Ratgeber

Erst denken, dann stechen lassen Das sollte man übers Tätowieren wissen

Jeder darf sich Tätowierer nennen. Wer Wert auf gute Ergebnisse legt, sollte nicht das erstbeste Studio nehmen.

Jeder darf sich Tätowierer nennen. Wer Wert auf gute Ergebnisse legt, sollte nicht das erstbeste Studio nehmen.

(Foto: imago/Westend61)

Darf man sich ein Tattoomotiv aus dem Netz nachstechen lassen? Welche Rechte hat man bei Pfusch? Und handeln Tätowierer, die Minderjährige stechen, illegal? Die wichtigsten Rechtsfragen rund um die farbige Körperkunst.

Mit dem Arschgeweih fing alles an. Als Ende der 90er Jahre die Oberteile kürzer wurden und die Hosenbünde in Richtung Hüften rutschten, kam bei jungen Frauen das Bedürfnis auf, die Körpermitte aufzuhübschen. Tätowierer, die bis dato vorwiegend männliche Schulterblätter oder Oberarme bearbeitet hatten, stachen nun tausendfach verschlungene Tribal-Muster auf weibliche Steißbeine. Inzwischen ist der "Schlampenstempel" kein Thema mehr für Tattoostudios, sondern allenfalls noch für Dermatologen, die bleibenden Jugendsünden mit Laserstrahlen zu Leibe rücken. Wer bezahlt die Behandlung? Was, wenn der Tätowierer patzt? Und welche Motive lässt man sich besser nicht unter die Haut ritzen?

Ab welchem Alter ist Tätowieren erlaubt?

Tätowierer sehen sich als Künstler. Juristisch ist das, was sie machen, allerdings eine "mutwillige Körperverletzung". Die ist natürlich nicht strafbar, solange sich der Tätowierwillige freiwillig unter die Nadel legt. Dafür muss er sich aber auch der langfristigen Folgen des Eingriffs bewusst sein. Das umfasst mögliche Risiken wie Allergien oder Narbenbildung, aber natürlich auch die Tatsache, dass die Tätowierung eine Veränderung ist, die sich nicht ohne weiteres rückgängig machen lässt. Diese Einsicht ist bei jungen Menschen mal mehr, mal weniger ausgeprägt.

Trotzdem gibt es keine gesetzliche Altersgrenze für Tattoos, auch Minderjährige haben Persönlichkeitsrechte und dürfen über ihren Körper bestimmen. Um Ärger zu vermeiden, lassen sich viele Tätowierer aber eine Einverständniserklärung der Eltern vorlegen, wenn Jugendliche unter 18 Jahren ins Studio kommen. Andere lehnen minderjährige Kunden von vornherein ab.

Was, wenn das Tattoo verpfuscht wird?

Ein Tatto stechen lassen tut weh. Es entfernen zu lassen, aber mindestens genauso sehr.

Ein Tatto stechen lassen tut weh. Es entfernen zu lassen, aber mindestens genauso sehr.

(Foto: imago/blickwinkel)

Die Vorlage sah gut aus, das Ergebnis auf der Haut erinnert dann eher an die Filzstift-Kritzelei eines Kleinkindes – ob ein Tätowierer sein Handwerk wirklich beherrscht, merkt man manchmal leider erst, wenn es zu spät ist. Wer nicht ewig mit dem Schandmahl herumlaufen will, hat nur zwei Möglichkeiten: Eine Cover-Up, also ein größeres Tattoo, welches das alte überdeckt. Oder eine Tattoo-Entfernung per Laser. Beides ist natürlich mit Kosten und Aufwand und zusätzlichen Schmerzen verbunden. Damit der Tätowierer dafür aufkommt, gilt es zunächst, Beweise zu sichern. Also Bilder machen und eventuell Ärzte oder andere Tattoo-Künstler konsultieren, die den Pfusch dokumentieren. Wenn sich objektiv belegen lässt, dass der Tätowierer seinen Auftrag nicht richtig erfüllt hat, sollte man über einen Anwalt Schadensersatz und gegebenenfalls auch Schmerzensgeld fordern.

Bietet der Tätowierer an, selbst nachzubessern, muss man sich darauf nicht unbedingt einlassen. Wenn das Vertrauen weg ist und die Wahrscheinlichkeit besteht, dass der "Künstler" sein Werk noch verschlimmbessert, ist das dem Geschädigten nicht zuzumuten, entschied das Oberlandesgericht Hamm (Az.: 12 U 151/13).

Wer zahlt für die Tattoo-Entfernung?

