Pressestimmen

Anti-Terror-Maßnahmen der Union "Die Gunst der Stunde soll genutzt werden"

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(Foto: picture alliance / dpa)

Die Pläne der Unions-Innenminister zur Verschärfung der Sicherheitsgesetze sorgen nicht nur bei SPD und der Linken für Ärger. Auch die Presse beurteilt die vorgestellten Argumente als verschleierte Wahlkampfstrategie und wirft den Politikern vor, mit einem Burka-Verbot nur Populisten ruhig stellen zu wollen. Die Frage nach einer Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht sorge einzig für Verwirrung. Das Problem der Sicherheit müsse also von ganz anderen Seiten angegangen werden.

Die "Wetzlarer Neue Zeitung" stellt die Frage nach dem Nutzen von De Maizières Forderung: "Mehr Polizei und Video-Überwachung könnten die Sicherheit erhöhen. Könnten wohlgemerkt. Denn was bringt die Aufdeckung eines Anschlagsplans, wenn der Verdächtige auf freiem Fuß bleibt? Das milde deutsche Strafrecht führt dazu, dass potenzielle Terroristen ihr teuflisches Werk ungestört weiterbetreiben können. Wäre die Unterstützung einer Terrororganisation mit einer hohen Gefängnisstrafe belegt, hätte man die Terrorverdächtigen in NRW festnehmen und inhaftieren können."

"Kopfschütteln löst der Vorschlag eines Burka-Verbotes aus"– kommentieren die Nürnberger Nachrichten die Pläne der Union. Man müsse dieses und ähnliche Kleidungsstücke nicht lieben - aber bisher stelle sie im deutschen Alltag kein Problem dar. Doch das Blatt hebt einen positiven Aspekt hervor: "Wirklich sinnvoll an den Plänen DER Unions-Innenminister sind lediglich die geplanten Einstellungen bei der Polizei. Denn gute Ermittlungsarbeit ist der wichtigste Schutz vor Attentaten - und da waren die Sicherheitsbehörden bisher recht erfolgreich."

"Der Tagesspiegel" aus Berlin schreibt, dass das Problem auf einer ganz anderen Ebene angegangen werden müsse. "Burkas verbieten kostet wenig - sie sind eh selten - und befriedigt Populisten. Ob aber eine Frau sich verhüllt oder nicht, ob jemand zwei Pässe besitzt oder einen, das ändert leider kein Jota daran, was im Kopf der oder des Betroffenen passiert. Doch genau darum geht es, an erster Stelle und auf lange Sicht. Solange Bildungssystem, Sozialarbeit und öffentlicher Diskurs nicht dafür sorgen, dass konsequent, gefestigt und selbstbewusst, demokratisches Wissen, Denken - und Empfinden! - vermittelt werden, arbeiten sich noch die besten Sicherheitskräfte an Symptomen ab."

Die Kommentatoren der "Westfälischen Nachrichten" sind sich einig: Würzburg, München, Ansbach - nach diesen Anschlägen sei der politische Druck groß. Nach Meinung des Nachrichtenblattes aus Münster nutzt die "Berliner Erklärung" aber eher den Politikern als den Bürgern. "Vor allem die Landtagswahl am 4. September in Mecklenburg-Vorpommern mag sowohl Unionspolitiker wie Sozialdemokraten antreiben, deutliche Signale politischer Handlungsfähigkeit übers Land zu senden. Denn dort in der Stille von Wald, Feldern und Seen Mecklenburgs braut sich Ungemach zusammen: Die AfD liegt laut Umfragen bei 20 Prozent. Schwarz und Rot müssen eine Signalwahl für den Bund fürchten."

Auch die "Stuttgarter Zeitung" beurteilt die Forderungen verhaltener: "Die Vielzahl von Ideen, die vor allem von Unionspolitikern debattiert werden, legt nahe, dass mancher Diskutant die Gelegenheit erkennt, endlich Forderungen durchzusetzen, die seit Langem auf der Wunschliste stehen. Und zwar auch dann, wenn sie mit der aktuellen terroristische Gefährdungslage wenig zu tun haben. Da soll ganz offensichtlich die Gunst der Stunde genutzt werden."

Die Debatte über die Lockerung der ärztlichen Schweigepflicht sorgt nach Meinung der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" einzig für Verwirrung. "Derweil provoziert das bloße Erwähnen des Wortes Schweigepflicht in den Reihen der Opposition die üblichen "Das-geht-gar-nicht"-Reflexe; abzulegen in der Kategorie politische Rituale, erst recht vor Wahlkämpfen. Versichern indes Standesvertreter der Ärzteschaft, de Maizière renne offene Türen ein, weil das Standes- und das Strafrecht solchen Konfliktlagen schon jetzt Rechnung trügen, ist die Verwirrung groß. Denn Recht haben kann in diesem Fall nur eine Seite, womit sich die jeweils andere ins (sachliche) Unrecht setzt. (...) Klar ist nur eines: Debatten wie diese tragen mehr als vieles andere zur Desorientierung der Bürger bei. Wie sich darüber deren Sicherheitsgefühl oder gar ihr Vertrauen in die Politiker erhöhen könnte, bleibt deren Geheimnis."

Zusammengestellt von Stefanie Rosenthal

Quelle: ntv.de

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