Politik

Orban nennt es "Migrationskrieg" Ungarn und Polen blockieren Konsens zu EU-Asylpolitik

Ungarns Ministerpräsident Orban droht, EU-Gelder für die Ukraine zu blockieren.

Ungarns Ministerpräsident Orban droht, EU-Gelder für die Ukraine zu blockieren.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Anfang Juni handeln die EU-Innenminister mühsam eine Reform der europäischen Asylpolitik aus. Während die darin enthaltenden Verschärfungen in Deutschland für Diskussionen sorgen, sind auch Länder wie Ungarn und Polen unzufrieden - aber aus anderen Gründen. Das hat Folgen.

Beim EU-Gipfel ist den 27 Mitgliedsstaaten wegen einer Blockade durch Ungarn und Polen kein Konsens zur europäischen Asylpolitik gelungen. Dies bestätigten mehrere EU-Diplomaten in Brüssel. Es werde keine gemeinsame Erklärung zum Thema Migration geben, sondern ein Papier von EU-Ratspräsident Charles Michel. Ein Sprecher Michels gab auf Twitter das Ende des Gipfels bekannt.

Polen und Ungarn hatten vorbereitete Texte zur Asylpolitik blockiert. Sie lehnen einen Anfang Juni von den EU-Innenministern ohne ihre Zustimmung mehrheitlich beschlossenen Kompromiss ab. Die anstehenden Verhandlungen mit dem Europaparlament im laufenden Gesetzgebungsverfahren können zwar trotzdem starten. Dennoch ist die Blockade der beiden Länder von großer Symbolkraft - und könnte andere EU-Vorhaben gefährden. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban drohte damit, EU-Gelder für die Lieferung von Waffen und Ausrüstung an die ukrainischen Streitkräfte zu blockieren. Die Brüsseler Verhandlungen beschrieb er im staatlichen Radio als "Migrationskrieg" im Sitzungssaal.

Trotz des Streits erwartet Bundeskanzler Olaf Scholz, dass die Europäische Union eine gemeinsame und für alle verbindliche Migrationspolitik beschließen wird. Dies sagte der SPD-Politiker zum Abschluss des zweitägigen Gipfels. Aus seiner Sicht müssten irreguläre Migration begrenzt und zugleich reguläre Migrationsangebote gemacht werden, sagte Scholz. Dass dies nicht alle Mitgliedsstaaten so sähen wie die große Mehrheit in der Gemeinschaft, sei klar. Es gehöre dazu, dass dies diskutiert werde, "und das hat sich im (Europäischen) Rat auch zugetragen".

Dass sich die Innenminister Anfang Juni mehrheitlich auf einen Kompromiss in der Asylpolitik verständigt hätten, zeige die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, meinte Scholz. Deutschland hoffe weiter auf Verbesserungen im Gesetzgebungsverfahren. Wichtig sei, dass die Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament nun zügig abgeschlossen würden. Er gehe davon aus, dass dies anschließend auch von allen Ländern umgesetzt werde, sagte Scholz.

Warschau: Migrationspolitik per Konsensprinzip entscheiden

Die gemeinsame europäische Asylpolitik ist auch in der deutschen Innenpolitik umstritten - allerdings aus anderen Gründen. Während der mühsam von den EU-Innenministern ausgehandelte Kompromiss hierzulande wegen Verschärfungen beim Asylzugang als zu hart gilt, wehren sich Polen und Ungarn gegen die vorgesehene Verteilung von Schutzsuchenden. Die Pläne sehen vor, dass die Aufnahme von Flüchtlingen künftig nicht mehr freiwillig, sondern verpflichtend sein soll. Länder, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, würden zu Ausgleichszahlungen gezwungen.

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Polen fordert, dass jedes EU-Land selbst darüber entscheiden sollte, wie es Länder mit besonders hohen Migrationszahlen unterstützt. Die Aufnahme von Schutzsuchenden sollte freiwillig sein, hieß es in einem polnischen Textvorschlag für die Gipfelerklärung, der der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Die polnische Regierung stellte sich zudem auf den Standpunkt, dass in der Migrationspolitik nach dem Konsensprinzip entschieden werden sollte, also nicht per Mehrheitsentscheidung.

Die estnische Regierungschefin Kaja Kallas sagte, sie habe das Gefühl, in den Gesprächen in Brüssel stecke noch viel Bitterkeit aus früheren Diskussionen, etwa aus den harten Verhandlungen zu Migrationsfragen im Jahr 2015. "Aber wenn man einfach zu allem Nein sagt und alle anderen versuchen, Kompromisse zu schließen, funktioniert das nicht wirklich." Auch Zyperns Präsident Nikos Christodoulides rief zur Geschlossenheit auf. "Migration ist ein gemeinsames Problem, und wir müssen das, was wir über Solidarität sagen, auch in die Tat umsetzen."

Quelle: ntv.de, fzö/dpa

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