Durch die Nacht mit Berlusconi Wie Putin Merkel und die EU provoziert
17.10.2014, 12:33 UhrVon "guten Gesprächen" und "Fortschritten" in der Lösung der Ukraine-Krise ist die Rede, als sich Putin mit EU-Regierungschefs in Italien trifft. Die Umstände der Verhandlungen beinhalten eine ganz andere Aussage.
Wer sich auf dem Weg zu Friedensverhandlungen befindet, muss unterwegs nicht zwingend einer Militärparade beiwohnen und mit der Drosselung von Gaslieferungen drohen. Wladimir Putin tat genau das: Angela Merkel hatte ihn zu einem Gespräch über die Ukraine eingeladen, das am Rande des Europa-Asien-Gipfels in Mailand stattfinden sollte. Während Merkel schon mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko zusammensaß, kam von Putin die Nachricht, dass er sich leider verspäten würde und das für 19 Uhr geplante Treffen absagen müsse. Die Ausrede war dünn: Er sei einfach zu spät aus Belgrad abgereist.
Merkel, deren Tag um 9 Uhr mit einer Regierungserklärung im Bundestag begonnen hatte, blieb standhaft. Anstatt schlafen zu gehen, wartete sie, bis Putin um 23.15 Uhr in ihrem Hotel eintraf. Das Gespräch dauerte bis 1.30 Uhr in der Nacht. Am nächsten Morgen sollten die Verhandlungen um 8 Uhr weitergehen. Doch anstatt sich auszuruhen, schob Putin noch einen privaten Termin ein: Er besuchte Silvio Berlusconi, den ehemaligen italienischen Ministerpräsidenten, der sich derzeit im Hausarrest befindet. Bis 3.45 Uhr saßen die beiden zusammen.
Damals wie heute: Schutz vor den Nazis
Sich wie ein schlecht erzogenes Kind zu verhalten, ist von Zeit zu Zeit Teil der Verhandlungsstrategie Putins. Gerne wird erzählt, wie er Merkel, die bekanntermaßen Angst vor Hunden hat, einen Stoffhund schenkte. Später ließ er seinen Labrador in einem Raum herumlaufen, in dem er Merkel empfing. Es war auch nicht das erste Mal, dass er verspätet zu einem Termin mit der Bundeskanzlerin erschien. Nach nur wenigen Stunden Schlaf bei einem Gipfeltreffen zu erscheinen, soll wohl beweisen, dass Putin in der Runde der Standhafteste ist. Gleichzeitig ist es ein Zeichen des mangelnden Respekts vor den Ukrainern, um deren Situation es geht.
Der Besuch in Belgrad hat eine hohe symbolische Bedeutung: Serbien führt Beitrittsverhandlungen mit der EU, Putin ließ sich dort für die Befreiung von den Nazis feiern: Die Rote Armee hatte 1944 Hitlers Truppen vertrieben. Nun, 70 Jahre später, stellt sich Russland als Schutzmacht der Russen in der Ukraine dar, die von Faschisten bedroht würden.
Sanfte Worte
Sind das nun Zeichen dafür, dass Russland nicht nachgeben wird? Oder versucht Putin, seine Stärke zu demonstrieren, weil er weiß, dass er bald Zugeständnisse machen muss?
Die EU-Politiker gaben sich zumindest alle Mühe, über die Provokationen hinwegzusehen. Italiens Regierungschef Matteo Renzi berichtete nach der morgendlichen Verhandlungsrunde von "Fortschritten im Verhandlungsklima" und Gründen, optimistisch zu sein. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sprach von einem "guten Treffen". Ein Sprecher Putins sagte allerdings, dass die EU-Politiker Probleme hätten, die Realität in der Ukraine zu verstehen.
Die Streitpunkte sind zurzeit die Kontrolle der Grenze, über die die Separatisten Nachschub aus Russland bekommen, und die Kommunalwahlen im November, von denen noch nicht klar ist, ob die Separatisten sie zulassen. Über beide Punkte gab es bei einem Treffen in Minsk Einigkeit. Die Frage ist, wie viel Verantwortung Russland für die Umsetzung trägt.
Quelle: ntv.de