Politik

Sicherheitslücken in Deutschland Vorratsdatenspeicherung wieder gefragt

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Tape-Bibliothek in einem Nebenraum des Supercomputers "Blizzard" im Deutschen Klimarechenzentrum in Hamburg.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ermittlungsbehörden fordern die Vorratsdatenspeicherung schon seit Jahren. SPD und Opposition lehnen sie schon ebenso lange ab. Nach dem Anschlag in Paris wird die Debatte nun wiederbelebt - mit einem etwas schärferen Ton.

Die deutsche Polizei pocht nach den Anschlägen von Paris erneut auf die Einführung der Vorratsdatenspeicherung. Die Anschläge hätten gezeigt, dass es wichtig sei, "in die Vergangenheit, das heißt in die Kommunikationsvergangenheit dieser Terroristen zu schauen", sagte der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, im Gespräch mit n-tv. "Deshalb ist die Vorratsdatenspeicherung so wichtig." Es gehe nicht darum, "Eierdiebe zu fangen, sondern um wirklich sehr, sehr gefährliche Terroristen".

Aufgrund gesammelter Kommunikationsdaten könne man nach einem Anschlag feststellen, mit wem die Täter in den Wochen zuvor gesprochen, wo sie sich aufgehalten und welche Internetseiten sie besucht hätten, sagte auch der Vizechef der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Arnold Plickert, im Deutschlandfunk. Auf diese Weise sei es möglich, die Struktur extremistischer Gruppen zu erkennen und gegen sie vorzugehen.

Auch wenn es noch Defizite gebe, sei die deutsche Polizei gegen den Terror gut aufgestellt, sagte Wendt bei n-tv. "Es gibt dennoch große Sicherheitslücken zum Beispiel im Bereich der Luftsicherheit, der Luftsicherheitskontrollen an den Flughäfen. Und es gibt, vor allen Dingen in den Bundesländern, nach wie vor die Bereitschaft, viel Personal abzubauen." Dieses würde fehlen, unter anderem wenn es darum gehe, sehr gefährliche Syrien-Heimkehrer zu beobachten und zu überwachen. Wendt zufolge sollen weitere 1000 Planstellen bei der Polizei gestrichen werden. Das sei eine ganz fatale Entwicklung.

Maas: Schärfe Gesetze bringen nichts

In Deutschland gibt es kein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, seit das Bundesverfassungsgericht es 2010 gekippt hat. Union und SPD vereinbarten zwar im Koalitionsvertrag die Wiedereinführung. Die Pläne liegen aber auf Eis, seit der Europäische Gerichtshof voriges Jahr auch ein entsprechendes EU-Gesetz gekippt hat. Zudem lehnt Bundesjustizminister Heiko Maas neue, schärfere Gesetze als Reaktion auf die Anschläge ab. "Terroristen werden wir mit der ganzen Härte des Rechtsstaats verfolgen", sagte der SPD-Politiker der "Bild"-Zeitung. Allerdings hätten auch schärfere Gesetze in Frankreich die Anschläge nicht verhindern können. "Überreaktionen sind genau das, wo uns die Terroristen hintreiben wollen", warnte Maas weiter.

Auch die Obfrau der Grünen im Bundestags-Innenausschuss, Irene Mihalic, wies darauf hin, dass es die Vorratsdatenspeicherung in Frankreich gibt. "Und sie hat diesen Anschlag nicht verhindern können. Die Vorratsdatenspeicherung jetzt zu fordern, ist nicht zielführend, sondern eine Instrumentalisierung der Ereignisse", sagte Mihalic. Linken-Fraktionsvize Jan Korte wies die CSU-Forderung ebenfalls zurück: "Das sind die üblichen Reflexe."

Zwei islamistische Attentäter hatten am Mittwoch die Redaktion der Satire-Zeitung "Charlie Hebdo" überfallen und insgesamt zwölf Menschen erschossen. Nach einer Geiselnahme am Freitagmorgen wurden sie bei Schusswechseln mit der Polizei getötet. Ein islamistischer Gesinnungsgenosse der beiden tötete am Donnerstag am südlichen Stadtrand von Paris eine Polizistin. Er nahm dann am Freitag in einem jüdischen Supermarkt im Osten von Paris mehrere Menschen als Geiseln. Bei der Erstürmung erschoss die Polizei den Mann. Insgesamt kamen dort mindestens fünf Menschen ums Leben.

Zum Nachlesen: Die Ereignisse von Paris.

Quelle: ntv.de, ppo/dpa/AFP

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