten, unter anderem das systematische Durchleuchten von Fahrgastdaten oder den Einbau von Überwachungskameras an Bord, sagte ein EU-Experte in Brüssel.

Europa würde damit Neuland betreten. Bisher gibt es - anders als für die Luft- und Schifffahrt - keine gemeinsame Gesetzgebung zu Sicherheitsmaßnahmen im Schienenverkehr. Bei einem schon länger geplanten Treffen eines Brüsseler Gremiums von Vertretern der 28 EU-Staaten und der Branche solle Mitte September über verstärkte Sicherheitsmaßnahmen gesprochen werden, erklärte der EU-Experte, der namentlich ungenannt bleiben wollte. Die EU-Verkehrsminister werden dann am 8. Oktober tagen.

Kontrollen wie im Eurostar

Auch innerhalb des Schengengebiets für den freien Reiseverkehr seien bei Zügen Sicherheitsüberprüfungen möglich, hieß es. Es dürften jedoch nicht Pässe oder Ausweise wie bei klassischen Grenzkontrollen überprüft werden. Der belgische Premier Charles Michel hatte für den Thalys Kontrollen wie beim Eurostar-Zug ins Spiel gebracht, der vom europäischen Festland aus nach London verkehrt.

Passagiere des Eurostars müssen sich ausweisen und ihr Gepäck kontrollieren lassen. Diese Überprüfungen sind auch deshalb nötig, weil Großbritannien nicht zum Schengen-Raum gehört. Eine Speicherung und Auswertung von Daten von Eisenbahnpassagieren ist laut EU-Experten bisher nicht auf der europäischen Tagesordnung, könnte aber debattiert werden.

Verfahren für Flugpassagiere

Die EU-Institutionen beraten derzeit ein solches Verfahren für Flugpassagiere. Es sollen dabei Daten wie Name des Reisenden oder etwa Kreditkartennummern auf Vorrat gespeichert werden. Fahnder könnten diese dann im Kampf gegen den Terrorismus und andere schwere Verbrechen nutzen. Die Speicherung soll auf internationale Flüge mit Start und Landung in der EU begrenzt sein - aber nicht für Flüge innerhalb Europas gelten.

Vier Tage nach dem verhinderten Anschlag in einem Zug von Amsterdam nach Paris fahndet die belgische Polizei nach möglichen Komplizen des Attentäters. Bei zwei Razzien in Brüssel hätten die Beamte einige Gegenstände beschlagnahmt, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Die Durchsuchungen konzentrierten sich demnach auf Sint-Jans-Molenbeek, ein Innenstadtviertel der belgischen Hauptstadt.

Wenig glaubwürdige Aussagen

Die Polizei versucht unterdessen noch herauszufinden, wo der Verdächtige gelebt hat. Der mutmaßliche Islamist hatte den Thalys-Zug am Freitag in Brüssel bestiegen. Er war unter anderem mit einem Kalaschnikow-Sturmgewehr bewaffnet und verletzte zwei Menschen, bevor er von Zuginsassen überwältigt werden konnte: Zwei US-Soldaten und weitere Passagiere überwältigten den Mann und verhinderten damit womöglich ein Blutbad.

Nach Überzeugung der Pariser Staatsanwaltschaft wollte der Mann einen islamistischen Anschlag verüben. Gegen den gebürtigen Marokkaner wurden richterliche Vorermittlungen wegen versuchten Mordes im Zusammenhang mit einem terroristischen Vorhaben eingeleitet, wie Staatsanwalt François Molins mitteilte. Dem 25-Jährigen werden auch die Zugehörigkeit zu einer terroristischen Gruppe und unerlaubter Waffenbesitz vorgeworfen.

Kalaschnikow und 270 Schuss

Angaben El Khazzanis, er habe keinen Anschlag verüben, sondern die Thalys-Passagiere lediglich ausrauben wollen, seien nicht glaubwürdig, sagte der für Terror-Ermittlungen zuständige Staatsanwalt Molins. Mit seiner schweren Bewaffnung - einem Schnellfeuergewehr mit insgesamt 270 Schuss Munition, einer Pistole und einem Teppichmesser - hätte er eine "große Zahl Menschen töten oder schwer verletzen können".

El Khazzani sei in der Vergangenheit als radikaler Islamist aufgefallen, sagte Molins weiter. Er habe noch im Zug auf seinem Handy ein Youtube-Video aufgerufen, in dem zu "gewaltsamen Aktionen im Namen des Islam" aufgerufen wird. Der 25-Jährige sitzt in Untersuchungshaft.

Quelle: ntv.de, mmo/jgu/AFP/dpa/rts

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