Nationalen Egoismus stoppen Wien droht unsolidarischen Ländern mit Geldentzug
31.08.2015, 11:51 Uhr
Die Balkanroute bleibt für viele Flüchtlinge der Hauptweg in den Norden und Westen.
(Foto: imago/Xinhua)
Österreich will im EU-Parlament anregen, jenen Ländern, die sich unsolidarisch in der Flüchtlingsfrage verhalten, Gelder aus dem EU-Haushalt zu streichen. Das erhöhe den Druck. Derweil öffnet Budapest seinen Ostbahnhof für Flüchtlinge in Richtung Wien.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz hat in der Flüchtlingsfrage eine gerechtere Verteilung von Migranten innerhalb der Europäischen Union angemahnt. "Wir erleben gerade nationalen Egoismus in reinster Form", kritisierte Schulz. Derzeit würden 90 Prozent aller Flüchtlinge von gerade einmal neun der insgesamt 28 EU-Staaten aufgenommen. "Das geht so nicht." Es handle sich um ein globales Problem, das national nicht gelöst werden könne. Nötig sei eine europäische Flüchtlings- und Einwanderungspolitik.
Schulz verwies darauf, dass Österreichs Bundeskanzler Werner Faymann kürzlich die Frage aufgeworfen habe, was wohl wäre, wenn man bei der Verteilung von Geldern aus dem EU-Haushalt ähnlich vorgehen müsste. "Da hat er nicht ganz unrecht."
Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner wurde noch konkreter: Sie will im EU-Parlament anregen, jenen Ländern, die sich unsolidarisch in der Flüchtlingsfrage verhalten, Gelder aus dem EU-Haushalt zu streichen. Der Druck auf die Regierungen müsse erhöht werden, sagte die konservative Politikerin im ZDF. Eine Möglichkeit sei, dass "Förderungen reduziert werden, wenn eben keine solidarische Verantwortung übernommen wird".
In diesem Zusammenhang warf CDU-Vizechef Armin Laschet den EU-Ländern Versagen bei der Verteilung von Flüchtlingen vor. Er warnte vor allem Polen, weiterhin verbindliche Aufnahmequoten zu verweigern. "Wenn Polen sagt, uns ist das, was rund um das Mittelmeer passiert, egal, muss man daran erinnern, dass auch bald Polen Flüchtlinge aufnehmen muss, wenn im Osten der Konflikt eskaliert", erklärte Laschet mit Blick auf die Ukraine-Krise. "Dann wird auch Polen nach Solidarität rufen."
Österreich greift Schlepper auf
Nach dem Fund der toten Flüchtlinge auf der A4 nahe Wien hatte Mikl-Leitner verschärfte Kontrollen im grenznahen Raum zu Ungarn angekündigt - offenbar mit Erfolg. Nach Angaben der Polizei haben die Behörden an der Grenze zu Ungarn seit Sonntag fünf mutmaßliche Schlepper und mehr als 200 Flüchtlinge aufgegriffen. Mikl-Leitner hatte zuvor angekündigt, Fahrzeuge mit möglichen Verstecken für Asylsuchende bis auf weiteres anzuhalten und zu kontrollieren. 54 Beamte seien für den verschärften Einsatz gegen Schlepper rund um die Uhr im Einsatz, hieß es.
Die Kontrollen führen aktuell zu erheblichen Behinderungen. Bei Hegyeshalom an der Autobahn Budapest-Wien staute sich der Verkehr 30 Kilometer zurück nach Ungarn, teilte die ungarische Polizei mit. An den weiter südlich gelegenen Grenzübergängen Sopron und Kophaza registrierte die ungarische Polizei Rückstaus von sechs beziehungsweise vier Kilometern Länge.
Quelle: ntv.de, ppo/AFP/dpa/rts