Miese private Altersvorsorge Desaster Riester-Rente - Kündigungen auf Rekordhoch
24.09.2025, 10:26 Uhr Artikel anhören
Hier muss etwas passieren.
(Foto: picture alliance/dpa)
Die Riester-Rente ist ein teurer Spaß. Wenn sie denn wenigstens Freude bereiten würde. Das ist oft nicht der Fall, denn sie ist unrentabel, unflexibel und eben wahnsinnig teuer. Das hat sich herumgesprochen, Millionen trennen sich von ihren Verträgen. Das schreit nach einer Reform.
Soll keiner sagen, dass der frühere Finanzminister Christian Lindner nur Mist gebaut hat. Immerhin hatte er als Verantwortlicher erkannt, dass die Riester-Renten-Produkte Sparer zu viel an Provisionen und Verwaltung kosten. Was die Rendite schmälert und stattdessen Banken und Versicherungen bereichert. Zudem senkt auch die mangelnde Flexibilität der Produkte durch ein staatlich begrenztes Risiko die Renditemöglichkeiten.
Um dem entgegenzuwirken, entwickelte sein Ministerium auch auf Druck von Verbraucherschützern ein eigenes Konzept, wie das Sparen fürs Alter lukrativer werden könnte. Bevor sein Altersvorsorgedepot in trockenen Tüchern war, hat Lindner leider die Regierung verlassen.
So ist seit mehr als 20 Jahren alles beim Alten, was schlecht ist. Und die neue Bundesregierung macht derzeit keinerlei Anstalten, die Sache anzugehen. Aber so langsam reicht es den Leuten. Die Konsequenz: Mehr als 5 Millionen Verträge wurden bis heute vorzeitig gekündigt - jeder vierte der 20 Millionen Abschlüsse. Allein von Januar bis August 2025 kamen fast 220.000 Kündigungen hinzu, wie Recherchen des unabhängigen Verbraucherportals Finanztip zeigen. Hält dieses Tempo an, wird 2025 zum Rekordjahr für Riester-Kündigungen.
Neues staatlich gefördertes Vorsorgedepot gefordert
Was allerdings bleibt, ist die Notwendigkeit, dennoch fürs Alter finanziell vorzusorgen. Am besten in staatlich geförderter Form. Verbraucherschützer treten seit vielen Jahren für die Einführung eines öffentlich organisierten Vorsorgeangebots ein. Und auch Finanztip plädiert in einem Positionspapier für ein staatlich gefördertes Vorsorgedepot für alle Verbraucher - unabhängig vom Alter beim Start, ohne komplizierten Antrag oder Einkommensprüfung. Für die dringend notwendige Reform der privaten Altersvorsorge müssen demnach fünf Lehren aus dem Riester-Desaster gezogen werden. Hier sind sie:
- Niedrigere Kosten, mehr Rendite: Die Riester-Rente scheiterte an hohen Kosten, Intransparenz und komplexen Regularien. Eine moderne Altersvorsorge braucht deshalb einfache, standardisierte ETF-Produkte mit gedeckelten Gesamtkosten von maximal 0,5 Prozent pro Jahr - inklusive Fondsverwaltung und Depotführung.
- Produkte ohne Garantien: Die 100-prozentige Beitragsgarantie hat Riester in der Niedrigzinsphase unattraktiv gemacht: Kapital bleibt zwar nominell erhalten, verliert aber real durch die Inflation an Wert. Eine moderne Altersvorsorge sollte deshalb flexible Varianten zulassen - Produkte mit und ohne Garantien.
- Flexible Auszahlmodelle: Die Riester-Rente ist unflexibel: Das angesparte Kapital muss größtenteils verrentet oder kompliziert für das Eigenheim genutzt werden und geht bei frühem Tod oft verloren - ein wesentlicher Vertrauensbruch gegenüber der Bevölkerung. Moderne Vorsorge braucht Wahlfreiheit, etwa Teilentnahmen, flexible und vererbbare Auszahlungen.
- Breite Beteiligung: Opt-in-Modelle wie Riester scheitern an geringer Beteiligung. Denn viele Menschen verharren im Status quo, selbst wenn ihnen das langfristig schadet. Opt-out-Systeme nutzen diese Passivität: Wer nicht widerspricht, spart automatisch - ein Vorteil für Geringverdienende und finanzferne Gruppen, die stark von Altersarmut bedroht sind.
- Klare Steuerregeln: Riester ist zu komplex: Komplizierte Anträge, Einkommensprüfungen und Steuerregeln haben viele abgeschreckt. Altersvorsorge muss einfach und transparent sein, mit pauschaler Förderung, absetzbaren Zusatzbeiträgen und Unterstützung für Geringverdienende. Klare Regeln und Freibeträge sichern Fairness in der Rentenphase.
Würden diese fünf Punkte umgesetzt, hätten Verbraucher laut dem Portal realistischere Chancen auf ein Schließen ihrer persönlichen Rentenlücke durch Vermögensaufbau. Denn unbestritten ist, dass die gesetzliche Rente allein für die meisten nicht ausreichen wird. Gerade weil die durchschnittliche Lebenserwartung steigt, wächst der persönliche Bedarf.
Quelle: ntv.de