Wenn der einst für die Ewigkeit gedachte Körperschmuck irgendwann als störend empfunden wird, kann man ihn auch wieder loswerden. Unter allen Methoden ist das Laser-Verfahren am besten erprobt, gerade dunkle Tinte können Hautärzte damit sehr gut entfernen. Das Problem: Lasern ist aufwendig und teuer. Eine handtellergroße Fläche von der Farbe zu befreien, kostet etwa 100 bis 200 Euro - pro Sitzung. Und mit einem Termin ist es nicht getan, bei kleinen und von Laien gestochenen Tattoos sollte man mindestens drei Sitzungen einkalkulieren, bei großflächigen Profi-Werken können es acht bis zwölf werden. Da kommen dann locker vierstellige Summen zusammen, die leider auch keine Krankenversicherung übernimmt. Für die Krankenkassen fällt die Tattooentfernung in die gleiche Kategorie wie Brustvergrößerungen oder Augenlasern: was medizinisch nicht notwendig ist, wird nicht bezahlt. Oder nur im absoluten Ausnahmefall: Kürzlich hat das Sozialgericht Düsseldorf einer ehemaligen Zwangsprostituierten Recht gegeben, die sich die großflächig gestochenen Initialen ihres damaligen Zuhälters vom Hals lasern lassen wollte (Az.: S 27 KR 717/16).

Kann der Arbeitgeber Tattoos verbieten?

Die Zeiten, als Tätowierungen nur Knastbrüdern oder Seefahrern vorbehalten waren, sind schon lange vorbei. Wenn man auf Kellner- oder Kindergärtnerarmen keinen Zentimeter weiße Haut mehr sieht, wird das normalerweise nicht ihre Kompetenz oder Autorität untergraben. In konservativeren Branchen wird der Arbeitgeber aber womöglich Wert darauf liegen, dass die Mitarbeiter ihren Körperschmuck nicht offensichtlich zur Schau tragen. Eine Unternehmensberaterin mit Sternchen auf dem Handrücken könnte es schwer haben, genauso ein Flugbegleiter mit Ornamenten auf dem Hals. Sind die Tattoos von Anfang an vorhanden, lässt sich damit zwar keine nachträgliche Kündigung begründen. Wer gar nicht erst eingestellt wird, kann sich aber nicht auf Diskriminierung berufen.

Besonders kritisch kann es im öffentlichen Dienst werden. Das musste beispielsweise eine junge Frau in Hessen erfahren, die wegen einer wenig dezenten Unterarmtätowierung nicht für den Polizeidienst zugelassen wurde. Das großflächige Motiv sei mit dem Erscheinungsbild der uniformierten Bundespolizei nicht zu vereinbaren, fand der Hessische Verwaltungsgerichtshof hat 2014 (Az.: 1 B 1006/14). Kleinere Tätowierungen sind aber in der Regel kein Problem. Und alles, was durch Kleidung bedeckt ist, geht den Arbeitgeber ohnehin nichts an.

Darf man alles tätowieren?

Tribals, missglückte Babygesichter, Kalendersprüche auf dem Dekolleté – vieles, was Tätowierer stechen, ist weder schön noch originell. Verboten ist es aber alles nicht. Das allgemeine Persönlichkeitsrecht erlaubt es jedem, seinen Körper nach eigenem Gusto zu gestalten. Pornoszenen sind ebenso legal wie Hakenkreuze. Trotzdem sollte man sich gut überlegen, ob man seiner Gesinnung auf diese Weise Ausdruck verleihen soll. Volksverhetzende Motive darf man in der Öffentlichkeit nämlich ebenso wenig zeigen wie die Kennzeichen verfassungsfeindlicher Organisationen. Wer etwa SS-Runen oder Nazi-Parolen trägt, muss diese entweder mit Kleidung bedecken oder mit Pflaster oder Klebestreifen verbergen.

Gilt für Tattoos das Urheberrecht?

Das neue Tattoo ist so schön, dass es alle sehen sollen, also landet das Bild bei Facebook oder Instagram. Was vielen als Selbstverständlichkeit erscheint, ist eigentlich eine Urheberrechtsverletzung. Wenn der Tätowierer das Motiv selbst entworfen hat, dann stehen ihm auch die Nutzungs- und Verwertungsrechte zu. Das geht nicht so weit, dass man den neuen Körperschmuck auf Fotos überhaupt nicht zeigen darf. Wer aber explizit das Tattoo online stellt, könnte dafür eine Abmahnung kassieren. In der Praxis kommt das natürlich kaum vor, schließlich freuen sich die Studios über kostenlose Werbung. Wer sich über die gute Arbeit freut, sollte dann aber wenigstens den Namen des Künstlers nennen.

Und auch wenn das Motiv noch so passend erscheint: Ein fremdes Tattoo zu kopieren, verbietet nicht nur das Urheberrecht, sondern auch der gute Ton. Wer unbedingt eine bestehende Vorlage nutzen möchte, kann sie im Rahmen der künstlerischen Freiheit abändern.

Quelle: ntv.de

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