Keine Kontrolle Banken schröpfen Dispo-Kunden
16.10.2012, 15:26 Uhr
Fast jeder dritte Bankkunde nimmt gelegentlich den Dispokredit in Anspruch. Und wird dafür meist ordentlich zur Kasse gebeten: Immer noch verlangen Banken und Sparkassen zweistellige Zinssätze für die Überziehung des Girokontos, moniert die Stiftung Warentest. Ofrt versuchen Banken demnach, ihre miesen Konditionen zu verschweigen.
Viele Banken und Sparkassen - vor allem kleinere - schröpfen ihre Kunden weiterhin beim Dispozins: Im Schnitt 11,76 Prozent Zinsen müssen Bankkunden für die Überziehung ihres Girokontos zahlen, wie eine Untersuchung von "Finanztest" ergab. Darin monieren die Verbraucherschützer auch die oft fehlende Transparenz der Institute. Die wiesen die Kritik zurück.
"Finanztest" zufolge müssen einige Kunden bis zu 15,32 Prozent Zinsen für eine Überziehung ihres Kontos zahlen – so viel verlangt die Volks- und Raiffeisenbank Aalen von Kunden mit schlechter Bonität. Die Raiffeisenbank Fischenich-Kendenich nimmt fürs Kontoüberziehen 14,25 Prozent Dispositionszinsen. Kaum günstiger ist die Targobank mit 14,23 Prozent bei ihrem Extra- und dem Classic-Konto. Insgesamt untersuchte "Finanztest" die Dispozinsen von 1566 Banken.
Zins ist leicht gesunken
Zwar lag der Durchschnitt mit 11,76 Prozent 0,63 Prozentpunkte unter dem des vergangenen Jahres. Doch die Banken verdienten daran mehr als zuvor, da sie sich zum deutlich günstigeren Zinssatz von 0,75 Prozent Geld von der Europäischen Zentralbank leihen können, kritisierten die Verbraucherschützer. Dazu komme das niedrige Risiko, dass ein Kunde einen Dispositionskredit nicht zurückzahle, sagte der Vorstand von Stiftung Warentest, Hubertus Primus. Die Ausfallquote betrage nur 0,2 Prozent.
Als ebenso "ärgerlich" wie die hohen Zinssätze kritisierte Primus die fehlende Transparenz vieler Institute. Nicht einmal die Hälfte der untersuchten Kreditinstitute veröffentliche die Höhe des Dispozinses im Internet. Besonders negativ seien hier die Volks- und Raiffeisenbanken aufgefallen. Zwei Drittel der von den Testern angeschriebenen Institute verweigerten die Auskunft. Und bei mehr als einem Drittel der Banken seien die Konditionen trotz Anfragen, Anrufen und Recherche im Internet im Dunkeln geblieben, kritisierte "Finanztest".
Primus forderte daher eine gesetzliche Pflicht, einen Preisaushang im Internet zu veröffentlichen. Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangte ebenfalls von den Banken, die Kosten auch im Internet transparent zu machen. Davon erwartet sie sich mehr Wettbewerb und dadurch sinkende Preise. Bei einem Treffen mit Aigner zum Thema Dispozinsen hatten die Kreditinstitute Anfang Oktober erklärt, sie wollten "wo erforderlich Maßnahmen zu einer größeren Transparenz" prüfen. Dies haben sie angesichts der neuen Ergebnisse noch einmal bekräftigt.
Flexibilität ist teuer
Die Deutsche Kreditwirtschaft rechtfertigt die oft zweistelligen Zinsen mit der hohen Flexibilität des Kredits. Dieser "erhöhte Nutzungsspielraum" spiegele sich "zwangsläufig" in höheren Zinsen wider. Zudem sei es aufwändiger als bei anderen Krediten, Dispokredite bereitzustellen und zu überwachen.
Die SPD forderte indes erneut eine gesetzliche Obergrenze für Dispozinsen, wie Vize-Bundestagsfraktionschef Ulrich Kelber erklärte. Aigner habe bislang nur ein "Kaffeekränzchen" mit den Banken zustande gebracht. Die Ministerin lehnte eine solche Obergrenze aber erneut ab. Es bestehe die Gefahr, dass dies sogar zu höheren Zinsen führen könnte, da die preisgünstigen Banken den Spielraum bis nach oben ausreizen würden.
Tatsächlich bleiben günstige Banken laut "Finanztest" unter neun Prozent beim Dispozins. Die Tester fanden 62 Institute mit einem solch vergleichsweise niedrigen Zinssatz, darunter viele Direktbanken, aber auch einige Genossenschaftsbanken und Sparkassen. Branchenriesen wie Deutsche Bank oder Commerzbank sind allerdings nicht in der Liste der günstigen Anbieter vertreten.
Quelle: ntv.de, AFP