Steinmeier: NPD-Sitz "ein Graus" Union gewinnt Wahl, SPD legt zu
26.05.2014, 07:22 Uhr
Die Union bleibt bei der Europawahl stärkste Kraft - bekommt aber massiven Gegenwind: Die SPD legt zu, die AfD fährt ein triumphales Ergebnis ein. Auch viele kleine Parteien kommen ins Parlament, unter anderem die NPD, die ÖDP und die Satire-Partei "Die Partei".
Die etablierten deutschen Parteien haben bei der Europawahl ihre Vormachtstellung behauptet - sie bekommen allerdings Gegenwind von den Euroskeptikern. Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge wurde die Union trotz Verlusten mit 35,3 Prozent stärkste Kraft. Die SPD legte auf 27,3 Prozent zu. Aus dem Stand holte die euroskeptische AfD sieben Prozent. Sie ist damit erstmals im Europaparlament vertreten.
Wegen des Wegfalls der Prozenthürde ist auch die rechtsextreme NPD mit einem Parlamentarier vertreten. Die Grünen erreichten bei der Wahl 10,7 Prozent der Stimmen, die Linke kam auf 7,4 Prozent. Die FDP stürzte auf 3,4 Prozent ab. Damit sind im neuen Europaparlament 14 deutsche Parteien vertreten. Die Wahlbeteiligung lag mit gut 48 Prozent deutlich höher als 2009 mit 43,3 Prozent.
CDU und CSU entsenden zusammen 34 Parlamentarier und damit acht weniger als im scheidenden Parlament, die SPD 27 (plus vier Sitze). Die Grünen sind mit elf Sitzen im Europaparlament vertreten (minus drei Mandate), die Linke mit sieben Sitzen (minus ein Mandat) und die FDP nur noch mit drei Sitzen (minus neun Sitze). Die AfD entsendet sieben Parlamentarier. Durch den Wegfall der Prozenthürde sind außerdem zahlreiche Parteien mit einem Parlamentarier vertreten: neben der NPD die Freien Wähler, die Tierschutzpartei, die Familie, die Piraten, die ÖDP und die Satire-Partei "Die Partei".
Außenminister Frank-Walter Steinmeier nannte es einen "Graus, dass auch eine NPD aus Deutschland im Europaparlament vertreten sein wird". Er hoffe, dass es der Vielzahl unterschiedlicher rechts- und linksnationalistischer Parteien künftig nicht gelingen werde, die Europapolitik zu prägen, sagte er bei n-tv. Mit Blick auf die Debatte über die künftige EU-Kommissionspräsidentschaft blieb Steinmeier verhalten. "Das Wahlergebnis ist nicht so, dass es ein Durchmarsch für Martin Schulz auf den Kommissionspräsidenten wird." Man müsse nun abwarten, was die im Parlament vertretenen Parteien sagen, und wer am Ende die Parteien und die Stimmen im europäischen Parlament hinter sich versammle.
Seehofer enttäuscht
CDU-Spitzenkandidat David McAllister sagte, seine Partei habe ihr Ziel erreicht, stärkste Kraft zu werden: "Wir sind die Nummer eins." Die Union büßte allerdings insbesondere wegen herber Verluste der CSU Stimmen ein. CSU-Chef Horst Seehofer sprach von einer "herben Enttäuschung". SPD-Parteichef Sigmar Gabriel lobte das Ergebnis als den "größten Zugewinn, den die SPD jemals bei einer deutschlandweiten Wahl erreicht hat".
AfD-Parteichef Bernd Lucke sprach von einem Denkzettel für die etablierten politischen Kräfte. Im Europaparlament wolle die AfD "kritisch-konstruktiv" mitarbeiten. Lucke bestritt, dass seine Partei anti-europäisch oder rechtslastig sei. "Wir wollen das Wohl Europas", beteuerte er.
Im Rennen um den EU-Kommissionspräsidenten sieht die SPD nun Martin Schulz gestärkt, die CDU setzt weiter auf Jean-Claude Juncker. Die Spitzenkandidaten Juncker und Schulz kündigten an, sich nun um eine Mehrheit im Europaparlament bemühen zu wollen.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP