EuGH kippt Safe-Harbor-Abkommen "Ein Meilenstein für den Datenschutz"
06.10.2015, 20:00 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Der Datenaustausch zwischen Firmen in den USA und der EU muss neu geregelt werden. Diese Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs ist ein herber Schlag für Konzerne wie Facebook, Apple oder Google. Denn sie müssen ihre Dienste nun an die neue Rechtslage anpassen. Freuen können sich über das Urteil nicht nur die Internetnutzer, sondern auch die nationalen Datenschutzbehörden, deren Rechte gestärkt werden. Danken können sie einem österreichischen Doktoranden, der die Klage auf den Weg brachte. Die Presse spricht von einem Urteil historischen Ausmaßes.
Viele User würden sich nur mit schlechtem Gewissen in sozialen Netzwerken bewegen, schreibt das Handelsblatt. Denn sie wüssten unlängst, dass "die Datenkrake aus dem Silicon Valley persönliche Daten in unvorstellbarer Dimension sammelt und auf Behördenwunsch auch an sie weiterleitet". Deshalb sei das Urteil des EuGH ein "Meilenstein für den Datenschutz". Es zeige den US-Konzernen ihre Grenzen auf und sei ein herber Rückschlag für Facebook, Google und Co. Nachdem ihre Server in den USA für EU-Bürger nicht mehr als "sicherer Hafen" gelten, seien sie gezwungen ihr Geschäftsmodell zu verändern.
Auch die Welt steigt in den allgemeinen Freudentaumel ein. Für das Springer-Blatt ist das Urteil ein "Sieg für den Datenschutz der Bürger Europas". Die User sollten sich ihre Stimmung nicht durch Stimmen vermiesen lassen, die nach der Entscheidung von einer "Niederlage für das Internet" sprechen. "Wo diese Philosophie zum Enteignungs- bzw. Entmündigungswerkzeug wird, hat sie mit 'free flow of information' nichts zu tun. Eher mit dem freien Abfluss von Privatsphäre und geistigem Eigentum." Europa sei bereit, seine Regeln auch gegen die Riesen aus dem Silicon Valley zu behaupten. Daher jubelt das Blatt in Anspielung auf Barack Obama: "Yes we can."
Dass eine wichtige Grenze gezogen wurde, hebt auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung hervor. Zwar dürften sich im Internet alle User als Weltbürger fühlen, aber "es gibt immer noch demokratisch verantwortete Rechtsräume, die (.) auch im wirklichen Leben immer schwerer zu halten sind", erklärt die Zeitung. Diese Räume seien zunächst die Staaten selbst, deren Rechte das EuGH zurecht gestärkt hätte. Schließlich stehe es den Europäern frei, ihre Vorstellungen neu zu gewichten. "Aber sie sollten sich an ihre Werte halten - und müssen dann freilich auch die Konsequenzen tragen, die sich daraus in einer vernetzten Welt ergeben", mahnt die FAZ.
Für die Westfälischen Nachrichten aus Münster ist das Urteil "ein wichtiges Signal" an die Internet-Giganten. Denn es erweckt den Eindruck, dass diese in die Schranken gewiesen werden können. Dabei ging es in dem Urteil eigentlich nur um die Frage, wie man Facebook dazu bewegen kann, dass es die persönlichen Daten seiner Nutzer vor Geheimdiensten schützt. Daher sieht die Zeitung auch Geheimdienste wie die NSA als die eigentlichen Gegner an und nicht die Internet-Konzerne. "Aber welche Rolle die Datenkraken im weltweiten Datengeschäft spielen, weiß niemand so genau. Deshalb ist es gut, wenn es gelingt, sie überhaupt zu irgendetwas zu zwingen."
Um große Worte ist auch die Süddeutsche Zeitung nicht verlegen: "Dieses Urteil wird in die europäische Geschichte eingehen als das Urteil, das nicht kuschte vor der US-amerikanischen Marktmacht und das nicht zauderte vor den Giganten des Internets." Die Entscheidung sei spektakulär, mutig und grundstürzend. Sie gebe dem Datenschutz den Rang zurück, der ihm in Zeiten des Internets gebührt. Dieses Urteil des EuGH stellt für das Blatt unmissverständlich klar: "Die digitale Revolution darf nicht zur digitalen Inquisition werden."
Zusammengestellt von Katja Belousova
Quelle: ntv.de