Politik

Artillerieangriffe im Osten "Russische Offensive hat bereits begonnen"

Dieses von der russischen Staatsagentur Tass verbreitete Bild soll russische Soldaten bei Schießübungen im nordwestrussischen Sputnik zeigen.

Dieses von der russischen Staatsagentur Tass verbreitete Bild soll russische Soldaten bei Schießübungen im nordwestrussischen Sputnik zeigen.

(Foto: picture alliance/dpa/Russian Northern Fleet Press Off)

Der österreichische Oberst Reisner geht davon aus, dass die Großoffensive der Russen in der Ostukraine bereits begonnen hat, auch wenn sie noch nicht als solche erkennbar sei. Russland bringe große Mengen Material an die Front und suche Schwachstellen der ukrainischen Verteidigung.

Die lange erwartete Großoffensive der Russen in der Ukraine hat auf niedrigem Niveau bereits angefangen. Nach Einschätzung des österreichischen Militärexperten Markus Reisner gibt es "klare Indikatoren dafür, dass Russland seit Anfang Februar damit begonnen hat, an mehreren Abschnitten entlang der Front Druck auszuüben".

Dabei komme es "vor allem zu massiven Artillerieangriffen und Vorstößen von Kompanie- und Bataillons-Kampfgruppen", sagte Reisner ntv.de. Am Montag hatte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gesagt, knapp ein Jahr nach Beginn der Invasion bereite Russlands Präsident Putin nicht Frieden vor, sondern starte neue Offensiven. Auf die Frage, ob es sich dabei um die lange erwartete Großoffensive handele, sagte Stoltenberg: "Ich glaube, die Realität ist, dass wir den Start (der Offensive) schon sehen."

Russland schicke "Tausende und Abertausende" neue Truppen in die Ukraine und sei bereit, sehr hohe Verluste hinzunehmen, übe damit aber großen Druck auf die Ukraine aus. "Was Russland an Qualität fehlt, versuchen sie mit Quantität auszugleichen", sagte Stoltenberg. Die Führung, Logistik, Ausrüstung und Ausbildung der russischen Armee sei nicht so gut wie die der Ukrainer, "aber sie haben mehr Truppen". Stoltenberg mahnte, je schneller die Ukraine neue Waffen, Munition, Ersatzteile und Treibstoff bekomme, desto mehr Leben könnten gerettet werden.

Das "Shaping" läuft bereits

Reisner sagte ntv.de, die russische Offensive habe bereits begonnen, auch wenn sie noch nicht als Großoffensive erkennbar sei. Noch laufe das sogenannte Shaping - die Vorbereitung einer Schlacht. Die Artillerieangriffe dienten dazu, Schwachstellen der ukrainischen Verteidigung zu finden. Dies betreffe vor allem die Front in der Region Donezk, etwa in den Städten Wuhledar, Marjinka und vor allem Bachmut, die Berichten zufolge kurz vor der Einkesselung durch russische Truppen steht. Russische Vorstöße gebe es auch weiter nördlich in Kreminna in der Region Luhansk.

Im aktuellen Update des britischen Verteidigungsministeriums heißt es, in den vergangenen drei Tagen habe die Söldnertruppe Wagner "höchstwahrscheinlich weitere kleine Fortschritte am nördlichen Stadtrand der umkämpften Donbass-Stadt Bachmut erzielt" und sei bis in das Dorf Krasna Hora vorgedrungen. Dies hatte die ukrainische Armee am Montagabend noch dementiert. Dem Verteidigungsministerium in London zufolge wollen die Russen vermutlich nach Westen zum Fluss Scherebez vordringen. Der täglich erscheinende Bericht basiert auf Informationen der Geheimdienste. Dort heißt es weiter, das derzeitige operative Bild deute darauf hin, "dass die russischen Streitkräfte in den meisten Sektoren den Befehl zum Vormarsch erhalten, dass sie aber auf keiner Achse genügend offensive Kampfkraft gebündelt haben, um eine entscheidende Wirkung zu erzielen".

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Diese Einschätzung hält Reisner "auf der Zeitachse gesehen", also langfristig, für zu optimistisch. Die Russen seien längst damit beschäftigt, große Mengen an Gerät und Nachschub in die Nähe der Front zu bringen, sagt der Oberst, der Leiter der Forschungs- und Entwicklungsabteilung an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt ist. Auch dies sei ein Hinweis darauf, dass die bereits laufende Offensive bald sichtbar werden dürfte.

Die Ukraine rechnet bereits seit einiger Zeit damit, dass Russland zum Jahrestag seines Überfalls auf das Nachbarland eine große Offensive starten wird. Vor zwei Wochen sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, die russischen Streitkräfte versuchten, Gewinne zu erzielen, um diese am Jahrestag ihrer Invasion, am 24. Februar, vorweisen zu können. "Die Offensivoperationen der Besatzer an der Front im Osten unseres Landes haben eindeutig zugenommen. Die Lage hat sich verschärft", sagte er in einer seiner täglichen Videoansprachen.

Quelle: ntv.de

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